Clemens von Droste An seinem Denkmal saß ich, das Getreibe Des Lebens schwoll und wogt' in den Alleen, Ich aber mochte nur zum Himmel sehn, Von dem ihr Silber goß die Mondenscheibe. Und alle Schmerzenskeime fühlt' ich sprießen, Im Herzen sich entfalten, Blatt um Blatt, Und allen Segen fühlt' ich niederfließen Um eines Christen heil'ge Schlummerstatt. Da nahte durch die Gräser sich ein Rauschen, Geflüster hallte an der Marmorwand, Der mir so teure Name ward genannt, Und leise Wechselrede hört' ich tauschen. Es waren tiefe achtungsvolle Worte, Und dennoch war es mir, als dürfe hier Kein anderer an dem geweihten Orte, Kein Wesen ihn betrauern neben mir. Wer könnte unter diesen Gräbern wandeln, Der ihn gekannt wie ich, so manches Jahr, Der seine Kindheit sah, so frisch und klar, Des Jünglings Glut, des Mannes kräftig Handeln? Welch fremdes Aug' hat in den ernsten Lettern, Dem strengen Wort des Herzens Schlag erkannt? Die Blitze saht ihr, aber aus den Wettern Saht ihr auch segnen eines Engels Hand? Sie standen da wie vor Pantheons Hallen, Wie unter Bannern, unter Lorbeerlaub; Ich saß an einem Hügel, wo zu Staub Der Menschenherzen freundlichstes zerfallen. Sie redeten von den zersprengten Kreisen, Die all er wie ein mächt'ger Reif geeint; Ich dachte an die Witwen und die Waisen, Die seinem dunklen Sarge nachgeweint. Sie redeten von seines Geistes Walten, Von seinem starken, ungebeugten Sinn, Und wie er nun der Wissenschaft dahin, Der Mann, an dem sich mancher Arm gehalten; Ich hörte ihres Lobes Wogen schießen Es waren Worte wohlgemeint und wahr, Doch meine Tränen fühlt' ich heißer fließen, Als ob man ihn verkenne ganz und gar. Und endlich hört' ich ihre Stimmen schwinden, Ihr letztes Wort war eine Klage noch: Daß nicht so leicht ein gleiches Wissen doch, Daß selten nur ein gleicher Geist zu finden. Ich aber, beugend in des Denkmals Schatten, Hab' seines Grabes feuchten Halm geküßt: »Wo gibt es einen Vater, einen Gatten Und einen Freund, wie du gewesen bist!«