Annette von Droste-Hülshoff - Gemüt und Leben - Kapitel 21 lyrics

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Annette von Droste-Hülshoff - Gemüt und Leben - Kapitel 21 lyrics

Erzählende Gedichte Das erste Gedicht Auf meiner Heimat Grunde, Da steht ein Zinnenbau, Schaut finster in die Runde Aus Wimpern schwer und grau; An seiner Fenster Gittern Wimmert des Kauzes Schrei, Und drüber siehst du wittern Den sonnentrunknen Weih. Ein Wächter fest wie Klippen, Von keinem Sturm bewegt, Der in den harten Rippen Gar manche Kugel trägt; Ein Mahner auch, ein strenger, Des Giebel grün und feucht Mit spitzem Hut und Fänger Des Hauses Geist besteigt. Und sieht ihn das Gesinde Am Fahnenschafte stehn, Sich, wirbelnd vor dem Winde, Mit leisem Schreie drehn, Dann pocht im Schloßgemäuer Gewiß die Totenuhr, Oder ein tückisch Feuer Frißt glimmend unterm Flur. Wie hab' ich ihn umstrichen Als Kind oft stundenlang, Bin heimlich dann geschlichen Den schwer verpönten Gang Hinauf die Wendelstiege, Die unterm Tritte bog, Bis zu des Sturmes Wiege, Zum Hahnenbalken hoch. Und saß ich auf dem Balken Im Dämmerstrahle falb, Mich fühlend halb als Falken, Als Mauereule halb, Dann hab' ich aus dem Brodem Den Geist zitiert mit Mut, Ich, Hauch von seinem Odem Und Blut von seinem Blut. Doch als nun immer tiefer Die Schlangenstiege sank, Als schiefer stets und schiefer Dräute die Stufenbank, Da klomm' ich sonder Harren Hinan den Zinnenring, Und in des Daches Sparren Barg ich ein heimlich Ding. Das sollten Enkel finden, Wenn einst der Turm zerbrach: Es sollte etwas künden, Das mir am Herzen lag. Nun sinn' ich oft vergebens, Was mich so tief bewegt, Was mit Gefahr des Lebens Ich in den Spalt gelegt? Mir sagt ein Ahnden leise, Es sei, gepflegt und glatt, Von meinem Lorbeerreise Das arme erste Blatt. Auch daß es just gewittert, Mir wie im Traume scheint, Und daß ich sehr gezittert Und bitterlich geweint. Zerfallen am Gewände Ist längst der Stiege Rund, Kaum liegt noch vom Gelände Ein morsches Brett am Grund; Und wenn die Balken knarren, Im Sturm die Fahne kreist, Dann gleitet an den Sparren Nicht mehr des Ahnen Geist. Er mag nicht ferner hausen, Wo aller Glaube schwand; Ich aber stehe draußen Und schau' hinauf die Wand, Späh' durch der Sonne Lodern, In welcher Ritze wohl Es einsam mag vermodern, Mein schüchtern arm Idol. Nie sorgt' ein Falke schlechter Für seine erste Brut! Doch du, mein grauer Wächter, Nimm es in deine Hut; Und ist des Daches Schiene Hinfürder nicht zu traun, So laß die fromme Biene Dran ihre Zelle baun!