Was hat manch Vater angetan dem Töchterlein im Keuschheitswahn Gehüllt er ihren holden Schoß in Eisen streng Gewand Gefeit gen Knecht und Reckenstoß - zur Jungfernschaft verbannt Dabei wohl keiner recht bedenkt, daß wer solch Teufelswerk verschenkt Trotz all der frommen Vatersorgen all das Unheil das gewirkt Und in dem Gürtel gar verborgen - laßt euch gesagt - Gefahren birgt Verweisen will ich auf Gerlinda, die so schön wie keine Maid war Und alltags zur Leibespflege in den Schloßsee lachend sprang Dort ein wohltuend Bade hegte, lieblich mit den Vögeln sang Bis im zwölften Sommer dann ihr Vater tat ihr Eisen an Was sie wohl hernach nicht bedacht erst wahrnahm als sie schon ertrank Im See vom Eisen schwer gemacht sie jämmerlich zu Grunde sank Oh Väterchen so zwing sie nicht, wie schön auch ist dein Töchterlein Zu wahren ihre Jungfernpflicht, oh hüll sie nicht in Eisen ein Denn höre, schon so viele reizend holde Edeldamen Durch diese Last so voller Graus ums junge Leben kamen Erzählen will ich von Ludmilde, auch genannt die Schöne Wilde Die schon als Kinde mit dem Schwert manch jungem Kerl den Schneid abnahm Und ihm das Fürchten denn gelehrt - bis sie den Jungferngurt bekam Ihr Vater nahm sie mit zur Schlacht, so auch in jener Sturmesnacht Wo sie vom Hügel gut behütet sah des Vaters Siegeszug Sah wie hart der Kriege wütet - bis in den Schoß ein Blitz ihr schlug Oh Väterchen... Berichten will ich von Madleen, die arm zwar, doch hübsch anzusehn Die früh schon auch sehr weise war, bis Vater sie in Eisen hegte Trunken wie er immer gar im Suff den Schlüssel noch verlegte Schlecht bezahlt der Schmied vergessen, Notdurftlöcher auszumessen Was ihre Blüte schnell verdarb - auch sie ist dieser Tags nicht mehr Doch zu umschreiben wie sie starb, wär' wahrlich doch zu ordinär Oh Väterchen... Auch deute ich auf Kunigund (von der geb ich am liebsten Kund) Die freudig jedes Herz einfing, bis Vater ihr die Keuschheit gab Und auf den schnöden Kreuzzug ging, wo er samt Schlüssel fand sein Grab Sodann im Alter sie bekannt zu der Enthaltsamkeit verdammt Die Königin der Grausamkeit, mit fünfzig Jungfer hör' und staun' Schrecklich ihre Herrscherzeit - zum Glück starb sie an schlechter Laun'! Oh Väterchen... So rate ich euch hohen Herrn, laßt mein Gesang im Ohre gär'n Laßt ab vom argen Jungfernschutz, der Schönheit hat ums Sein betrogen Das mein' ich ohne Eigennutz - so glaubt es mir doch! Ungelogen!