Friedrich Schiller - Maria Stuart - Kapitel 3 lyrics

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Friedrich Schiller - Maria Stuart - Kapitel 3 lyrics

Zweiter Aufzug Der Palast zu Westminster. Erster Auftritt Der Graf von Kent und Sir William Davison begegnen einander. Davison. Seid Ihr's, Mylord von Kent? Schon vom Turnierplatz Zurück, und ist die Festlichkeit zu Ende? Kent. Wie? Wohntet Ihr dem Ritterspiel nicht bei? Davison. Mich hielt mein Amt. Kent. Ihr habt das schönste Schauspiel Verloren, Sir, das der Geschmack ersonnen Und edler Anstand ausgeführt – denn wißt! Es wurde vorgestellt die keusche Festung Der Schönheit, wie sie vom Verlangen Berennt wird – Der Lord Marschall, Oberrichter, Der Seneschall nebst zehen andern Rittern Der Königin verteidigten die Festung, Und Frankreichs Kavaliere griffen an. Voraus erschien ein Herold, der das Schloß Aufforderte in einem Madrigale, Und von dem Wall antwortete der Kanzler. Drauf spielte das Geschütz, und Blumensträuße, Wohlriechend köstliche Essenzen wurden Aus niedlichen Feldstücken abgefeuert. Umsonst! die Stürme wurden abgeschlagen, Und das Verlangen mußte sich zurückziehn. Davison. Ein Zeichen böser Vorbedeutung, Graf, Für die französische Brautwerbung. Kent. Nun, nun, das war ein Scherz – Im Ernste, denk ich, Wird sich die Festung endlich doch ergeben. Davison. Glaubt Ihr? Ich glaub es nimmermehr. Kent. Die schwierigsten Artikel sind bereits Berichtigt und von Frankreich zugestanden. Monsieur begnügt sich, in verschlossener Kapelle seinen Gottesdienst zu halten Und öffentlich die Reichsreligion Zu ehren und zu schützen – Hättet Ihr den Jubel Des Volks gesehn, als diese Zeitung sich verbreitet! Denn dieses war des Landes ew'ge Furcht, Sie möchte sterben ohne Leibeserben Und England wieder Papstes Fesseln tragen, Wenn ihr die Stuart auf dem Throne folgte. Davison. Der Furcht kann es entledigt sein – Sie geht Ins Brautgemach, die Stuart geht zum Tode. Kent. Die Königin kommt! Zweiter Auftritt Die Vorigen. Elisabeth, von Leicester geführt. Graf Aubespine, Bellievre, Graf Shrewsbury, Lord Burleigh mit noch andern französischen und englischen Herren treten auf. Elisabeth. (Zu Aubespine). Graf! Ich beklage diese edeln Herrn, Die ihr galanter Eifer über Meer Hiehergeführt, daß sie die Herrlichkeit Des Hofs von Saint Germain bei mir vermissen. Ich kann so prächt'ge Götterfeste nicht Erfinden als die königliche Mutter Von Frankreich – Ein gesittet fröhlich Volk, Das sich, sooft ich öffentlich mich zeige, Mit Segnungen um meine Sänfte drängt, Dies ist das Schauspiel, das ich fremden Augen Mit ein'gem Stolze zeigen kann. Der Glanz Der Edelfräulein,die im Schönheitsgarten Der Katharina blühn,verbärge nur Mich selber und mein schimmerlos Verdienst. Aubespine. Nur eine Dame zeigt Westminsterhof Dem überraschten Fremden – aber alles, Was an dem reizenden Geschlecht entzückt, Stellt sich versammelt dar in dieser einen. Bellievre. Erhabne Majestät von Engelland, Vergönne, daß wir unsern Urlaub nehmen Und Monsieur, unsern königlichen Herrn, Mit der ersehnten Freudenpost beglücken. Ihn hat des Herzens heiße Ungeduld Nicht in Paris gela**en, er erwartet Zu Amiens die Boten seines Glücks, Und bis nach Calais reichen seine Posten, Das Jawort, das dein königlicher Mund Aussprechen wird, mit Flügelschnelligkeit Zu seinem trunknen Ohre hinzutragen. Elisabeth. Graf Bellievre, dringt nicht weiter in mich. Nicht Zeit ist's jetzt, ich wiederhol es Euch, Die freud'ge Hochzeitfackel anzuzünden. Schwarz hängt der Himmel über diesem Land, Und besser ziemte mir der Trauerflor Als das Gepränge bräutlicher Gewänder. Denn nahe droht ein jammervoller Schlag Mein Herz zu treffen und mein eignes Haus. Bellievre. Nur dein Versprechen gib uns, Königin, In frohern Tagen folge die Erfüllung. Elisabeth. Die Könige sind nur Sklaven ihres Standes, Dem eignen Herzen dürfen sie nicht folgen. Mein Wunsch war's immer, unvermählt zu sterben, Und meinen Ruhm hätt' ich darein gesetzt, Daß man dereinst auf meinem Grabstein läse: " Hier ruht die jungfräuliche Königin." Doch meine Untertanen wollen's nicht, Sie denken jetzt schon fleißig an die Zeit, Wo ich dahin sein werde – Nicht genug, Daß jetzt der Segen dieses Land beglückt, Auch ihrem künft'gen Wohl soll ich mich opfern, Auch meine jungfräuliche Freiheit soll ich, Mein höchstes Gut, hingeben für mein Volk, Und der Gebieter wird mir aufgedrungen. Es zeigt mir dadurch an, daß ich ihm nur Ein Weib bin, und ich meinte doch, regiert Zu haben wie ein Mann und wie ein König. Wohl weiß ich, daß man Gott nicht dient, wenn man Die Ordnung der Natur verläßt, und Lob Verdienen sie, die vor mir hier gewaltet, Daß sie die Klöster aufgetan und tausend Schlachtopfer einer falschverstandnen Andacht Den Pflichten der Natur zurückgegeben. Doch eine Königin, die ihre Tage Nicht ungenützt in müßiger Beschauung Verbringt, die unverdrossen, unermüdet Die schwerste aller Pflichten übt, die sollte Von dem Naturzweck ausgenommen sein, Der eine Hälfte des Geschlechts der Menschen Der andern unterwürfig macht – Aubespine. Jedwede Tugend, Königin,hast du Auf deinem Thron verherrlicht, nichts ist übrig, Als dem Geschlechte, dessen Ruhm du bist, Auch noch in seinen eigensten Verdiensten Als Muster vorzuleuchten. Freilich lebt Kein Mann auf Erden, der es würdig ist, Daß du die Freiheit ihm zum Opfer brächtest. Doch wenn Geburt, wenn Hoheit, Heldentugend Und Männerschönheit einen Sterblichen Der Ehre würdig machen, so – Elisabeth. Kein Zweifel, Herr Abgesandter, daß ein Ehebündnis Mit einem königlichen Sohne Frankreichs Mich ehrt! Ja, ich gesteh es unverhohlen, Wenn es sein muß – wenn ich's nicht ändern kann, Dem Dringen meines Volkes nachzugeben – Und es wird stärker sein als ich, befürcht ich – So kenn ich in Europa keinen Fürsten, Dem ich mein höchstes Kleinod, meine Freiheit, Mit minderm Widerwillen opfern würde. Laßt dies Geständnis Euch Genüge tun. Bellievre. Es ist die schönste Hoffnung, doch es ist Nur eine Hoffnung, und mein Herr wünscht mehr – Elisabeth. Was wünscht er? (Sie zieht einen Ring vom Finger und betrachtet ihn nachdenkend) Hat die Königin doch nichts Voraus vor dem gemeinen Bürgerweibe! Das gleiche Zeichen weist auf gleiche Pflicht, Auf gleiche Dienstbarkeit – Der Ring macht Ehen, Und Ringe sind's die eine Kette machen. – Bringt Seiner Hoheit dies Geschenk. Es ist Noch keine Kette, bindet mich nicht, Doch kann ein Reif draus werden, der mich bindet. Bellievre. (kniet nieder, den Ring empfangend). In seinem Namen, große Königin, Empfang ich knieend dies Geschenk und drücke Den Kuß der Huldigung auf meiner Fürstin Hand! Elisabeth. (zum Grafen Leicester, den sie während der letzten Rede unverwandt betrachtet hat). Erlaubt, Mylord! (Sie nimmt ihm das blaue Band ab und hängt es dem Bellievre um.) Bekleidet seine Hoheit Mit diesem Schmuck, wie ich Euch hier damit Bekleide und in meines Ordens Pflichten nehme. Honny soit qui mal y pense! – Es schwinde Der Argwohn zwischen beiden Nationen, Und ein vertraulich Band umschlinge fortan Die Kronen Frankreich und Britannien! Aubespine. Erhabne Königin, dies ist ein Tag Der Freude! Möcht' er's allen sein, und möchte Kein Leidender auf dieser Insel trauern! Die Gnade glänzt auf deinem Angesicht, Oh! daß ein Schimmer ihres heitern Lichts Auf ein unglücksvolle Fürstin fiele, Die Frankreich und Britannien gleich nahe Angeht – Elisabeth. Nicht weiter, Graf! Vermengen wir Nicht zwei ganz unvereinbare Geschäfte. Wenn Frankreich ernstlich meinen Bund verlangt, Muß es auch meine Sorgen mit mir teilen Und meiner Feinde Freund nicht sein – Aubespine. Unwürdig In deinen eignen Augen würd'es handeln, Wenn es die Unglückselige, die Glaubens- Verwandte und die Witwe seines Königs In diesem Bund vergäße – Schon die Ehre, Die Menschlichkeit verlangt – Elisabeth. In diesem Sinn Weiß ich sein Fürwort nach Gebühr zu schätzen. Frankreich erfüllt die Freundespflicht; mir wird Verstattet sein, als Königin zu handeln. (Sie neigt sich gegen die französischen Herren,welche sich mit den übrigen Lords ehrfurchtsvoll entfernen.) Dritter Auftritt Elisabeth. Leicester. Burleigh. Talbot. (Die Königin setzt sich.) Burleigh. Ruhmvolle Königin! Du krönest heut Die heißen Wünsche deines Volks. Nun erst Erfreun wir uns der segenvollen Tage, Die du uns schenkst, da wir nicht zitternd mehr In ein stürmevolle Zukunft schauen. Nur eine Sorge kümmert noch dies Land, Ein Opfer ist's, das alle Stimmen fordern. Gewähr auch dieses, und der heut'ge Tag Hat Englands Wohl auf immerdar gegründet. Elisabeth. Was wünscht mein Volk noch? Sprecht, Mylord. Burleigh. Es fordert Das Haupt der Stuart – Wenn du deinem Volk Der Freiheit köstliches Geschenk, das teuer Erworbne Licht der Wahrheit willst versichern, So muß sie nicht mehr sein – Wenn wir nicht ewig Für dein kostbares Leben zittern sollen, So muß die Feindin untergehen! – Du weißt es, Nicht alle deine Briten denken gleich, Noch viele heimliche Verehrer zählt Der röm'sche Götzendienst auf dieser Insel. Die alle nähren feindliche Gedanken, Nach dieser Stuart steht ihr Herz, sie sind Im Bunde mit den lothtringischen Brüdern, Den unversöhnten Feinden deines Namens. Die ist von dieser wütenden Partei Der grimmige Vertilgungskrieg geschworen, Den man mit falschen Höllenwaffen führt. Zu Reims, dem Bischofssitz des Kardinals, Dort ist das Rüsthaus, wo sie Blitze schmieden, Dort wird der Königsmord gelehrt – Vor dort Geschäftig senden sie nach deiner Insel Die Missionen aus, entschloßne Schwärmer, In allerlei Gewand vermummt – Von dort Ist schon der dritte Mörder ausgegangen, Und unerschöpflich, ewig neu erzeugen Verborgne Feinde sich aus diesem Schlunde. – Und in dem Schloß zu Fotheringhay sitzt Die Ate dieses ew'gen Kriegs, die mit Der Liebesfackel dieses Reich entzündet. Für sie, die schmeichelnd jedem Hoffnung gibt, Weiht sich die Jugend dem gewissen Tod – Sie zu befreien, ist die Losung; sie Auf deinen Thron zu setzen, ist der Zweck. Denn dies Geschlecht der Lothringer erkennt Dein heilig Recht nicht an, du heißest ihnen Nur eine Räuberin desThrons, gekrönt Vom Glück! Sie waren's, die die Törichte Verführt, sich Englands Königin zu schreiben. Kein Friede ist mit ihr und ihrem Stamm! Du mußt den Streich erleiden oder führen. Ihr Leben ist dein Tod! Ihr Tod dein Leben! Elisabeth. Mylord! Ein traurig Amt verwaltet Ihr. Ich kenne Eures Eifers reinen Trieb, Weiß, daß gediegne Weisheit aus Euch redet; Doch diese Weisheit, welche Blut befiehlt, Ich ha**e sie in meiner tiefsten Seele. Sinnt einen mildern Rat aus – Edler Lord Von Shrewsbury! Sagt Ihr uns Eure Meinung. Talbot. Du gabst dem Eifer ein gebührend Lob, Der Burleighs treue Brust beseelt – Auch mir, Strömt es mir gleich nicht so beredt vom Munde, Schlägt in der Brust kein minder treues Herz. Mögst du noch lange leben, Königin, Die Freude deines Volks zu sein, das Glück Des Friedens diesem Reiche zu verlängern. So schöne Tage hat dies Eiland nie Gesehn, seit eigne Fürsten es regieren. Mög' es sein Glück mit seinem Ruhme nicht Erkaufen! Möge Talbots Auge wenigstens Geschlossen sein, wenn dies geschieht! Elisabeth. Verhüte Gott, daß wir den Ruhm befleckten! Talbot. Nun dann, so wirst du auf ein ander Mittel sinnen, Dies Reich zu retten – denn die Hinrichtung Der Stuart ist ein ungerechtes Mittel. Du kannst das Urteil über die nicht sprechen, Die dir nicht untertänig ist. Elisabeth. So irrt Mein Staatsrat und mein Parlament, im Irrtum Sind alle Richterhöfe dieses Landes, Die mir dies Recht einstimmig zuerkannt – Talbot. Nicht Stimmenmehrheit ist des Rechtes Probe, England ist nicht die Welt, dein Parlament Nicht der Verein der menschlichen Geschlechter. Dies heut'ge England ist das künft'ge nicht, Wie's das vergangne nicht mehr ist – Wie sich Die Neigung anders wendet, also steigt Und fällt des Urteils wandelbare Woge. Sag nicht, du müssest der Notwendigkeit Gehorchen und dem Dringen deines Volks. Sobald du willst, in jedem Augenblick Kannst du erproben, daß dein Wille frei ist. Versuch's! Erkläre, daß du Blut verabscheust, Der Schwester Leben willst gerettet sehn, Zeig denen, die dir anders raten wollen, Die Wahrheit deines königlichen Zorns – Schnell wirst du die Notwendigkeit verschwinden Und Recht in Unrecht sich verwandeln sehn. Du selbst mußt richten, du allein. Du kannst dich Auf dieses unstet schwa*ke Rohr nicht lehnen. Der eignen Milde folge du getrost. Nicht Strenge legte Gott ins weiche Herz Des Weibes – Und die Stifter dieses Reichs, Die auch dem Weib die Herrscherzügel gaben, Sie zeigten an, daß Strenge nicht die Tugend Der Könige soll sein in diesem Lande. Elisabeth. Ein warmer Anwalt ist Graf Shrewsbury Für meine Feindin und des Reichs. Ich ziehe Die Räte vor, die meine Wohlfahrt lieben. Talbot. Man gönnt ihr keinen Anwalt, niemand wagt's, Zu ihrem Vorteil sprechend, deinem Zorn Sich bloßzustellen – So vergönne mir, Dem alten Manne, den am Grabesrand Kein irdisch Hoffen mehr verführen kann, Daß ich die Aufgegebene beschütze. Man soll nicht sagen, daß in deinem Staatsrat Die Leidenschaft, die Selbstsucht eine Stimme Gehabt, nur die Barmherzigkeit geschwiegen. Verbündet hat sich alles wider sie, Du selber hast ihr Antlitz nie gesehn, Nichts spricht in deinem Herzen für die Fremde. – Nicht ihrer Schuld red ich das Wort. Man sagt, Sie habe den Gemahl ermorden la**en; Wahr ist's, daß sie den Mörder ehlichte. Ein schweres Verbrechen! – Aber es geschah In einer finster unglücksvollen Zeit, Im Angstgedränge bürgerlichen Kriegs, Wo sie, die Schwache, sich umrungen sah Von heftigdringenden Vasallen, sich Dem Mutvollstärksten in die Arme warf – Wer weiß, durch welcher Künste Macht besiegt? Denn ein gebrechlich Wesen ist das Weib. Elisabeth. Das Weib ist nicht schwach. Es gibt starke Seelen In dem Geschlecht – Ich will in meinem Beisein Nichts von der Schwäche des Geschlechtes hören. Talbot. Dir war das Unglück eine stenge Schule. Nicht seine Freudenseite kehrte dir Das Leben zu. Du sahest keinen Thron Von ferne, nur das Grab zu deinen Füßen. Zu Woodstock war's und in des Towers Nacht, Wo dich der gnäd'ge Vater dieses Landes Zur ersten Pflicht durch Trübsal auferzog. Dort suchte dich der Schmeichler nicht. Früh lernte, Vom eiteln Weltgeräusche nicht zerstreut, Dein Geist sich sammeln, denkend in sich gehn Und diesen Lebens wahre Güter schätzen. – Die Arme rettete kein Gott. Ein zartes Kind Ward sich verpflanzt nach Frankreich, an den Hof Des Leichtsinns, der gedankenlosen Freude. Dort in der Feste ew'ger Trunkenheit Vernahm sie nie der Wahrheit ernste Stimme. Geblendet ward sie von der Laster Glanz Und fortgeführt vom Strome des Verderbens. Ihr ward der Schönheit eitles Gut zuteil, Sie überstrahlte blühen alle Weiber, Und durch Gestalt nicht minder als Geburt – – Elisabeth. Kommt zu Euch selbst, Mylord von Shrewsbury! Denkt, daß wir hier im ernsten Rate sitzen. Das müssen Reize sondergleichen sein, Die einen Greis in solches Feuer setzen. – Mylord von Leicester! Ihr allein schweigt still? Was ihn beredt macht, bindet's Euch die Zunge? Leicester. Ich schweige für Erstaunen, Königin, Daß man dein Ohr mit Schrecknissen erfüllt, Daß diese Märchen, die in Londons Ga**en Den gläub'gen Pöbel ängstigen, bis herauf In deines Staatsrats heitre Mitte steigen Und weise Männer ernst beschäftigen. Verwunderung ergreift micht, ich gesteh's, Daß diese länderlose Königin Von Schottland, die den eignen kleinen Thron Nicht zu behaupten wußte, ihrer eignen Vasallen Spott, der Auswurf ihres Landes, Dein Schrecken wird auf einmal im Gefängnis! – Was, beim Allmächt'gen! machte sie dir furchtbar? Daß sie dies Reich in Anspruch nimmt? daß dich Die Guisen nicht als Königin erkennen? Kann dieser Guisen Wiederspruch das Recht Entkräften, das Geburt dir gab, der Schluß Der Parlamente dir bestätigte? Ist sie durch Heinrichs letzten Willen nicht Stillschweigend abgewiesen, und wird England, So glücklich im Genuß des neuen Lichts, Sich der Papistin in die Arme werfen? Von dir, der angebeteten Monarchin, Zu Darnleys Mörderin hinüberlaufen? Was wollen diese ungestümen Menschen, Die dich noch lebend mit der Erbin quälen, Dich nicht geschwind genug vermählen können, Um Staat und Kirche von Gefahr zu retten? Stehst du nicht blühend da in Jugendkraft, Welkt jene nicht mit jedem Tag zum Grabe? Bei Gott! Du wirst, ich hoff's, noch viele Jahre Auf ihrem Grabe wandeln, ohne daß Du selber sie hinabzustürzen brauchtest – Burleigh. Lord Leicester hat nicht immer so geurteilt. Leicester. Wahr ist's, ich habe selber meine Stimme Zu ihrem Tod gegeben im Gericht. – Im Staatsrat sprech ich anders. Hier ist nicht Die Rede von dem Recht, nur von dem Vorteil. Ist's jetzt die Zeit, von ihr Gefahr zu fürchten, Da Frankreich sie verläßt, ihr einz'ger Schutz, Da du den Königssohn mit deiner Hand Beglücken willst, die Hoffnung eines neuen Regentenstammes diesem Lande blüht? Wozu sie also töten? Sie ist tot! Verachtung ist der wahre Tod. Verhüte, Daß nicht das Mitleid sie ins Leben rufe! Drum ist mein Rat: Man la**e die Sentenz, Die ihr das Haupt abspricht, in voller Kraft Bestehn! Sie lebe – aber unterm Beile Des Henkers lebe sie, und schnell, wie sich Ein Arm für sie bewaffnet, fall' es nieder. Elisabeth. (steht auf). Mylords, ich hab nun eure Meinungen Gehört und sag euch Dank für euren Eifer. Mit Gottes Beistand, der die Könige Erleuchtet, will ich eure Gründe prüfen Und wählen, was das Bessere mir dünkt. Vierter Auftritt Die Vorigen. Ritter Paulet mit Mortimern. Elisabeth. Da kommt Amias Paulet. Edler Sir, Was bringt Ihr uns? Paulet. Glorwürd'ge Majestät! Mein Neffe, der ohnlängst von weiten Reisen Zurückgekehrt, wirft sich zu deinen Füßen Und leistet dir sein jugendlich Gelübde. Empfange du es gnadenvoll und laß Ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst. Mortimer. (läßt sich auf ein Knie nieder). Lang lebe meine königliche Frau, Und Glück und Ruhm bekröne ihre Stirne! Elisabeth. Steht auf. Seid mir willkommen, Sir, in England. Ihr habt den großen Weg gemacht, habt Frankreich Bereist und Rom und Euch zu Reims verweilt. Sagt mir denn an, was spinnen unsre Feinde? Mortimer. Ein Gott verwirre sie und wende rückwärts Auf ihrer eignen Schützen Brust die Pfeile, Die gegen meine Königin gesandt sind. Elisabeth. Saht Ihr den Morgan und den ränkespinnenden Bischof von Roße? Mortimer. Alle schottische Verbannte lernt' ich kennen, die zu Reims Aschläge schmieden gegen diese Insel. In Ihr Vertrauen stahl ich mich, ob ich Etwa von ihren Ränken was entdeckte. Paulet. Geheime Briefe hat man ihm vertraut, In Ziffern, für die Königin von Schottland, Die er mit treuer Hand uns überliefert. Elisabeth. Sagt, was sind ihre neuesten Entwürfe? Mortimer. Es traf sie alle wie ein Donnerstreich, Daß Frankreich sie verläßt, den festen Bund Mit England schließt; jetzt richten sie die Hoffnung Auf Spanien. Elisabeth. So schreibt mir Walsingham. Mortimer. Auch eine Bulle, die Papst Sixtus jüngst vom Vatikane gegen dich geschleudert, Kam eben an zu Reims, als ich's verließ, Das nächste Schiff bringt sie nach dieser Insel. Leicester. Vor solchen Waffen zittert England nicht mehr. Burleigh. Sie werden furchtbar in des Schwärmers Hand. Elisabeth. (Mortimer forschend ansehend). Man gab Euch schuld, daß Ihr zu Reims die Schulen Besucht und Euren Glauben abgeschworen? Mortimer. Die Miene gab ich mir, ich leugn' es nicht, So weit ging die Begierde, dir zu dienen! Elisabeth. (zu Paulet, der ihr Papiere überreicht). Was zieht Ihr da hervor? Paulet. Es ist ein Schreiben, Das dir die Königin von Schottland sendet. Burleigh. (hastig darnach greifend). Gebt mir den Brief. Paulet. (gibt das Papier der Königin). Verzeiht, Lord Großschatzmeister! In meiner Königin selbsteigne Hand Befahl sie mir den Brief zu übergeben. Sie sagt mir stets, ich sei ihr Feind. Ich bin Nur ihres Lasters Feind; was sich verträgt Mit meiner Pflicht, mag ich gern erweisen. (Die Königin hat den Brief genommen. Während sie ihn liest, sprechen Mortimer und Leicester einige Worte heimlich miteinander.) Burleigh. (Zu Paulet). Was kann der Brief enthalten? Eitle Klagen, Mit denen man das mitleidsvolle Herz Der Königin verschonen soll. Paulet. Was er Enthält, hat sie mir nicht verhehlt. Sie bittet Um die Vergünstigung, das Angesicht Der Königin zu sehen. Burleigh. (schnell). Nimmermehr! Talbot. Warum nicht? Sie erfleht nichts Ungerechtes. Burleigh. Die Gunst des königlichen Angesichts Hat sie verwirkt, die Mordanstifterin, Die nach dem Blut der Königin gedürstet. Wer's treu mit seiner Fürstin meint, der kann Den falsch verräterischen Rat nicht geben. Talbot. Wenn die Monarchin sie beglücken will, Wollt Ihr der Gnade sanfte Regung hindern? Burleigh. Sie ist verurteilt! Unterm Beile liegt Ihr Haupt. Unwürdig ist's der Majestät, Das Haupt zu sehen, das dem Tod geweiht ist. Das Urteil kann nicht mehr vollzogen werden, Wenn sich die Königin ihr genahet hat, Denn Gnade bringt die königliche Nähe – Elisabeth.(nachdem sie den Brief gelesen, ihre Tränen trocknend). Was ist der Mensch! Was ist das Glück der Erde! Wie weit ist diese Königin gebracht, Die mit so stolzen Hoffnungen begann, Die auf den ältsten Thron der Christenheit Berufen worden, die in ihrem Sinn Drei Kronen schon aufs Haupt zu setzen meinte! Welch andre Sprache führt sie jetzt als damals, Da sie das Wappen Englands angenommen Und von den Schmeichlern ihres Hofs sich Königin Der zwei britann'schen Inseln nennen ließ! – Verzeiht, Mylords, es schneidet mir ins Herz, Wehmut ergreift mich, und die Seele blutet, Daß Irdisches nicht fester steht, das Schicksal Der Menschheit, das entsetzliche, so nahe An meinem eignen Haupt vorüberzieht. Talbot. O Königin! Dein Herz hat Gott gerührt, Gehorche dieser himmlischen Bewegung! Schwer büßte sie fürwahr die schwere Schuld, Und Zeit ist's, daß die harte Prüfung ende! Reich ihr die Hand, der Tiefgefallenen; Wie eines Engels Lichterscheinung steige In ihres Kerkers Gräbernacht hinab – Burleigh. Sei standhaft, große Königin. Laßt nicht Ein lobenswürdig menschliches Gefühl Dich irreführen. Raube dir nicht selbst Die Freiheit, das Notwendige zu tun. Du kannst sie nicht begnadigen, nicht retten, So lade nicht auf dich verhaßten Tadel, Daß du mit grausam höhnendem Triump Am Anblick deines Opfers dich geweidet. Leicester. Laßt uns in unsern Schranken bleiben, Lords. Die Königin ist weise, sie bedarf Nicht unsers Rats, das Würdigste zu wählen. Die Unterredung beider Königinnen Hat nichts gemein mit des Gerichtes Gang. Englands Gesetz, nicht der Monarchin Wille Verurteilt die Maria. Würdig ist's Der großen Seele der Elisabeth, Daß sie des Herzens schönem Triebe folge, Wenn das Gesetz den strengen Lauf behält. Elisabeth. Geht, meine Lords. Wir werden Mittel finden, Was Gnade fordert, was Notwendigkeit Uns auferlegt, geziemend zu vereinen. Jetzt – tretet ab! (Die Lords gehen. An der Türe ruft sie den Mortimer zurück.) Sir Mortimer! Ein Wort! Fünfter Auftritt Elisabeth. Mortimer. Elisabeth. (nachdem sie ihen einige Augenblicke forschend mit den Augen gemessen). Ihr zeigtet einen kecken Mut und seltne Beherrschung Eurer selbst für Eure Jahre. Wer schon so früh der Täuschung schwere Kunst Ausübte, der ist mündig vor der Zeit, Und er verkürzt sich seine Prüfungsjahre. – Auf eine große Bahn ruft Euch das Schicksal, Ich prophezei es Euch, und mein Orakel Kann ich, zu Eurem Glücke! selbst vollziehn. Mortimer. Erhabene Gebieterin, was ich Vermag und bin, ist deinem Dienst gewidmet. Elisabeth. Ihr habt die Feinde Englands kennen lernen. Ihr Haß ist unversöhnlich gegen mich, Und unerschöpflich ihre Blutentwürfe. Bis diesen Tag zwar schützte mich die Allmacht, Doch ewig wa*kt die Kron' auf meinem Haupt, Solang sie lebt, die ihrem Schwärmereifer Den Vorwand leiht und ihre Hoffnung nährt. Mortimer. Sie lebt nicht mehr, sobald du es gebietest. Elisabeth. Ach, Sir! Ich glaubte mich am Ziele schon Zu sehn und bin nicht weiter als am Anfang. Ich wollte die Gesetze handeln la**en, Die eigne Hand vom Blute rein behalten. Das Urteil ist gesprochen. Was gewinn ich? Es muß vollzogen werden, Mortimer! Und ich muß die Vollziehung anbefehlen. Mich immer trifft der Haß der Tat. Ich muß Sie eingestehn und kann den Schein nicht retten. Das ist das Schlimmste! Mortimer. Was bekümmert dich Der böse Schein bei der gerechten Sache? Elisabeth. Ihr kennt die Welt nicht, Ritter. Was man scheint, Hat jedermann zum Richter; was man ist, hat keinen. Von meinem Rechte überzeug ich niemand, So muß ich Sorge tragen, daß mein Anteil An ihrem Tod in ew'gem Zweifel bleibe. Bei solchen Taten doppelter Gestalt Gibt's keinen Schutz als in der Dunkelheit. Der schlimmste Schritt ist, den man eingesteht, Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren. Mortimer. (ausforschend). Dann wäre wohl das beste – Elisabeth. (schnell). Freilich wär's Das Beste – O mein guter Engel spricht Aus Euch. Fahrt fort, vollendet, werter Sir! Euch ist es ernst, Ihr dringet auf den Grund, Seid ein ganz andrer Mann als Euer Oheim – Mortimer. (betroffen). Entdecktest du dem Ritter deinen Wunsch? Elisabeth. Mich reuet, daß ich's tat. Mortimer. Entschuldige Den alten Mann. Die Jahre machen ihn Bedenklich. Solche Wagestücke fordern Den kecken Mut der Jugend – Elisabeth. (schnell). Darf ich Euch – Mortimer. Die Hand will ich dir leihen, rette du Den Namen, wie du kannst – Elisabeth. Ja, Sir! Wenn Ihr Mich eines Morgens mit der Botschaft wecktet: Maria Stuart, deine blut'ge Feindin, Ist heute nacht verschieden! Mortimer. Zähl auf micht. Elisabeth. Wann wird mein Haupt sich ruhig schlafen legen? Mortimer. Der nächste Neumond ende deine Furcht. Elisabeth. – Gehabt Euch wohl, Sir! Laßt es Euch nicht leid tun, Daß meine Dankbarkeit den Flor der Nacht Entlehnen muß – Das Schweigen ist der Gott Der Glücklichen – die engsten Bande sind's, Die zärtesten, die das Geheimnis stiftet! (Sie geht ab.) Sechster Auftritt Mortimer. (allein). Geh, falsche, gleisnerische Königin! Wie du die Welt, so täusch ich dich. Recht ist's, Dich zu verraten, eine gute Tat! Seh ich aus wie ein Mörder? Lases du Ruchlose Fertigkeit auf meiner Stirn? Trau nur auf meinen Arm und halte deinen Zurück, gib dir den frommen Heuchelschein Der Gnade vor der Welt, indessen du Geheim auf meine Mörderhilfe hoffst – So werden wir zur Rettung Frist gewinnen! Erhöhen willst du mich – zeigst mir von ferne Bedeutend einen kostbarn Preis – Und wärst Du selbst der Preis und deine Frauengunst! Wer bist du, Ärmste, und was kannst du gebe? Mich locket nicht des eiteln Ruhmes Geiz! Bei ihr nur ists den Lebens Reiz – Um sie, in ew'gem Freudenchore, schweben Der Anmut Götter und der Jugendlust, Das Glück der Himmel ist an ihrer Brust – Du hast nur tote Güter zu vergeben! Das eine Höchste, was das Leben schmückt, Wenn sich ein Herz, entzückend und entzückt, Dem Herzen schenkt in süßem Selbstvergessen, Die Frauenkrone hast du nie besessen, Nie hast du lieben einen Mann beglückt! – Ich muß den Lord erwarten, ihren Brief Ihm übergeben. Ein verhaßter Auftrag! Ich habe zu dem Höflinge kein Herz – Ich selber kann sie retten, ich allein, Gefahr und Ruhm und auch der Preis sei mein! ( Indem er gehen will, begegnet ihm Paulet.) Siebenter Auftritt Mortimer. Paulet. Paulet. Was sagte dir die Königin? Mortimer. Nichts, Sir. Nichts – von Bedeutung. Paulet. (fixiert ihn mit ernstem Blick). Höre, Mortimer! Es ist ein schlüpfrig glatter Grund, auf den Du dich begeben. Lockend ist die Gunst Der Könige, nach Ehre geizt die Jugend. – Laß dich den Ehrgeiz nicht verführen! Mortimer. Wart Ihr's nicht selbst, der an den Hof mich brachte? Paulet. Ich wünschte, daß ich's nicht getan. Am Hofe Ward unsers Hauses Ehre nicht gesammelt. Steh fest, mein Neffe. Kaufe nicht zu teuer! Verletze dein Gewissen nicht! Mortimer. Was fällt Euch ein? Was für Besorgnisse! Paulet. Wie groß dich auch die Königin zu machen Verspricht – Trau ihrer Schmeichelrede nicht. Verleugnen wird sie dich, wenn du gehorcht, Und, ihren eignen Namen reinzuwaschen, Die Bluttat rächen, die sie selbst befahl. Mortimer. Die Bluttat, sagt Ihr – Paulet. Weg mit der Verstellung! Ich weiß, was dir die Königin angesonnen, Sie hofft, daß deine ruhmbegier'ge Jugend Willfähr'ger sein wird als mein starres Alter. Hast du ihr zugesagt? Hast du? Mortimer. Mein Oheim! Paulet. Wenn du's getan hast, so verfluch ich dich, Und dich verwerfe – Leicester (kommt). Werter Sir, erlaubt Ein Wort mit Eurem Neffen. Die Monarchin Ist gnadenvoll gesinnt für ihn, sie will, Daß man ihm die Person der Lady Stuart Uneingeschränkt vertraue – Sie verläßt sich Auf seine Redlichkeit – Paulet. Verläßt sich – Gut! Leicester. Was sagt Ihr, Sir? Paulet. Die Königin verläßt sich Auf ihn, und ich, Mylord, verla**e mich Auf mich und meine beiden offnen Augen. (Er geht ab.) Achter Auftritt Leicester. Mortimer. Leicester (verwundert). Was wandelte den Ritter an? Mortimer. Ich weiß es nicht – Das unerwartete Vertrauen, das die Königin mir schenkt – Leicester (ihn forschend ansehend). Verdient Ihr, Ritter, daß man Euch vertraut? Mortimer. (ebenso). Die Frage tu ich Euch, Mylord von Leicester. Leicester. Ihr hattet mir was in geheim zu sagen. Mortimer. Versichert mich erst, daß ich's wagen darf. Leicester. Wer gibt mir die Versicherung für Euch? – Laßt Euch mein Mißtraun nicht beleidigen! Ich seh Euch zweierlei Gesichter zeigen An diesem Hofe – Eins darunter ist Notwendig falsch, doch welches ist das wahre? Mortimer. Es geht mir ebenso mit Euch, Graf Leicester. Leicester. Wer soll nun des Vertrauens Anfang machen? Mortimer. Wer das Geringere zu wagen hat. Leicester. Nun! Der seid Ihr! Mortimer. Ihr seid es! Euer Zeugnis, Des vielbedeutenden, gewalt'gen Lords, Kann mich zu Boden schlagen; meins vermag Nichts gegen Euren Rang und Eure Gunst. Leicester. Ihr irrt Euch, Sir! In allem andern bin ich Hier mächtig, nur in diesem zarten Punkt, Den ich jetzt Eurer Treu' preisgeben soll, Bin ich der schwächste Mann an diesem Hof, Und ein verächtlich Zeugnis kann mich stürzen. Mortimer. Wenn sich der allvermögende Lord Leicester So tief zu mir herunterläßt, ein solch Bekenntnis mir zu tun, so darf ich wohl Ein wenig höher denken von mir selbst Und ihm in Großmut ein Exempel geben. Leicester. Geht mir voran im Zutraun, ich will folgen. Mortimer. (den Brief schnell hervorziehend). Dies sendet Euch die Königin von Schottland. Leicester (schrickt zusammen und greift hastig darnach). Sprecht leise, Sir – Was seh ich! Ach! Es ist Ihr Bild! (Küßt es und betrachtet es mit stummem Entzücken.) Mortimer. (der ihn während des Lesens scharf beobachtet). Mylord, nun glaub ich Euch. Leicester (nachdem er den Brief schnell durchlaufen). Sir Mortimer! Ihr wißt des Briefes Inhalt? Mortimer. Nichts weiß ich. Leicester. Nun! Sie hat Euch ohne Zweifel Vertraut – Mortimer. Sie hat mir nichts vertraut. Ihr würdet Dies Rätsel mir erklären, sagte sie. Ein Rätsel ist es mir, daß Graf von Leicester, Der Günstling der Elisabeth, Mariens Erklärter Feind und ihrer Richter einer, Der Mann sein soll, von dem die Königin In ihrem Unglück Rettung hofft – Und dennoch Muß dem so sein, denn Eure Augen sprechen Zu deutlich aus, was Ihr für sie empfindet. Leicester. Entdeckt mir selbst erst, wie es kommt, daß Ihr Den feur'gen Anteil nehmt an ihrem Schicksal, Und was Euch ihr Vertraun erwarb. Mortimer. Mylord, Das kann ich Euch mit wenigem erklären. Ich habe meinen Glauben abgeschworen Zu Rom und steh im Bündnis mit den Guisen. Ein Brief des Erzbischofs zu Reims hat mich Beglaubigt bei der Königin von Schottland. Leicester. Ich weiß von Eurer Glaubensänderung, Sie ist's, die mein Vertrauen zu Euch weckte. Gebt mir die Hand. Verzeiht mir meinen Zweifel. Ich kann der Vorsicht nicht zu viel gebrauchen, Denn Walsingham und Burleigh ha**en mich, Ich weiß, daß sie mir lauernd Netze stellen. Ihr konntet ihr Geschöpf und Werkzeug sein, Mich in das Garn zu ziehn – Mortimer. Wie kleine Schritte Geht ein so großer Lord an diesem Hof! Graf, ich beklag Euch! Leicester. Freudig werf ich mich An die vertraute Freundesbrust, wo ich Des langen Zwangs mich endlich kann entladen. Ihr seid verwunder, Sir, daß ich so schnell Das Herz geändert gegen die Maria. Zwar in der Tat haßt' ich sie nie – der Zwang Der Zeiten machte mich zu ihrem Gegner. Sie war mir zugedacht seit langen Jahren, Ihr wißt's, eh' sie die Hand dem Darnley gab, Als noch der Glanz der Hoheit sie umlachte. Kalt stieß ich damals dieses Glück von mir; Jetzt im Gefängnis, an des Todes Pforten Such ich sie auf, und mit Gefahr des Lebens. Mortimer. Das heißt großmütig handeln! Leicester. – Die Gestalt Der Dinge, Sir, hat sich indes verändert. Mein Ehrgeiz war es, der mich gegen Jugend Und Schönheit fühllos machte. Damals hielt ich Mariens Hand für mich zu klein, ich hoffte Auf den Besitz der Königin von England. Morimer. Es ist bekannt, daß sie Euch allen Männern Vorzog – Leicester. So schien es, edler Sir – und nun, nach zehn Verlornen Jahren unverdroßnen Werbens, Verhaßten Zwangs – O Sir, mein Herz geht auf! Ich muß des langen Unmuts mich entladen – Man preist mich glücklich – wüßte man, was es Für Ketten sind, um die man mich beneidet – Nachdem ich zehen bittre Jahre lang Dem Götzen ihrer Eitelkeit geopfert, Mich jedem Wechsel ihrer Sultanslaunen Mit Sklavendemut unterwarf, das Spielzeug Des kleinen grillenhaften Eigensinns, Geliebkost jetzt von ihrer Zärtlichkeit Und jetzt mit sprödem Stolz zurückgestoßen, Von ihrer Gunst und Strenge gleich gepeinigt, Wie ein Gefangener vom Argusblick Der Eifersucht gehütet, ins Verhör Genommen wie ein Knabe, wie ein Diener Gescholten – o die Sprache hat kein Wort Für diese Hölle – Mortimer. Ich beklag Euch, Graf. Leicester. Täuscht mich am Ziel der Preis! Ein andrer kommt, Die Frucht des teuren Werbens mir zu rauben. An einen jungen blühenden Gemahl Verlier ich meine lang beseßnen Rechte, Heruntersteigen soll ich von der Bühne, Wo ich so lange als der Erste glänzte. Nicht ihre Hand allein, auch ihre Gunst Droht mir der neue Ankömmling zu rauben. Sie ist ein Weib, und er ist liebenswert. Mortimer. Er ist Kathrinens Sohn. In guter Schule Hat er des Schmeichelns Künste ausgelernt. Leicester. So stürzen meine Hoffnungen – ich suche In diesem Schiffbruch meines Glücks ein Brett Zu fa**en – und mein Auge wendet sich Der ersten schönen Hoffnung wieder zu. Mariens Bild, in ihrer Reize Glanz, Stand neu vor mir, Schönheit und Jugend traten In ihre vollen Rechte wieder ein, Nicht kalter Ehrgeiz mehr – das Herz verglich, Und ich empfand, welch Kleinod ich verloren. Mit Schrecken seh ich sie in tiefes Elend Herabgestürzt, gestürzt durch mein Verschulden. Da wird in mir die Hoffnung wach, ob ich Sie jetzt noch retten könnte und besitzen. Durch eine treue Hand gelingt es mir, Ihr mein verändert Herz zu offenbaren, Und dieser Brief, den Ihr mir überbracht, Versichert mir, daß sie verzeiht, sich mir Zum Preise schenken will, wenn ich sie rette. Mortimer. Ihr tatet aber nichts zu ihrer Rettung! Ihr ließt geschehn, daß sie verurteilt wurde, Gabt Eure Stimme selbst zu ihrem Tod! Ein Wunder muß geschehn – Der Wahrheit Licht Muß mich, den Neffen ihres Hüters, rühren, Im Vatikan zu Rom muß ihr der Himmel Den unverhofften Retter zubereiten, Sonst fand sie nicht einmal den Weg zu Euch! Leicester. Ach, Sir, es hat mir Qualen g'nug gekostet! Um selbe Zeit ward sie von Talbots Schloß´ Nach Fotheringhay weggeführt, der strengen Gewahrsam Eures Oheims anvertraut. Gehemmt ward jeder Weg zu ihr, ich mußte Fortfahren vor der Welt, sie zu verfolgen. Doch denket nicht, daß ich sie leidend hätte Zum Tode gehen la**en! Nein, ich hoffe Und hoffe noch, das Äußerste zu hindern, Bis sich ein Mittel zeigt, sie zu befrein. Mortimer. Das ist gefunden – Leicester, Euer edles Vertraun verdient Erwiderung. Ich will sie Befreien, darum bin ich hier, die Anstalt Ist schon getroffen, Euer mächt'ger Beistand Versichert uns den glücklichen Erfolg. Leicester. Was sagt Ihr? Ihr erschreckt mich. Wie? Ihr wolltet – Mortimer. Gewaltsam auftun will ich ihren Kerker, Ich hab Gefährten, alles ist bereit – Leicester. Ihr habt Mitwisser und Vertraute! Weh mir! In welches Wagnis reißt Ihr mich hinein! Und diese Wissen auch um mein Geheimnis? Mortimer. Sorgt nicht. Der Plan ward ohne Euch entworfen, Ohn' Euch wär' er vollstreckt, bestünde sie Nicht drauf, Euch ihre Rettung zu verdanken. Leicester. So könnt Ihr mich für ganz gewiss versichern, Daß in dem Bund mein Name nicht genannt ist? Mortimer. Verlaßt Euch drauf! Wie? So bedenklich, Graf, Bei einer Botschaft, die Euch Hilfe bringt! Ihr wollt die Stuart retten und besitzen, Ihr findet Freunde, plötzlich, unerwartet, Vom Himmel fallen Euch die nächsten Mittel – Doch zeigt Ihr mehr Verlegenheit als Freude? Leicester. Es ist nichts mit Gewalt. Das Wagestück Ist zu gefährlich. Mortimer. Auch das Säumen ist's! Leicester. Ich sag Euch, Ritter, es ist nicht zu wagen. Mortimer. (bitter). Nein, nicht für Euch, der sie besitzen will! Wir wollen sie bloß retten und sind nicht so bedenklich – Leicester. Junger Mann, Ihr seid zu rasch In so gefährlich dornenvoller Sache. Mortimer. Ihr – sehr bedacht in solchem Fall der Ehre. Leicester. Ich seh die Netze, die uns rings umgeben. Mortimer. Ich fühle Mut, sie alle zu durchreißen. Leicester. Tollkühnheit, Raserei ist dieser Mut. Mortimer. Nicht Tapferkeit ist diese Klugheit, Lord. Leicester. Euch lüstet's wohl, wie Babington zu enden? Mortimer. Euch nicht, des Norfolks Großmut nachzuahmen. Leicester. Norfolk hat seine Braut nicht heimgeführt. Mortimer. Er hat bewiesen, daß er's würdig war. Leicester. Wenn wir verderben, reißen wie sie nach . Mortimer. Wenn wir uns schonen, wird sie nicht gerettet. Leicester. Ihr überlegt nicht, hört nicht, werdet alles Mit heftig blindem Ungstüm zerstören, Was auf so guten Weg geleitet war. Mortimer. Wohl auf den guten Weg, den Ihr gebahnt? Was habt Ihr denn getan, um sie zu retten? – Und wie? Wenn ich nun Bub g'nug gewesen, Sie zu ermorden, wie die Königin Mir anbefahl, wie sie zu dieser Stunde Vor mir erwartet – Nennt mir doch die Anstalt, Die Ihr gemacht, ihr Leben zu erhalten. Leicester (erstaunt). Gab Euch die Königin diesen Blutbefehl? Mortimer. Sie irrte sich in mir, wie sich Maria In Euch. Leicester. Und Ihr habt zugesagt? Habt Ihr? Mortimer. Damit sie andre Hände nicht erkaufe, Bot ich die meinen an. Leicester. Ihr tatet wohl. Dies kann uns Raum verschaffen. Sie verläßt sich Auf Euren blut'gen Dienst, das Todesurteil Bleibt unvollstreckt, und wir gewinnen Zeit – Mortimer. (ungeduldig). Nein, wir verlieren Zeit! Leicester. Sie zählt auf Euch, So minder wird sie Anstand nehmen, sich Den Schein der Gnade vor der Welt zu geben. Vielleicht, daß ich durch List sie überrede, Das Angesicht der Gegnerin zu sehn, Und dieser Schritt muß ihr die Hände binden. Burleigh hat Recht. Das Urteil kann nicht mehr Vollzogen werden, wenn sie sie gesehn. – Ja, ich versuch es, alles biet ich auf – Mortimer. Und was erreicht Ihr dadurch? Wenn sie sich In mir getäuscht sieht, wenn Maria fortfährt, Zu leben – Ist nicht alles wie zuvor? Frei wird sie niemals! Auch das Mildeste, Was kommen kann, ist ewiges Gefängnis. Mit einer kühnen Tat müßt Ihr doch enden, Warum wollt Ihr nicht gleich damit beginnen? In Euren Händen ist die Macht, Ihr bringt Ein Heer zusammen, wenn Ihr nur den Adel Auf Euren vielen Schlössern waffnen wollt! Maria hat noch viel verborgne Freunde; Der Howard und der Percy edle Häuser, Ob ihre Häupter gleich gestürzt, sind noch An Helden reich, sie harren nur darauf, Daß ein gewalt'ger Lord das Beispiel gebe! Weg mit Verstelllung! Handelt öffentlich! Verteidigt als ein Ritter die Geliebte, Kämpft einen edeln Kampf um sie. Ihr seid Herr der Person der Königin von England, Sobald Ihr wollt. Lockt sie auf Eure Schlösser, Sie ist Euch oft dahin gefolgt. Dort zeigt ihr Den Mann! Sprecht als Gebieter! Haltet sie Verwahrt, bis die Stuart freigegeben! Leicester. Ich staune, ich entsetze mich – Wohin Reißt Euch der Schwindel? – Kennt Ihr diesen Boden? Wißt Ihr, wie's steht an diesem Hof, wie eng Dies Frauenreich die Geister hat gebunden? Sucht nach dem Heldengeist, der ehemals wohl In diesem Land sich regte – Unterworfen Ist alles, unterm Schlüssel eines Weibes, Und jedes Mutes Federn abgespannt. Folgt meiner Leitung. Wagt nichts unbedachtsam. – Ich höre kommen, geht. Mortimer. Maria hofft! Kehr ich mit leerem Trost zu ihr zurück? Leicester. Bringt ihr die Schwüre meiner ew'gen Liebe! Mortimer. Bringt Ihr die selbst! Zum Werkzeug ihrer Rettung Bot ich mich an, nicht Euch zum Liebesboten! (Er geht ab). Neunter Auftritt Elisabeth. Leicester. Elisabeth. Wer ging da von Euch weg? Ich hörte sprechen. Leicester (sich auf ihre Rede schnell und erschrocken umwendend). Es war Sir Mortimer. Elisabeth. Was ist Euch, Lord? So ganz betreten? Leicester (faßt sich). – Über deinen Anblick! Ich habe dich so reizend nie gesehn, Geblendet steh ich da von deiner Schönheit. – Ach! Elisabeth. Warum seufzt Ihr? Leicester. Hab ich keinen Grund, Zu seufzen? Da ich deinen Reiz betrachte, Erneut sich mir der namenlose Schmerz Des drohenden Verlustes. Elisabeth. Was verliert Ihr? Leicester. Dein Herz, dein liebenswürdig Selbst verlier ich. Bald wirst du in den jugendlichen Armen Des feurigen Gemahls dich glücklich fühlen, Und ungeteilt wird er dein Herz besitzen. Er ist von königlichem Blut, das bin Ich nicht, doch Trotz sei aller Welt geboten, Ob einer lebt auf diesem Erdenrund, Der mehr Anbetung für dich fühlt als ich. Der Duc von Anjou hat dich nie gesehn, Nur deinen Ruhm und Schimmer kann er lieben. Ich liebe dich. Wärst du die ärmste Hirtin, Ich als der größte Fürst der Welt geboren, Zu deinem Stand würd' ich heruntersteigen, Mein Diadem zu deinen Füßen legen. Elisabeth. Beklag mich, Dudley, schilt mich nicht – Ich darf ja Mein Herz nicht fragen. Ach! das hätte anders Gewählt. Und wie beneid ich andre Weiber, Die das erhöhen dürfen, was sie lieben. So glücklich bin ich nicht, daß ich dem Manne, Der mir vor allen teuer ist, die Krone Aufsetzen kann! – Der Stuart ward's vergönnt, Die Hand nach ihrer Neigung zu verschenken; Die hat sich jegliches erlaubt, sie hat Den vollen Kelch der Freuden ausgetrunken. Leicester. Jetzt trinkt sie auch den bittern Kelch des Leidens. Elisabeth. Sie hat der Menschen Urteil nichts geachtet. Leicht wurd' es ihr, zu leben, nimmer lud sie Das Joch sich auf, dem ich mich unterwarf. Hätt' ich doch auch Ansprüche machen können, Des Lebens mich, der Erde Lust zu freun, Doch zog ich strenge Königspflichten vor. Und doch gewann sie aller Männer Gunst, Weil sie sich nur befliß, ein Weib zu sein, Und um sie buhlt die Jugend und das Alter. So sind die Männer. Lüstlinge sind sie alle! Dem Leichtsinn eilen sie, der Freude zu Und schätzen nichts, was sie verehren müssen. Verjüngte sich nicht dieser Talbot selbst, Als er auf ihren Reiz zu reden kam! Leicester. Vergib es ihm. Er war ihr Wächter einst, Die List'ge hat mit Schmeicheln ihn betört. Elisabeth. Und ist's denn wirklich wahr, daß sie so schön ist? So oft mußt' ich die Larve rühmen hören, Wohl möcht' ich wissen, was zu glauben ist. Gemälde schmeicheln, Schilderungen lügen, Nur meinen eignen Augen würd' ich traun. – Was schaut ihr mich so seltsam an? Leicester. Ich stellte Dich in Gedanken neben die Maria. – Die Freude wünscht' ich mir, ich berg es nicht, Wenn es ganz in geheim geschehen könnte, Der Stuart gegenüber dich zu sehn! Dann solltest du erst deines ganzen Siegs Genießen! Die Beschämung gönnt' ich ihr, Daß sie mit eignen Augen – denn der Neid Hat scharfe Augen – überzeugt sich sähe, Wie sehr sie auch an Adel der Gestalt Vor dir besiegt wird, der sie so unendlich In jeder andern würd'gen Tugend weicht. Elisabeth. Sie ist die Jüngere an Jahren. Leicester. Jünger! Man sieht's ihr nicht an. Freilich ihre Leiden! Sie mag wohl vor der Zeit gealtert haben. Ja, und was ihre Kränkung bittrer macht, Das wäre, dich als Braut zu sehn! Sie hat Des Lebens schöne Hoffnung hinter sich – Dich sähe sie dem Glück engegenschreiten Und als die Braut des Königssohns von Frankreich, Da sie sich stets so viel gewußt, so stolz Getan mit der französischen Vermählung, Noch jetzt auf Frankreichs mächt'ge Hilfe pocht! Elisabeth. (nachlässig hinwerfend). Man peinigt mich ja, sie zu sehn. Leicester (lebhaft). Sie fordert's Als eine Gunst, gewähr es ihr als Strafe! Du kannst sie auf das Blutgerüste führen, Es wird sie minder peinigen, als sich Von deinen Reizen ausgelöscht zu sehn. Dadurch ermordest du sie, wie sie dich Ermorden wollte – Wenn sie deine Schönheit Erblickt, durch Ehrbarkeit bewacht, in Glorie Gestellt, durch einen unbefleckten Tugendruf, Den sie, leichtsinnig buhlend, von sich warf, Erhoben durch der Krone Glanz und jetzt Durch zarte Bräutlichkeit geschmückt – dann hat Die Stunde der Vernichtung ihr geschlagen. Ja – wenn ich jetzt die Augen auf dich werfe – Nie warst du, nie zu einem Sieg der Schönheit Gerüsteter als eben jetzt – Mich selbst Hast du umstrahlt wie eine Lichterscheinung, Als du vorhin ins Zimmer tratest – Wie? Wenn du gleich jetzt, jetzt wie du bist, hinträtest Vor sie, du findest keine schönre Stunde – Elisabeth. Jetzt – Nein – Nein – Jetzt nicht, Leicester – Nein, das muß ich Erst wohl bedenken – mich mit Burleigh – Leicester (lebhaft einfallend). Burleigh! Der denkt allein auf deinen Staatsvorteil; Auch deine Weiblichkeit hat ihre Rechte, Der zarte Punkt gehört vor dein Gericht, Nicht vor des Staatsmanns – ja auch Staatskunst will es, Daß du sie siehst, die öffentliche Meinung Durch eine Tat der Großmut dir gewinnest! Magst du nachher dich der verhaßten Feindin, Auf welche Weise dir's gefällt, entladen. Elisabeth. Nicht wohlanständig wär' mir's, die Verwandte Im Mangel und in Schmach zu sehn. Man sagt, Daß sie nicht königlich umgeben sei – Vorwerfend wär' mir ihres Mangels Anblick. Leicester. Nicht ihrer Schwelle brauchst du dich zu nahn. Hör meinen Rat. Der Zufall hat es eben Nach Wunsch gefügt. Heut ist das große Jagen, An Fotheringhay führt der Weg vorbei, Dort kann die Stuart sich im Park ergehn, Du kommst ganz wie von ohngefähr dahin, Es darf nichts als vorherbedacht erscheinen, Und wenn es dir zuwider, redest du Sie gar nicht an – Elisabeth. Begeh ich eine Torheit, So ist es Eure, Leicester, nicht die meine. Ich will Euch heute keinen Wunsch versagen, Weil ich von meinen Untertanen allen Euch heut am wehesten getan. (Ihn zärtlich ansehend.) Sei's eine Grille nur von Euch. Dadurch Gibt Neigung sich ja kund, daß sie bewilligt Aus freier Gunst, was sie auch nicht gebilligt. (Leicester stürzt zu ihren Füßen, der Vorhang fällt.)