Rainer Maria Rilke - Du meinst die Demut lyrics

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Rainer Maria Rilke - Du meinst die Demut lyrics

Du meinst die Demut. Angesichter gesenkt in stillem Dichverstehn. So gehen abends junge Dichter in den entlegenen Alleen. So stehn die Bauern um die Leiche, wenn sich ein Kind im Tod verlor, - und was geschieht, ist doch das Gleiche: es geht ein Übergroßes vor. Wer dich zum ersten Mal gewahrt, den stört der Nachbar und die Uhr, der geht, gebeugt zu deiner Spur, und wie beladen und bejahrt. Erst später naht er der Natur und fühlt die Winde und die Fernen, hört dich, geflüstert von der Flur, sieht dich, gesungen von den Sternen, und kann dich nirgends mehr verlernen, und alles ist dein Mantel nur. Ihm bist du neu und nah und gut und wunderschön wie eine Reise, die er in stillen Schiffen leise auf einem großen Flusse tut. Das Land ist weit, in Winden, eben, sehr großen Himmeln preisgegeben und alten Wäldern untertan. Die kleinen Dörfer, die sich nahn, vergehen wieder wie Geläute und wie ein Gestern und ein Heute und so wie alles, was wir sahn. Aber an dieses Stromes Lauf stehn immer wieder Städte auf und kommen wie auf Flügelschlägen der feierlichen Fahrt entgegen. Und manchmal lenkt das Schiff zu Stellen, die einsam, sonder Dorf und Stadt, auf etwas warten an den Wellen, - auf den, der keine Heimat hat... Für solche stehn dort kleine Wagen (ein jeder mit drei Pferden vor), die atemlos nach Abend jagen auf einem Weg, der sich verlor.