Sophokles - Antigone. Fünfter Akt. Erste Szene. lyrics

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Sophokles - Antigone. Fünfter Akt. Erste Szene. lyrics

Ein Bote. Der Chor. Hermach Eurydice. Der Bote O ihr des Kadmos Nachbarn und Amphions, Es steht nicht so, daß ich des Menschen Leben, Wie's auch verfaßt sei, loben möcht und tadeln. Undenklichs hebt, Undenklichs stürzet nämlich Allzeit den Glücklichen und den Unglücklichen. Kein Sehergeist erreicht nicht das, was da ist. So war sonst Kreon mir beneidenswert, Da er von Feinden rettete das Land Des Kadmos und allein Herrschaft gewann In dieser Gegend und regiert' und blüht' In wohlgeborner Saat von Kindern. Nun Geht alles hin. Das Angenehme nämlich, Das untreu wird, halt ich des Mannes unwert. Reich, wenn du willst, ist er im Hause sehr Und lebet in tyrannischer Gestalt. Doch wenn von dem weggeht die Freude, möcht Um eines Rauches Schatten ich das andre nicht Als angenehm für einen Mann verkaufen. Chor Wie kommt dir denn vom Fürsten diese Klage? Der Bote Gestorben sind sie. Schuldig sind, die leben. Chor Und welcher tötet? welcher liegt? sag an! Der Bote Hämon ist hin, von eignen Händen blutend. Chor Was? von des Vaters oder eigner Hand? Der Bote Er selbst. Dem Vater zürnt' in seinem Mord er. Chor Wie führtest du ein richtig Wort, o Seher! Der Bote So steht es. Anderes ist zu bedenken. Chor Ich seh Eurydice, die unglückliche, Die Frau des Kreon eben. Ob im Hause sie's Gehört hat oder da aus Zufall ist? EURYDICE O all ihr Bürger! eine Rede merkt ich, Da ich zur Pforte ging der Göttin Pallas, Damit ich käm und mit Gebet anspräche. Da tu ich eben auf des Tores Riegel; Es öffnet sich, und eine Stimme trifft Von Unglück in dem Hause mich durchs Ohr. Rücklings fall ich in Furcht auf meine Mägde, In Unmacht. Aber welch Gerücht es war, Sagt es noch einmal mir. Ich werde nicht In Übeln unerfahren es vernehmen. Der Bote Ich, liebe Frau, sag es als Augenzeuge, Kein Wort der Wahrheit laß ich ungesagt, Was sollt ich nämlich dich besänftigen, Wenn ich nachher als Lügner dir erschiene? Gerad ist immerhin die Wahrheit. Ich Bin als Gefährte deinem Herrn gefolgt, Zum hohen Felde, wo, vom Hund zerfleischt, Der arme Leichnam lag des Polynikes. Enodia, die Göttin, bitten wir, Und Pluto, wohlgesinnten Zorn zu halten, Bereiten heilig Bad und legen ihn In frische Zweige, soviel übrig war, Und einen Hügel mit geradem Haupt Erbauten wir von heimatlicher Erde. Und gingen dann zum hohlen, steinerbauten, Nach Toter Art vermählten Bett der Jungfrau. Es höret aber einer eine Stimme Und laute Klage rufen in der Kammer Und nahet sich und deutet Kreon sie, Dem Herren, an. Und wie der ging, umgab Ihn merkbarer die dunkle, mühesel'ge Stimme, Dann schrie er auf, nah dran, und übel klagend Sprach er das Wort, das ärmlich klagende: Bin ich Wahrsager mir? geh ich den unglücklichsten Wirklich der Wege, welche kommen können? Mich rührt des Kindes Stimme. Doch ihr Diener, Geht schnell hinzu zum Grab und seht genau Den Riegel an, der aus der Mauer ist gerissen, Geht in die Türe selbst hinein und sehet, Ob ich des Hämons Stimme höre oder Göttlich getäuscht bin. Des geängsteten Herrn Wort nach forschen wir. Darauf Zuhinterst in den Gräbern sehen wir Am Nacken hängend sie, am Gürtelbande Des Leinenkleids herab; und ihn, rundum Um sie bestrickt, dahingestreckt und jammernd Ums Brautbett, und den Abgrund drunten, und Des Vaters Werk und unglückliche Lager. Er, wie er dieses sieht, schreit greulich auf Und geht hinein zu ihm und weheklagt und rufet: O Armer, was hast du getan? was hattest Im Sinne du? Durch welch Verhängnis starbst du? O komm heraus, mein Kind, fußfällig bitt ich. Schnöd blickend, nichts entgegensagend, starrt Mit wilden Augen gegen ihn der Sohn; Und zieht das Schwert, zweischneidig, gegen ihn erst. Und da der Vater, aufgeschröckt, zur Flucht Sich wandte, fehlt' er. Grimmig dann im Geiste, Der Unglückliche stieß, so wie er ausgestreckt stand, Die Spitze mitten sich in seine Seite. Den feuchten Arm, bei Sinnen noch, küßt er Der Jungfrau. Schnaubend stößt auf weißer Wange Er scharfen Hauch von blut'gen Tropfen aus. Das Tote liegt beim Toten, bräutliche Erfüllung trifft es schüchtern in den Häusern Der Totenwelt und zeigt der Menschen ratlos Wesen, Und wie als größtes Übel dies der Mann hat. Eurydice geht ab. Chor Wie nimmst du dies? Die Frau ging wieder weg, Eh sie gut oder schlimm ein Wort gesagt. Der Bote Mich wundert's auch, doch nähr ich mich mit Hoffnung, Daß auf des Kindes Unglück sie das Jammern Anständig nicht gehalten vor der Stadt Und in den Zimmern drin den Mädgen sage, Daß sie des Hauses Klage klagen. Denn So ohne Rat ist sie nicht, daß sie fehlte. Chor Ich weiß nicht. Doch das allzugroße Schweigen Scheint bei vergebnem Schreien mir bedeutend. Der Bote Laß sehen uns, ob nicht Verhaltenes Geheim verberg ihr schwellend Herz; hinein Ins Haus gehn. Denn du redest wohl, es ist Bedeutend auch das allzugroße Schweigen. Chor Allein der König kommet selbst. Ein großes Angedenken in Händen trägt er. Wenn's recht ist, es zu sagen, aus fremdem Irrsal nicht, sondern selber hat er gefehlt.