Christof Stählin - Antwort-Schreiben einer Braut an einen gewissen Pfarrer lyrics

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Christof Stählin - Antwort-Schreiben einer Braut an einen gewissen Pfarrer lyrics

Monsieur, sie sparen die Karessen Mitsamt der freien Schmeichelei Ein Mensch, der den Verstand vergessen Meint, daß ich schon ein Engel sei – Von ihnen steht mir dieser Titel Mit Gunst gesagt, so gar nicht an! Warum? Es ist nun mehr kein Mittel Das sie und mich verbinden kann! Mich wundert, daß sie sich nicht schämen Als ein berufner Gottes-Mann Manch schlüpfrig Wort in Mund zu nehmen Das keine Keuschheit leiden kann! Auf Kanzeln macht ihr heil'ger Eifer Uns Mädchen stets die Hölle heiß Und weckt dadurch der Mißgunst Geifer Der unsern Kuß zu höhnen weiß! Und gleichwohl stellt oft ihr Exempel Die allergrößten Heuchler vor Sie prahlen auf Altar und Tempel Und donnern in des Pöbels Ohr! Von außen la**en sie als Engel Doch sieht ein Kluger auf den Grund So stecken sie voll großer Mängel So wie des Pharisäers Mund! Monsieur, sie wollen zwar vexieren Das kommt nicht apostolisch raus – Der Schafspelz soll sie etwas zieren Doch füttert ihn der Wolfsbalg aus! Sie schwatzen viel von Pfaffenschätzen Und reden mir aus Hochmut ein Den Kaufmann hinten an zu setzen Und wollen Hahn im Korbe sein! Sie mögen mit den blonden Haaren Und ihrer silbernen Couleur Zu andern auf die Hochzeit fahren – Ich weiß mein Teil und mag nichts mehr! Sie schielen an Verstand und Witze – Der Fehler ist gewiß nicht schlecht Drum mach ich mir auch jetzt zunütze Was nächst ihr Reim geradebrecht! Ihr Tippelswalde mag sie nähren Und bald als Suprintenten sehn – Mir darf es doch kein Brot gewähren Denn dies kann anderwärts geschehn! Mein Liebster, den ich jetzo küsse Und der mich wieder zärtlich küßt Macht mir das Leben auch so süße Als ein hochwürdig Ämtchen ist! Der Kirchhof unter meinem Kleide Ist nicht für ihren Leib bestimmt – Der Vergleichspunkt ist hier die Erde In die der Körper gebettet wird! Sie suchen andre Liebesfreude Bei einer, die mit Quendel glimmt Eine, die sich besonder parfümiert! Und wollen sie sonst keine Myrten So mögen's Hasepappeln sein Die ihren Schlaf und Haar umgürten – Adieu, Monsieur, sie sind nicht mein!