Rainer Maria Rilke - Die Heiligen drei Könige lyrics

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Rainer Maria Rilke - Die Heiligen drei Könige lyrics

Legende Einst als am Saum der Wüsten sich auftat die Hand des Herrn wie eine Frucht, die sommerlich verkündet ihren Kern, da war ein Wunder: Fern erkannten und begrüßten sich drei Könige und ein Stern. Drei Könige von Unterwegs und der Stern Überall, die zogen alle (überlegs!) so rechts ein Rex und links ein Rex zu einem stillen Stall. Was brachten die nicht alles mit zum Stall von Bethlehem! Weithin erklirrte jeder Schritt, und der auf einem Rappen ritt, saß samten und bequem. Und der zu seiner Rechten ging, der war ein goldner Mann, und der zu seiner Linken fing mit Schwung und Schwing und Klang und Kling aus einem runden Silberding, das wiegend und in Ringen hing, ganz blau zu rauchen an. Da lachte der Stern Überall so seltsam über sie, und lief voraus und stand am Stall und sagte zu Marie: Da bring ich eine Wanderschaft aus vieler Fremde her. Drei Könige mit Magenkraft, von Gold und Topas schwer und dunkel, tumb und heidenhaft, - erschrick mir nicht zu sehr. Sie haben alle drei zuhaus zwölf Töchter, keinen Sohn, so bitten sie sich deinen aus als Sonne ihres Himmelblaus und Trost für ihren Thron. Doch musst du nicht gleich glauben: bloß ein Funkelfürst und Heidenscheich sei deines Sohnes Los. Bedenk, der Weg ist groß. Sie wandern lange, Hirten gleich, inzwischen fällt ihr reifes Reich weiß Gott wem in den Schoß. Und während hier, wie Westwind warm, der Ochs ihr Ohr umschnaubt, sind sie vielleicht schon alle arm und so wie ohne Haupt. Drum mach mit deinem Lächeln licht die Wirrnis, die sie sind, und wende du dein Angesicht nach Aufgang und dein Kind; dort liegt in blauen Linien, was jeder dir verließ: Smaragda und Rubinien und die Tale von Türkis.