Im Wald, wo nachts der Uhu krächzt und wo der Wolf nach Opfern lechzt, hat bis vor Kurzem - Räuber Winfried - noch gehaust. Der war behaart von Kopf bis Fuß, beschmierte sein Gesicht mit Ruß, bedrohte jeden mit dem Messer in der Faust. Und weil er so abscheulich war, beraubte Priester er sogar. Sein Blick war wie sein Wesen: unstet und voll List. Woran man sieht ganz klipp und klar, das jeder mit zu langem Haar, genau besehen schon ein halber Räuber ist. ----------------------------------------- Jedoch war Winfried sehr gewitzt, er hat sein Opfer nie geschlitz. Nein, seine Mittel waren weitaus mehr sub-til. Er nahm nie alles - nur ein Stück, ließ die Beraubten stets zurück, mit dem Gefühl: hier ist ein Räuber der hat Stil. Einbein'gen selbst am Bettelstab, nahm er die halbe Krück' nur ab, was diesen meist das Wa**er in die Augen trieb. Zwar hatten beide nichts davon, der Bettler hüpfte froh davon. Gerechtigkeit war Winfrieds oberstes Prinzip. ----------------------------------------- Nachdem er mehr und mehr gerafft und ein Vermögen angeschafft, fiel eines Tags ein Prokurist in seine Hand. Der hat gleich alles durchgecheckt und seine Ziele abgesteckt, brachte auch Winfrieds Bücher auf den letzten Stand. Nun wurd' geplant und spekuliert, abschreibungsgünstig investiert, in einem Maß, da** ihm im kaum Zeit für's Rauben blieb. Bald mussten zwei Computer her, alleine schafften sie's nicht mehr. Das war der Start zu Winfrieds Geldverleihbetrieb. ------------------------------------------- Es hat so ist es nun einmal, auch dieses Lied eine Moral: Wer andern Böses tut, dem soll's nicht besser geh'n. Den Einen trifft am hellen Tag, die Armut als ein Schicksalsschlag, den Andern trifft das Geld, wie wir bei Winfried seh'n. Er wird Sir Winfried jetzt genannt, sein Firmenzeichen ist die Hand, die zärtlich eine wohlgefüllte Börse hält. Lebt nur nach Hausse oder nach Baise, ist ganz zermergelt schon vom Stress und von der Angst, da** ihn ein Räuber überfällt. Hat zwar nen Sitz im Aufsichtsrat, doch schon den dritten Herzinfarkt um muss zwei mal im Jahr nach Bad Inzell zur Kur. Nur manchmal heimlich in der Nacht schleift er sein Messer mit Bedacht, weil er's am nächsten Morgen braucht – für die Rasur!"