Published
0 137 0
II. Hausers erstes Auftreten zu Nürnberg. Von ihm selbst beschrieben. [Fußnote] Ich stand eine Zeitlang an der nämlichen Stelle, an welcher mich der Mann [Fußnote] verla**en hat, bis derjenige Mann [Fußnote] meinen Brief abnahm und mich in das Haus des Herrn Rittmeisters brachte. Als ich in dem Hause ankam, empfand ich von einer starken Stimme, die ich dort hörte, heftige Schmerzen in dem Kopf. Der Bediente setzte mich auf einen Stuhl und suchte mich auszufragen, [Fußnote] doch ich konnte nicht mit andern Worten antworten, als mit denjenigen, die ich gelernt hatte und die ich ohne Unterschied gebrauchte, um Müdigkeit und Schmerzen auszudrücken. Er brachte mir hierauf einen zinnernen Teller mit Fleisch und einem Glase Bier. Der Glanz des Tellers und die Farbe des Biers gefiel mir, aber schon der Geruch verursachte mir Schmerzen. Ich schob es weg, er wollte es mir aufdringen und ich schob es immer zurück. Dann brachte er mir Wa**er und ein Stückchen Brot, das erkannte ich gleich und nahm es in die Hand, aß und trank. Das Wa**er war so gut frisch, daß ich drei bis vier Gläser austrank und mich ganz gestärkt fühlte. Dann legte er mich in den Pferdestall und ich schlief sogleich ein. Als der Herr Rittmeister nach Hause kam, weckte man mich auf, ich sah seine Uniform und seinen Säbel, ich erstaunte und freute mich daran und wollte, man solle mir ein solches glänzendes, schönes Ding geben. Ich sagte: »I möcht a söchäna Reiter wern wi Vater is,« womit ich zu verstehen geben wollte, man solle mir ein solches glänzendes, schönes Ding geben. Sie fingen zu sprechen an und so stark, daß es mir im ganzen Leib weh getan hat, [Fußnote] ich fing an zu weinen und sagte dieselben Worte, dann fühlten sie mich auf die Polizei und das war mein schmerzlichster Weg. Als ich hin kam, waren sehr viele Menschen da und ich erstaunte und wußte nicht, was denn dieses sei, das sich so bewegt, welche immer sprachen und sehr stark, dann gaben sie mir einen Schnupftabak, welchen ich in die Nase hintun mußte; dieser tat mir sehr wehe und ich fing an zu weinen, weil ich schreckliche Schmerzen in den Kopf bekam. Sie plagten mich noch mit allerhand Sachen, welche mir schreckliche Schmelzen verursachten [Fußnote] und ich weinte immerfort. Als ich eine Zeitlang auf der Polizei gewesen war, führten sie mich auf den Turm. Ich mußte einen sehr hohen Berg hinaufsteigen und weinte, weil mir alles sehr wehe getan hat. Als ich auf den Turm kam, sprach wieder einer so stark, daß ich noch mehr Schmerzen empfand. Derselbe führte mich noch einen größeren Berg hinauf, das ist die Stiege gewesen, er machte die Türe auf, welche einen besonderen Hall von sich gab [Fußnote] und da konnte ich erst ausruhen. Aber ich weinte noch eine Zeitlang bis ich einschlief, weil mir alles sehr wehe getan, und endlich schlief ich doch ein. [Fußnote] Als ich erwachte, hörte ich etwas, [Fußnote] worüber ich so in Erstaunen geraten war und mit einer solchen Aufmerksamkeit horchte, weil ich in meinem vorigen Zustande nie etwas solches gehört hatte. Diese Aufmerksamkeit, die kann ich gar nicht beschreiben. Ich horchte sehr lange, aber nach und nach hörte ich nichts mehr und verlor sich die Aufmerksamkeit, ich fühlte die Schmerzen an [Fußnote] meinen Füßen. [Fußnote] Ich bemerkte, daß ich in den Augen keine Schmerzen fühlte und warum empfand ich keine? weil es nicht Tag gewesen ist, welches für meine Augen die größte Wohltat war. Aber sonst fühlte ich im ganzen Leib Schmerzen, besonders an den Füßen. Ich setzte mich auf, ich wollte nach meinem Wa**er langen um meinen Durst zu stillen, den ich fühlte; ich sah kein Wa**er und Brot mehr, statt dem sah ich den Boden, der ganz anders ausgesehen hat als in meinem früheren Aufenthaltsort. Ich wollte mich nach meinen Pferden umsehen und mit spielen, es war aber auch keines da, worauf ich sagte: »I möcht ah a söchana Reiter wern, wie Vater is,« womit ich sagen wollte, wo sind die Pferde hin und das Wa**er und Brot. Hierauf bemerkte ich den Strohsack, auf dem ich saß, welchen ich so mit Erstaunen betrachtete und wußte nicht, was denn dieses sei. Als ich ihn sehr lange betrachtet hatte, klopfte ich mit dem Finger darauf, wodurch ich das nämliche Geräusch vernommen hatte, als wie von dem Stroh, welches ich in (meinem) früheren Aufenthaltsort hatte, worauf ich immer zu sitzen und zugleich zu schlafen pflegte. Ich sah auch sehr viele andere Sachen, worüber ich so in Erstaunen geraten bin, welches sich nicht beschreiben läßt. Ich sagte: »I möcht ah a söchana Reiter wern, wie Vater is,« womit ich sagen wollte: was ist denn dieses und wo sind denn [Fußnote] die Pferde hin? Ich hörte wieder die Uhr schlagen; ich horchte sehr lange; als ich nichts mehr hörte, sah ich den Ofen, welcher von grüner Farbe war, und einen Glanz von sich gab. [Fußnote] Zu diesem sagte ich auch die gemerkten Worte, welche mir der Mann gelernt hatte, womit ich sagen wollte: er möchte mir auch ein so schönes glänzendes Ding geben; ich sagte es etliche Mal, aber ich bekam nichts. Ich sah ihn sehr lange an; ich sagte nochmal die nämlichen Worte, womit ich zu dem Ofen sagen wollte, warum denn meine Pferde solange nicht kommen. Ich war in der Meinung, die Pferde sind fortgegangen. Ich bekam auch den Gedanken, wenn die Pferde kommen, so sage ich, sie sollten nicht mehr fortgehen, auch dieses wollte ich sagen: sie sollten das Brot nicht mehr fortla**en, sonst habt ihr nichts. [Fußnote] Durch das viele Sprechen bekam ich sehr vielen Durst und weil ich kein Wa**er mehr sah, so legte ich mich nieder und schlief ein. Als ich wieder erwachte, empfand ich wieder dieselben Schmerzen in den Augen, als ich auf dem Herwege nach der Stadt empfunden hatte, als ich wieder erwachte, war es Tag, und weil mir die Tageshelle sehr wehe tat. [Fußnote] Ich fing an zu weinen und sagte: »I möcht a söchana Reiter wern, wie Vater is. Dahi weis, wo Brief highört.« Damit wollte ich sagen: warum es mir in den Augen so wehe tut? Er solle dieses wegtun, welches mir in den Augen so viele Schmerzen verursachte, gebe du mir bald die Pferde und plage mich nicht immer so fort. [Fußnote] Ich hörte das nämliche, was ich zum erstenmal hörte, ich meinte aber doch, es ist etwas anders, weil ich es viel stärker hörte; es ist auch nicht das nämliche gewesen, sondern (statt) daß die Uhr geschlagen hat, war es geläutet worden. [Fußnote] Dieses hörte ich sehr lange; aber nach und nach hörte ich immer weniger, und wie meine Aufmerksamkeit weg war, sagte ich jene Worte: »dahi weis, wo Brief highört,« womit ich sagen wollte, er möchte mir auch ein solches schönes Ding geben [Fußnote] und möchte mich nicht immer so plagen. Ich lag sehr lange; der Mann hob mich nicht mehr auf; ich setzte mich auf; ich bemerkte, daß ich auf dem nämlichen Ort bin; da dachte ich gleich an dieses, daß ich keine Schmerzen fühlte in den Augen [Fußnote] und ich hörte auch da**elbe. Endlich stand ich auf; ich setzte mich gleich wieder nieder, weil mir die Füße schrecklich wehe getan haben. Ich fing wieder an zu weinen und sagte die gelernten Worte; damit wollte ich sagen: warum denn die Pferde so lang nicht kommen und la**en mir immer so wehe tun? Ich weinte sehr lange und der Mann kam nicht mehr. Ich sagte die Worte, ich wollte sagen, warum ich denn jetzt nicht mehr gehen lernen muß. Ich hörte die Uhr schlagen, dies nahm mir immer die Hälfte Schmerzen weg, [Fußnote] worüber mich der Gedanke tröstete, daß jetzt bald die Pferde kommen werden. Und während dieser Zeit, als ich horchte, kam ein Mann zu mir her und fragte mich um allerhand Sachen, ich gab ihm vielleicht keine Antwort, weil meine Aufmerksamkeit auf das gerichtet war, was ich hörte. Er faßte mich am Kinn an, hob mir den Kopf in die Höhe, wodurch ich einen schrecklichen Schmerz in den Augen fühlte von der Tageshelle. [Fußnote] Von dem Mann, von dem ich jetzt spreche, dieser war bei mir eingesperrt gewesen, wovon ich auch nichts wußte, daß ich eingesperrt bin. Er fing an zu sprechen, ich horchte sehr lange und hörte immer fort andere Worte, jetzt sagte ich meine gemerkten Worte: »dahi weis wo Brief hi ghört« – »I möcht a söchana Reiter wern wie Vater is«, womit ich sagen wollte, was denn dieses gewesen sei, welches mir in den Augen so wehe getan hat, wie du mir den Kopf in die Höhe gehoben hast. Aber er hat mich nicht verstanden, was ich gesagt habe, er hat wohl verstanden, [Fußnote] was die Worte heißen, aber nicht was ich gewollt hätte. Er ließ meinen Kopf los, setzte sich neben mich her und fragte mich immer aus; unterdessen fing die Uhr zu schlagen an; ich hatte meine Aufmerksamkeit auf dieses bekommen, was ich in dem Augenblick hörte und dem Mann mußte ich zu lange gehorcht haben; er nahm mich am Kinn, wandte mein Gesicht gegen ihn und er würde mich gefragt haben, [Fußnote] was ich so horche, ich verstand ihn aber nicht, was er gesagt hat; ich sagte zu ihm: »I möcht a söchana Reiter wern« usw. womit ich sagen wollte, er solle mir ein solches schönes Ding geben, [Fußnote] aber er verstand mich nicht, was ich wollte, er sprach noch immer fort; ich fing an zu weinen und sagte: »Roß ham,« womit ich sagen wollte, er solle mich nicht immer mit dem Sprechen so plagen, es tut mir alles sehr wehe. Er stand auf, ging an seine Lagerstätte hin und ließ mich allein sitzen. Ich weinte sehr lange; ich fühlte große Schmerzen in den Augen, so daß ich nicht mehr weinen konnte. Ich saß sehr lange Zeit allein. Jetzt hörte ich ganz etwas anderes, worüber ich mit einer solchen Aufmerksamkeit horchte, die ich gar nicht sagen kann. Dasjenige, was ich hörte, war die Trompete in der Kaiserstallung, aber ich hörte es nicht lange und als ich nichts mehr hörte, sagte ich: »Roß ham,« er solle mir auch so etwas Schönes gebend. [Fußnote] Jetzt kam der Mann zu mir her und sagte etlichemal sehr langsam diese Worte vor, ich sagte es ihm nach; er sagte: »Weißt du nicht, was dieses sei?« [Fußnote] Ich sagte diese Worte zu ihm etlichemal, damit wollte ich sagen, er solle mir bald die Rosse geben und möchte mich nicht immer so plagen. Der Mann langte nun den Wa**erkrug hin, der unter meiner Pritschen stand und wollte trinken, aber ich langte danach und sagte »Roß ham«. Der Mann gab mir gleich den Krug, ließ mich trinken; als ich das Wa**er getrunken hatte, wurde mir so leicht, welches sich nicht beschreiben läßt. Ich verlangte die Pferde von ihm und sagte: »Roß ham,« worauf er etlichemal sagte, ich weiß nicht, was du willst, ich sagte auch die Worte nach, ich konnte es aber doch nicht gleich so deutlich nachsprechen und sagte »I wü's net« und mit dem Roß ham wollte ich sagen, er solle mir auch meine Rosse geben. Er verstand mich nicht, was ich gewollt hatte und stand auf, ging an seine Lagerstätte hin und ließ mich allein sitzen. Jetzt fing die Uhr an zu schlagen, welches mich unendlich erfreute, sodaß ich immer meine Schmerzen vergaß und meine Sehnsucht war nach diesem Aufenthaltsort. [Fußnote] Jetzt kommt der Gefängniswärter Hiltel, brachte das Brot und Wa**er, welches ich gleich erkannte und sagte zu ihm: »I möcht ah a söchana Reiter wern, wie Vater is,« damit sagte ich zu dem Brot, jetzt du nicht mehr fortgehen und mich nicht mehr so plagen la**en. Er legte das Brot neben mich hin; ich nahm es gleich in die Hand; das Wa**er schüttete er in den Krug hinein, stellte ihn auf den Boden hin. Jetzt fing er mich auszufragen an. Er fragte mich mit so rascher Stimme, welche mir viele Schmerzen verursachte im Kopf, ich fing an zu weinen und sagte: »I möcht ah a söchana Reiter wern wie Vater is«, »ham weisen«, »i was net«, »In groß Dorf, da iß dei Vatter«. Diese Worte gebrauchte ich ohne Unterschied, um dieses zu verlangen, was ich gewollt hätte. Der Gefängniswärter ging fort, weil er mich nicht verstanden hat, er verstand wohl die Worte, was es heißen, aber nicht was ich damit gesagt habe und ich verstand ihn auch nicht, was er zu mir gesagt hat. Ich aß mein Brot, als ich es in den Mund brachte, war es nicht so hart, als dieses, welches ich in meinem vorigen Aufenthaltsort hatte. Ich betrachtete es und sah, daß es doch ein Brot sei, aber es hat diesen Geschmack [Fußnote] und das harte nicht gehabt. [Fußnote] Ich aß doch, weil ich Hunger hatte, ich werde es einige Minuten im Magen gehabt haben, bekam ich starke Schmerzen im Leib, ich fing an zu weinen und sagte: »ham weisen«, damit wollte ich sagen, er solle mir nicht so wehe tun und möchte mich dahin tun, wo meine Roß sind. Jetzt hörte ich wieder die Trompete in der Kaiserstallung; ich horchte und freute mich sehr, weil meine Hoffnung war, wenn die Roß kommen, ich erzählen, [Fußnote] was ich gehört habe. Ich horchte sehr lange, ich hörte nichts mehr. Jetzt kam der Gefängniswärter wieder, brachte ein Stückchen Papier und einen Bleistift mit. Dieses erkannte ich gleich, [Fußnote] worüber ich mich so erfreute, welches ich nicht beschreiben kann, weil ich dachte, jetzt bekomme ich bald meine Roß. [Fußnote] Er gab mir das Papier und den Bleistift in die Hand und (ich) schrieb das, was mir der Mann gelehrt hatte, und dieses war meinen Namen gewesen, welches ich nicht gewußt habe, was ich geschrieben hatte. Als ich mit dem Schreiben fertig war, sagte ich: »I möcht ah a söchana Reiter wern, wie Vater is«, damit sagte ich: jetzt solle er mir die Pferde geben. Er sagte wohl etwas mit einer starken Stimme, welches ich nicht verstanden habe und nahm das Papier und ging fort.«