Reinhard Mey - Der Rundfunkwerbungs-Blues lyrics

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Reinhard Mey - Der Rundfunkwerbungs-Blues lyrics

Spoken introduction on live 84: ... und, es hat eine Vorgeschichte, dieses Lied: Im Frühjahr dieses Jahres ist meine Schallplattenfirma auf den Gedanken gekommen, eine meiner Schallplatten mit Rundfunkwerbung zu bedenken. Und das nu' wiederum hatte den Nebeneffekt, da** ich von morgens bis abends am Rundfunkempfäger gesessen habe und immer auf den Werbungsblock gewartet habe, weil ich nu' unbedingt mal meine Werbung hören wollte. Und deswegen hab' ich dann einen Monat lang immer soo ein Ohr ausgefahren und habe intensiv, und mit Aufpa**en, und mit sich Gedankenmachen, die Rundfunkwerbung gehört. Und, wenn Sie das nachmachen, dann werden Sie spüren, da** Sie sich nach kurzer Zeit klebrig fühlen, unappetitlich, behaart, eklig, übelriechend, weil Sie feststellen werden, da** Sie von den kosmetischen Segnungen, die da angepriesen werden, und die offensichtlich einen kultivierten Menschen von einem Ferkel in der Kuhle unterscheiden, nichts zu Hause haben! Und... (großer Beifall) ...Ich hatt' ja auch bloß so'n anonymes Ra**ierwa**er aus'm Drogeriemarkt, und nicht diesen exklusiven Duft mit dem man sich abhebt. Und "die Krönung" war, um nicht zu sagen "der Gipfel", da** ich also auch keine 275 m lange Wäscheleine auftreiben konnte, auf der ich meinen ganzen Weißen Riesen hätte ausbreiten können! Und... übrigens..., (wieder großer Beifall) dann hab' ich mich nach einem Monat, völlig am Boden zerstört, daran gemacht, an diesem Lied hier zu arbeiten! Und das isses hier nun: Viertel nach sechs, der Radiowecker reißt mich mit Werbung aus dem Traum Ich fühl' mich ungepflegt und garstig, ohne den soften Badeschaum! Mein Goldfisch kriegt die falsche Nahrung, die saub're Wäsche starrt vor Schmutz Jawoll, ich bin ein Rabenvater, denn ich kauf' Windeln mit dem alten Nässeschutz! Beschämt schleich' ich mich in die Dusche, weil ich die falsche Seife hab' Und mein Shampoo wäscht meine Haare ganz ohne Spannkraft, na** und schlapp! Mein Kinn ist nicht seidig-geschmeidig, mein Hemd ist weiß, aber nicht rein Denn meine Frau tauscht ihr Waschmittel gegen die doppelte Menge eines anderen Waschmittels ein! Wie soll ich damit weiterleben Wie komm' ich über diesen Tag Wenn mich die Grauschleier umgeben Und mein Chef meinen Kaffee nicht mag? Kein ganzes Selbstbewusstsein ist zu Mus Oh Mann, ich hab' den Rundfunkwerbungsblues! Tagsüber quälen mich die Zweifel: hab' ich schon Fältchen im Gesicht? Ich könnte schwör'n, ich hab' auch Schuppen, nur ich, ich weiß es nur noch nicht! Werd' ich beim Knotentest versagen, wie magenfreundlich wirke ich? Ich spür's, ich krieg die Trockenstarre, und obendrein lässt mich mein Deo jetzt im Stich! Dann abends, ich sitz' auf dem Sofa und warte auf den "Großen Preis" Die Werbung läuft, und jemand sagt mir: "Ihr Hemd ist rein, aber nicht weiß!" Ein andrer säubert sein Gebiss und steckt es strahlend in den Mund Ich armer Hund hab' eigne Zähne, und die sind leider noch vollständig und ich fürchte auch fast alle noch gesund! Wie soll ich damit weiterleben Wie komm' ich über diesen Tag Ohne nach frischwärts abzuheben Und ohne Haarausfall und Zahnbelag? Ich bin ein fieser Kerl von Kopf bis Fuß! Oh Mann, ich hab' den Rundfunkwerbungsblues! Das Quiz beginnt, da kommt der Champion: Oh, der weiß alles ganz genau! Aber sein Hemd ist nicht aprilfrisch, und auch sein Weiß ist eher grau, Sein Haar ist wuschig, stumpf und strähnig, und auf der Stirn steht ihm der Schweiß Und sicher riecht er wie ein Iltis, aber fantastisch, was der Bursche alles weiß! Der Kerl, der nimmt mir die Komplexe, warum hatt' ich die eigentlich? Ab heut' ist Schluss mit dem Theater, ab heut' riech' ich nur noch wie ich! Und ich seh' aus, wie ich halt ausseh' und schwitz', wenn's sein soll wie ein Tier! Und kauf' den Kaffee ohne Gütesiegel und den Pudding ohne Farbstoff und das schrubblige Toilettenpapier! Ja, damit kann ich weiterleben So komm' ich über jeden Tag Und wer mich mag, der mag mich eben Auch wenn ich nicht die neue Slipeinlage trag'! Und ist mein weißer Kragen schwarz wie Ruß Ich bin ihn endlich los, den Rundfunkwerbungsblues!