Friedrich Schiller - Don Carlos, Infant von Spanien - Kapitel 15 lyrics

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Friedrich Schiller - Don Carlos, Infant von Spanien - Kapitel 15 lyrics

Zehnter Auftritt. Der König und Marquis von Posa. (Dieser geht dem König, sobald er ihn gewahr wird, entgegen und läßt sich vor ihm auf ein Knie nieder, steht auf und bleibt ohne Zeichen der Verwirrung vor ihm stehen.) König (betrachtet ihn mit einem Blick der Verwunderung). Mich schon gesprochen also? Marquis. Nein. König. Ihr machtet Um meine Krone Euch verdient. Warum Entziehet Ihr Euch meinem Dank? In meinem Gedächtniß drängen sich der Menschen viel. Allwissend ist nur Einer. Euch kam's zu, Das Auge Eures Königes zu suchen. Weßwegen thatet Ihr das nicht? Marquis. Es sind Zwei Tage, Sire, daß ich ins Königreich Zurück gekommen. König. Ich bin nicht gesonnen, In meiner Diener Schuld zu stehn – Erbittet Euch eine Gnade. Marquis. Ich genieße die Gesetze. König. Dies Recht hat auch der Mörder. Marquis. Wie viel mehr Der gute Bürger! – Sire, ich bin zufrieden. König (für sich). Viel Selbstgefühl und kühner Muth, bei Gott! Doch das war zu erwarten – Stolz will ich Den Spanier. Ich mag es gerne leiden, Wenn auch der Becher überschäumt – Ihr tratet Aus meinen Diensten, hör' ich? Marquis. Einem Bessern Den Platz zu räumen, zog ich mich zurücke. König. Das thut mir leid. Wenn solche Köpfe feiern, Wie viel Verlust für einen Staat – Vielleicht Befürchtet Ihr, die Sphäre zu verfehlen, Die Eures Geistes würdig ist. Marquis. O nein! Ich bin gewiß, daß der erfahrne Kenner, In Menschenseelen, seinem Stoff, geübt, Beim ersten Blicke wird gelesen haben, Was ich ihm taugen kann. Was nicht. Ich fühle Mit demuthsvoller Dankbarkeit die Gnade, Die Eure königliche Majestät Durch diese stolze Meinung auf mich häufen; Doch – (Er hält inne.) König. Ihr bedenket Euch? Marquis. Ich bin – ich muß Gestehen, Sire, sogleich nicht vorbereitet, Was ich als Bürger dieser Welt gedacht, In Worte Ihres Unterthans zu kleiden. – Denn damals, Sire, als ich auf immer mit Der Krone aufgehoben, glaubt' ich mich Auch der Nothwendigkeit entbunden, ihr Von diesem Schritte Gründe anzugeben. König. So schwach sind diese Gründe? Fürchtet Ihr Dabei zu wagen? Marquis. Wenn ich Zeit gewinne, Sie zu erschöpfen, Sire – mein Leben höchstens. Die Wahrheit aber setz' ich aus, wenn Sie Mir diese Gunst verweigern. Zwischen Ihrer Ungnade und Geringschätzung ist mir Die Wahl gela**en – Muß ich mich entscheiden, Sie will ich ein Verbrecher lieber als Ein Thor vor Ihren Augen gehen. König (mit erwartender Miene). Nun? Marquis. – Ich kann nicht Fürstendiener sein. (Der König sieht ihn mit Erstaunen an.) Ich will Den Käufer nicht betrügen, Sire. – Wenn Sie Mich anzustellen würdigen, so wollen Sie nur die vorgewogne That. Sie wollen Nur meinen Arm und meinen Muth im Felde, Nur meinen Kopf im Rath. Nicht meine Thaten, Der Beifall, den sie finden an dem Thron, Soll meiner Thaten Endzweck sein. Mir aber, Mir hat die Tugend eignen Werth. Das Glück, Das der Monarch mit meinen Händen pflanzte, Erschüf' ich selbst, und Freude wäre mir Und eigne Wahl, was mir nur Pflicht sein sollte. Und ist das Ihre Meinung? Können Sie In Ihrer Schöpfung fremde Schöpfer dulden? Ich aber soll zum Meißel mich erniedern, Wo ich der Künstler könnte sein? – Ich liebe Die Menschheit, und in Monarchieen darf Ich Niemand lieben als mich selbst. König. Dies Feuer Ist lobenswerth. Ihr möchtet Gutes stiften. Wie Ihr es stiftet, kann dem Patrioten, Dem Weisen gleich viel heißen. Suchet Euch Den Posten aus in meinen Königreichen, Der Euch berechtigt, diesem edeln Triebe Genug zu thun. Marquis. Ich finde keinen. König. Wie? Marquis. Was Eure Majestät durch meine Hand Verbreiten – ist das Menschenglück? Ist das Da**elbe Glück, das meine reine Liebe Den Menschen gönnt? – Vor diesem Glücke würde Die Majestät erzittern – Nein! Ein neues Erschuf der Krone Politik – ein Glück, Das sie noch reich genug ist auszutheilen, Und in dem Menschenherzen neue Triebe, Die sich von diesem Glücke stillen la**en. In ihren Münzen läßt sie Wahrheit schlagen, Die Wahrheit, die sie dulden kann. Verworfen Sind alle Stempel, die nicht diesem gleichen. Doch, was der Krone frommen kann – ist das Auch mir genug? Darf meine Bruderliebe Sich zur Verkürzung meines Bruders borgen? Weiß ich ihn glücklich – eh' er denken darf? Mich wählen Sie nicht, Sire, Glückseligkeit, Die Sie uns prägen, auszustreun. Ich muß Mich weigern, diese Stempel auszugeben. – Ich kann nicht Fürstendiener sein. König (etwas rasch). Ihr seid Ein Protestant. Marquis (nach einigem Bedenken). Ihr Glaube Sire, ist auch Der meinige. (Nach einer Pause.) Ich werde mißverstanden. Das war es, was ich fürchtete. Sie sehen Von den Geheimnissen der Majestät Durch meine Hand den Schleier weggezogen. Wer sichert Sie, daß mir noch heilig heiße, Was mich zu schrecken aufgehört? Ich bin Gefährlich, weil ich über mich gedacht. – Ich bin es nicht, mein König. Meine Wünsche Verwesen hier. (Die Hand auf die Brust gelegt.) Die lächerliche Wuth Der Neuerung, die nur der Ketten Last, Die sie nicht ganz zerbrechen kann, vergrößert, Wird mein Blut nie erhitzen. Das Jahrhundert Ist meinem Ideal nicht reif. Ich lebe Ein Bürger derer, welche kommen werden. Kann ein Gemälde Ihre Ruhe trüben? – Ihr Athem löscht es aus. König. Bin ich der Erste, Der Euch von dieser Seite kennt? Marquis. Von dieser – Ja! König (steht auf, macht einige Schritte und bleibt dem Marquis gegenüber stehen. Für sich). Neu zum wenigsten ist dieser Ton! Die Schmeichelei erschöpft sich. Nachzuahmen Erniedrigt einen Mann von Kopf. – Auch einmal Die Probe von dem Gegentheil. – Warum nicht? Das Ueberraschende macht Glück. – Wenn Ihr Es so versteht, gut, so will ich mich Auf eine neue Kronbedienung richten – Den starken Geist – Marquis. Ich höre, Sire, wie klein, Wie niedrig Sie von Menschenwürde denken, Selbst in des freien Mannes Sprache nur Den Kunstgriff eines Schmeichlers sehen, und Mir däucht, ich weiß, wer Sie dazu berechtigt. Die Menschen zwangen Sie dazu; die haben Freiwillig ihres Adels sich begeben, Freiwillig sich auf diese niedre Stufe Herab gestellt.. Erschrocken fliehen sie Vor dem Gespenste ihrer innern Größe, Gefallen sich in ihrer Armuth, schmücken Mit feiger Weisheit ihre Ketten aus, Und Tugend nennt man, sie mit Anstand tragen. So überkamen Sie die Welt. So ward Sie Ihrem großen Vater überliefert. Wie könnten Sie in dieser traurigen Verstümmlung – Menschen ehren? König. Etwas Wahres Find' ich in diesen Worten. Marquis. Aber Schade! Da Sie den Menschen aus des Schöpfers Hand In Ihrer Hände Werk verwandelten Und dieser neugegoßnen Kreatur Zum Gott sich gaben – da versahen Sie's In etwas nur: Sie blieben selbst noch Mensch – Mensch aus des Schöpfers Hand. Sie fuhren fort Als Sterblicher zu leiden, zu begehren; Sie brauchen Mitgefühl – und einem Gott Kann man nur opfern – zittern – zu ihm beten! Bereuenswerther Tausch! Unselige Verdrehung der Natur! – Da Sie den Menschen Zu Ihrem Saitenspiel herunterstürzten, Wer theilt mit Ihnen Harmonie? König. (Bei Gott, Er greift in meine Seele!) Marquis. Aber Ihnen Bedeutet dieses Opfer nichts. Dafür Sind Sie auch einzig – Ihre eigne Gattung – Um diesen Preis sind Sie ein Gott. – Und schrecklich, Wenn das nicht wäre – wenn für diesen Preis, Für das zertretne Glück von Millionen, Sie nichts gewonnen hätten! wenn die Freiheit, Die Sie vernichteten, das Einz'ge wäre, Das Ihre Wünsche reifen kann? Ich bitte, Mich zu entla**en, Sire. Mein Gegenstand Reißt mich dahin. Mein Herz ist voll – der Reiz Zu mächtig, vor dem Einzigen zu stehen, Dem ich es öffnen möchte. (Der Graf von Lerma tritt herein und spricht einige Worte leise mit dem König. Dieser gibt ihm einen Wink, sich zu entfernen, und bleibt in seiner vorigen Stellung sitzen.) König (zum Marquis, nachdem Lerma weggegangen). Redet aus! Marquis (nach einigem Stillschweigen). Ich fühle, Sire, – den ganzen Werth – König. Vollendet! Ihr hattet mir noch mehr zu sagen. Marquis. Sire! Jüngst kam ich an von Flandern und Brabant. – So viele reiche, blühende Provinzen! Ein kräftiges, ein großes Volk – und auch Ein gutes Volk – und Vater dieses Volkes, Das, dacht' ich, das muß göttlich sein! – Da stieß Ich auf verbrannte menschliche Gebeine – (Hier schweigt er still; seine Augen ruhen auf dem König, der es versucht, diesen Blick zu erwiedern, aber betroffen und verwirrt zur Erde sieht.) Sie haben Recht. Sie müssen. Daß Sie können, Was Sie zu müssen eingesehen, hat mich Mit schaudernder Bewunderung durchdrungen. O Schade, daß, in seinem Blut gewälzt, Das Opfer wenig dazu taugt, dem Geist Des Opferers ein Loblied anzustimmen! Daß Menschen nur – nicht Wesen höhrer Art – Die Weltgeschichte schreiben! – Sanftere Jahrhunderte verdrängen Philipps Zeiten; Die bringen mildre Weisheit; Bürgerglück Wird dann versöhnt mit Fürstengröße wandeln, Der karge Staat mit seinen Kindern geizen, Und die Nothwendigkeit wird menschlich sein. König. Wann, denkt Ihr, würden diese menschlichen Jahrhunderte erscheinen, hätt' ich vor Dem Fluch des jetzigen gezittert? Sehet In meinem Spanien Euch um. Hier blüht Des Bürgers Glück in nie bewölktem Frieden; Und diese Ruhe gönn' ich den Flamändern. Marquis (schnell). Die Ruhe eines Kirchhofs! Und Sie hoffen, Zu endigen, was Sie begannen? hoffen, Der Christenheit gezeitigte Verwandlung, Den allgemeinen Frühling aufzuhalten, Der die Gestalt der Welt verjüngt? Sie wollen – Allein in ganz Europa – sich dem Rade Des Weltverhängnisses, das unaufhaltsam In vollem Laufe rollt, entgegenwerfen? Mit Menscharm in seine Speichen fallen? Sie werden nicht! Schon flohen Tausende Aus Ihren Ländern froh und arm. Der Bürger, Den Sie verloren für den Glauben, war Ihr edelster. Mit offnen Mutterarmen Empfängt die Fliehenden Elisabeth, Und fruchtbar blüht durch Künste unsers Landes Britannien. Verla**en von dem Fleiß Der neuen Christen, liegt Granada öde, Und jauchzend sieht Europa seinen Feind An selbstgeschlagnen Wunden sich verbluten. (Der König ist bewegt; der Marquis bemerkt es und tritt einige Schritte zurück.) Sie wollen pflanzen für die Ewigkeit, Und säen Tod? Ein so erzwungnes Werk Wird seines Schöpfers Geist nicht überdauern. Dem Undank haben Sie gebaut – umsonst Den harten Kampf mit der Natur gerungen, Umsonst ein großes königliches Leben Zerstörenden Entwürfen hingeopfert. Der Mensch ist mehr, als Sie von ihm gehalten. Des langen Schlummers Bande wird er brechen Und wiederfordern sein geheiligt Recht. Zu einem Nero und Busiris wirft Er Ihren Namen, und – das schmerzt mich; denn Sie waren gut. König. Wer hat Euch dessen so Gewiß gemacht? Marquis (mit Feuer). Ja, beim Allmächtigen! Ja – ja – ich wiederhol' es. Geben Sie, Was Sie uns nahmen, wieder! La**en Sie Großmüthig, wie der Starke, Menschenglück Aus Ihrem Füllhorn strömen – Geister reifen In Ihrem Weltgebäude! Geben Sie, Was Sie uns nahmen, wieder. Werden Sie Von Millionen Königen ein König. (Er nähert sich ihm kühn, und indem er feste und feurige Blicke auf ihn richtet.) O, könnte die Beredsamkeit von allen Den Tausenden, die dieser großen Stunde Theilhaftig sind, auf meinen Lippen schweben, Den Strahl, den ich in diesen Augen merke, Zur Flamme zu erheben! Geben Sie Die unnatürliche Vergöttrung auf, Die uns vernichtet! Werden Sie uns Muster Des Ewigen und Wahren! Niemals – niemals Besaß ein Sterblicher so viel, so göttlich Es zu gebrauchen. Alle Könige Europens huldigen dem spanischen Namen. Gehn Sie Europens Königen voran. Ein Federzug von dieser Hand, und neu Erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gedankenfreiheit. – (Sich ihm zu Füßen werfend.) König (überrascht, das Gesicht weggewandt und dann wieder au den Marquis geheftet). Sonderbarer Schwärmer! Doch – steht auf – ich – Marquis. Sehen Sie sich um In seiner herrlichen Natur! Auf Freiheit Ist sie gegründet – und wie reich ist sie Durch Freiheit! Er, der große Schöpfer, wirft In einen Tropfen Thau den Wurm und läßt Noch in den todten Räumen der Verwesung Die Willkür sich ergötzen – Ihre Schöpfung, Wie eng und arm! Das Rauschen eines Blattes Erschreckt den Herrn der Christenheit – Sie müssen Vor jeder Tugend zittern. Er – der Freiheit Entzückende Erscheinung nicht zu stören – Er läßt des Uebels grauenvolles Heer In seinem Weltall lieber toben – ihn, Den Künstler, wird man nicht gewahr, bescheiden Verhüllt er sich in ewige Gesetze; Die sieht der Freigeist, doch nicht ihn. Wozu Ein Gott? sagt er: die Welt ist sich genug. Und keines Christen Andacht hat ihn mehr, Als dieses Freigeists Lästerung, gepriesen. König. Und wollet Ihr es unternehmen, dies Erhabne Muster in der Sterblichkeit In meinen Staaten nachzubilden? Marquis. Sie, Sie können es. Wer anders? Weihen Sie Dem Glück der Völker die Regentenkraft, Die – ach, so lang – des Thrones Größe nur Gewuchert hatte – stellen Sie der Menschheit Verlornen Adel wieder her. Der Bürger Sei wiederum, was er zuvor gewesen, Der Krone Zweck – ihn binde keine Pflicht, Als seiner Brüder gleich ehrwürd'ge Rechte Der Landmann rühme sich des Pflugs und gönne Dem König, der nicht Landmann ist, die Krone. In seiner Werkstatt träume sich der Künstler Zum Bildner einer schönern Welt. Den Flug Des Denkers hemme ferner keine Schranke Als die Bedingung endlicher Naturen. Nicht in der Vatersorge stillem Kreis Erscheine der gekrönte Fremdling. Nie Erlaub' er sich, der Liebe heilige Mysterien unedel zu beschleichen. Die Menschheit zweifle, ob er ist. Belohnt Durch eignen Beifall, berge sich der Künstler Der angenehm betrogenen Maschine. Wenn nun der Mensch, sich selbst zurückgegeben, Zu seines Werths Gefühl erwacht – der Freiheit Erhabne, stolze Tugenden gedeihen – Dann, Sire, wenn Sie zum glücklichsten der Welt Ihr eignes Königreich gemacht – dann ist Es Ihre Pflicht, die Welt zu unterwerfen. König (nach einem großen Stillschweigen). Ich ließ Euch bis zum Ende reden – Anders, Begreif' ich wohl, als sonst in Menschenköpfen, Malt sich in diesem Kopf die Welt – auch will Ich fremdem Maßstab Euch nicht unterwerfen. Ich bin der Erste, dem Ihr Euer Innerstes Enthüllt. Ich glaub' es, weil ich's weiß. Um dieser Enthaltung willen, solche Meinungen, Mit solchem Feuer doch umfaßt, verschwiegen Zu haben bis auf diesen Tag – um dieser Bescheidnen Klugheit willen, junger Mann, Will ich vergessen, daß ich sie erfahren Und wie ich sie erfahren. Stehet auf. Ich will den Jüngling, der sich übereilte, Als Greis und nicht als König widerlegen. Ich will es, weil ich's will – Gift also selbst, Find' ich, kann in gutartigen Naturen Zu etwas Besserm sich veredeln – Aber Flieht meine Inquisition. – Es sollte Mir leid thun – Marquis. Wirklich? Sollt' es das? König (in seinem Anblick verloren). Ich habe Solch einen Menschen nie gesehen. – Nein, Nein, Marquis! Ihr thut mir zu viel. Ich will Nicht Nero sein. Ich will es nicht sein – will Es gegen Euch nicht sein. Nicht alle Glückseligkeit soll unter mir verdorren. Ihr selbst, Ihr sollet unter meinen Augen Fortfahren dürfen, Mensch zu sein. Marquis (rasch). Und meine Mitbürger, Sire? – O! nicht um mich war mir's Zu thun, nicht meine Sache wollt' ich führen. Und Ihre Unterthanen, Sire? – König. Und wenn Ihr so gut wisset, wie die Folgezeit Mich richten wird, so lerne sie an Euch, Wie ich mit Menschen es gehalten, als Ich einen fand. Marquis. O! der gerechteste Der Könige sei nicht mit einem Male Der ungerechteste in Ihrem Flandern Sind tausend Bessere als ich. Nur Sie – Darf ich es frei gestehen, großer König? – Sie sehn jetzt unter diesem sanftern Bilde Vielleicht zum ersten Mal die Freiheit. König (mit gemildertem Ernst). Nichts mehr Von diesem Inhalt, junger Mann. – Ich weiß, Ihr werdet anders denken, kennet Ihr Den Menschen erst, wie ich – Doch hätt' ich Euch Nicht gern zum letzten Mal gesehn. Wie fang ich Es an, Euch zu verbinden? Marquis. La**en Sie Mich, wie ich bin. Was wär' ich Ihnen, Sire, Wenn Sie auch mich bestächen? König. Diesen Stolz Ertrag' ich nicht. Ihr seid von heute an In meinen Diensten. – Keine Einwendung! Ich will es haben. (Nach einer Pause.) Aber wie? was wollte Ich denn? War es nicht Wahrheit, was ich wollte? Und hier find' ich noch etwas mehr – Ihr habt Auf meinem Thron mich ausgefunden, Marquis. Nicht auch in meinem Hause? (Da sich der Marquis zu bedenken scheint). Ich versteh' Euch Doch – wär' ich auch von allen Vätern der Unglücklichste, kann ich nicht glücklich sein Als Gatte? Marquis. Wenn ein hoffnungsvoller Sohn, Wenn der Besitz der liebenswürdigsten Gemahlin einem Sterblichen ein Recht In diesem Namen geben, Sire, so sind Sie Der Glücklichste durch Beides. König (mit finstrer Miene). Nein, ich bin es nicht! Und daß ich's nicht bin, hab' ich tiefer nie Gefühlt, als eben jetzt – (Mit einem Blick der Wehmuth auf dem Marquis verweilend.) Marquis. Der Prinz denkt edel Und gut. Ich hab' ihn anders nie gefunden. König. Ich aber hab' es – Was er mir genommen, Kann keine Krone mir ersetzen – eine So tugendhafte Königin Marquis. Wer kann Es wagen, Sire? König. Die Welt! Die Lästerung! Ich selbst! – Hier liegen Zeugnisse, die ganz Unwidersprechlich sie verdammen; andre Sind noch vorhanden, die das Schrecklichste Mich fürchten la**en – Aber, Marquis – schwer, Schwer fällt es mir, an eines nur zu glauben. Wer klagt sie an? – Wenn sie sie fähig sollte Gewesen sein, so tief sich zu entehren, O, wie viel mehr ist mir zu glauben dann Erlaubt, daß eine Eboli verleumdet? Haßt nicht der Priester meinen Sohn und sie? Und weiß ich nicht, daß Alba Rache brütet? Mein Weib ist mehr werth, als sie alle. Marquis. Sire, Und etwas lebt noch in des Weibes Seele, Das über allen Schein erhaben ist Und über alle Lästerung – es heißt Weibliche Tugend. König. Ja! Das sag' ich auch. So tief, als man die Königin bezichtigt, Herab zu sinken, kostet viel. So leicht, Als man mich überreden möchte, reißen Der Ehre heil'ge Bande nicht. Ihr kennt Den Menschen, Marquis. Solch ein Mann hat mir Schon längst gemangelt, Ihr seid gut und fröhlich, Und kennet doch den Menschen auch – drum hab' Ich Euch gewählt – Marquis (überrascht und erschrocken). Mich, Sire? König. Ihr standet Vor Eurem Herrn und habt nichts für Euch selbst Erbeten – nichts. Das ist mir neu – Ihr werdet Gerecht sein. Leidenschaft wird Euren Blick Nicht irren – Dränget Euch zu meinem Sohn, Erforscht das Herz der Königin. Ich will Euch Vollmacht senden, sie geheim zu sprechen. Und jetzt verlaßt mich! (Er zieht eine Glocke.) Marquis. Kann ich es mit einer Erfüllten Hoffnung? dann ist dieser Tag Der schönste meines Lebens. König (reicht ihm die Hand zum Kusse). Er ist kein Verlorner in dem meinigen. (Der Marquis steht auf und geht. Graf Lerma tritt herein.) Der Ritter Wird künftig ungemeldet vorgela**en.