Barbara Thalheim - Höhlenlied lyrics

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Barbara Thalheim - Höhlenlied lyrics

Wir haben in der Höhle gesessen Und irgend geklaute Sachen gefressen Und alles war irgendwie komisch verdreckt Aber es hat, ja, es hat nach Abenteuer geschmeckt – Das war damals gewesen, in jenen Jahren Als wir noch so klein, wie die Kleinen waren Die heute wohl nicht mehr in Höhlen sitzen Weil sie die Wohnungen ihrer Eltern besitzen! Unsere Eltern sind die letzten Helden gewesen Sie haben gehungert, Broschüren gelesen Sie hatten geschossen und waren gestorben Sie wurden verstoßen, vergessen umworben Sie haben sich hoch und flach gedient Die Herzen geöffnet, die Seelen vermint – Ihre Schuld war klein, ihre Kraft war groß Ihr Leben ging erst nach dem Ende los Doch sie hatten noch Kraft und konnten es wagen Erneut ihre flachen Wurzeln zu schlagen Wieder zu wachsen nach allem Ende Und nicht zu wuchern über's Gelände! Ja, so haben es unsere Eltern gemacht Und wir haben unsere Zeit in der Höhle verbracht Aber jetzt hat die Welt eine Form gefunden – Nichts mehr im Dunkeln, alles gebunden Da wirkt alles so klein, was man tut! Auf das wilde Stück Land, wo unsre Höhle war Wo man nur grün und unbesiegbare Sträucher sah Wird jetzt eine große Kaufhalle gestopft Der Bauch unseres Stadtteils – doch wo bleibt der Kopf? Manchmal möchte ich auch heute noch eine Höhle haben Wo es dunkel ist und man ist unter sich Einen kleinen Teil der Erde selber haben Wo man sich verbergen kann, auch wenn es nicht sein muss Allem Anfang näher wäre als dem Schluss! Wir haben in der Höhle gesessen Auf's Heldentum vergangener Zeiten versessen Aber keiner wollte sein unser Feind So sind unsre großen Pläne versteint! In der Schule hat man uns Halstuch und Sprüche gegeben: "Ihr lernt nur für euer eigenes Leben!" Was soll denn das für ein Leben sein – Was soll da alles drin wichtig sein? Unser Leben begann erst nach zwölf Uhr Die Schulen im Rücken hinterließ kaum 'ne Spur Den Wohnungsschlüssel auf unserer Brust Benutzten wir nicht, wir hatten zu anderem Lust! Wir haben die Straßen und Höfe gestürmt Angst gefühlt und sind doch nicht getürmt Streiche erfunden, Leute erschreckt Und bei den Großen Schwäche entdeckt – Die Schoßhunde unserer Nachbarn gequält Und immer die scheinbare Freiheit gewählt Durchsuchten die dunkelsten Keller und Plätze Was keiner mehr wollte, das war'n uns're Schätze Das haben wir ins Dunkel der Höhle gebracht! Und es war immer um Mitternacht Wenn wir in unserer Höhle saßen Am Feuer geröstete Schrippen aßen Und jeder Ton von draußen uns schreckte Und die Hoffnung auf wirkliche Feinde weckte Wir freuten uns drauf, uns selbst zu befrei'n – Doch verdammt und verflucht, es musste nie sein! Aber nirgends war'n wie in dem engen Bau Unsre Träume so weit und so ungenau! Manchmal möchte ich heute noch eine Höhle haben Wo man träumen kann und nicht an Grenzen stößt Eine Handvoll Leute, wie sich selber haben Und nur auf sich selber hör'n, auch wenn man nicht viel weiß – Nur an große Dinge denken und nicht an den Preis! Wir saßen auf den Treppenstufen Rauchten und fühlten uns gerufen – Das Verstecken brachte auch nicht mehr viel Wir suchten und fanden kein neues Spiel! Wir sah'n unsre Eltern ratloser werden Ihre Pflichten wie Himmel, ihre Wünsche wie Erden Ihre Vorschläge schlugen gar nicht mehr ein Und die Freiheit der Höhle war auch schon zu klein! So saßen wir auf den Treppenstufen Als würde man grade nach unsereins rufen – Das Gerufensein aber blieb ein Gefühl Die Rufe war'n zu allgemein und es riefen zuviel! Sie gingen an unserer Höhle vorbei Wie klein und wie dunkel auch immer sie sei! So kommt's, da** ich heute noch manchmal find' Da** wir noch gar nicht richtig aufgestanden sind – Noch gar nicht wissen, was wir wollen Nur grade mal können, was wir sollen Und damit woll'n wir nicht zufrieden sein Und so fallen uns Höhlen und Stufen ein Wo man ganz eng aneinanderrückt Ein dunkles, ein kleines, ein Gruppenglück Wo man sich sagt: "Wenn dir alles missrät Die Höhle ist etwas, das immer geht!" Manchmal möchte ich auch heute noch eine Höhle haben Wo man träumen kann und die man dann verlässt Einen kleinen Teil der Erde selber haben Und am großen Rest beteiligt sein Denn die Freiheit einer Höhle ist zu klein!