Durchwachte Nacht Wie sank die Sonne glüh und schwer, Und aus versengter Welle dann Wie wirbelte der Nebel Heer Die sternenlose Nacht heran! – Ich höre ferne Schritte gehn – Die Uhr schlägt Zehn. Noch ist nicht alles Leben eingenickt, Der Schlafgemächer letzte Türen knarren; Vorsichtig in der Rinne Bauch gedrückt, Schlüpft noch der Iltis an des Giebels Sparren, Die schlummertrunkne Färse murrend nickt, Und fern im Stalle dröhnt des Rosses Scharren, Sein müdes Schnauben, bis vom Mohn getränkt, Es schlaff die regungslose Flanke senkt. Betäubend gleitet Fliederhauch Durch meines Fensters offnen Spalt, Und an der Scheibe grauem Rauch Der Zweige wimmelnd Neigen wallt. Matt bin ich, matt wie die Natur! – Elf schlägt die Uhr. O wunderliches Schlummerwachen, bist Der zartren Nerve Fluch du oder Segen? – 's ist eine Nacht, vom Taue wach geküßt, Das Dunkel fühl' ich kühl wie feinen Regen An meine Wangen gleiten, das Gerüst Des Vorhangs scheint sich schaukelnd zu bewegen, Und dort das Wappen an der Decke Gips Schwimmt sachte mit dem Schlängeln des Polyps. Wie mir das Blut im Hirne zuckt! Am Söller geht Geknister um, Im Pulte raschelt es und ruckt, Als drehe sich der Schlüssel um. Und – horch, der Seiger hat gewacht! s' ist Mitternacht. War das ein Geisterlaut? So schwach und leicht Wie kaum berührten Glases schwirrend Klingen, Und wieder wie verhaltnes Weinen steigt Ein langer Klageton aus den Syringen, Gedämpfter, süßer nun, wie tränenfeucht Und selig kämpft verschämter Liebe Ringen; – O Nachtigall, das ist kein wacher Sang, Ist nur im Traum gelöster Seele Drang. Da kollert's nieder vom Gestein! Des Turmes morsche Trümmer fällt, Das Käuzlein knackt und hustet drein; Ein jäher Windesodem schwellt Gezweig und Kronenschmuck des Hains; – Die Uhr schlägt Eins. Und drunten das Gewölke rollt und klimmt; Gleich einer Lampe aus dem Hünenmale Hervor des Mondes Silbergondel schwimmt, Verzitternd auf der Ga**e blauem Stahle; An jedem Fliederblatt ein Fünkchen glimmt, Und hell gezeichnet von dem bla**en Strahle Legt auf mein Lager sich des Fensters Bild, Vom schwa*ken Laubgewimmel überhüllt. Jetzt möcht' ich schlafen, schlafen gleich, Entschlafen unterm Mondeshauch, Umspielt vom flüsternden Gezweig, Im Blute Funken, Funk' im Strauch Und mir im Ohre Melodei; – Die Uhr schlägt Zwei. Und immer heller wird der süße Klang, Das liebe Lachen; es beginnt zu ziehen Gleich Bildern von Daguerre die Deck' entlang, Die aufwärts steigen mit des Pfeiles Fliehen; Mir ist, als seh' ich lichter Locken Hang, Gleich Feuerwürmern seh' ich Augen glühen, Dann werden feucht sie, werden blau und lind, Und mir zu Füßen sitzt ein schönes Kind. Es sieht empor, so fromm gespannt, Die Seele strömend aus dem Blick; Nun hebt es gaukelnd seine Hand, Nun zieht es lachend sie zurück; Und – horch, des Hahnes erstem Schrei! – Die Uhr schlägt Drei. Wie bin ich aufgeschreckt, – o süßes Bild, Du bist dahin, zerflossen mit dem Dunkel! Die unerfreulich graue Dämmrung quillt, Verloschen ist des Flieders Taugefunkel, Verrostet steht des Mondes Silberschild, Im Walde gleitet ängstliches Gemunkel, Und meine Schwalbe an des Frieses Saum Zirpt leise, leise auf im schweren Traum. Der Tauben Schwärme kreisen scheu, Wie trunken, in des Hofes Rund, Und wieder gellt des Hahnes Schrei, Auf seiner Streue rückt der Hund, Und langsam knarrt des Stalles Tür – Die Uhr schlägt Vier. Da flammt's im Osten auf, – o Morgenglut! Sie steigt, sie steigt, und mit dem ersten Strahle Strömt Wald und Heide vor Gesangesflut, Das Leben quillt aus schäumendem Pokale, Es klirrt die Sense, flattert Falkenbrut, Im nahen Forste schmettern Jagdsignale, Und wie ein Gletscher sinkt der Träume Land Zerrinnend in des Horizontes Brand.