Annette von Droste-Hülshoff - 1844- Kapitel 36 lyrics

Published

0 102 0

Annette von Droste-Hülshoff - 1844- Kapitel 36 lyrics

Gedichte vermischten Inhalts Mein Beruf »Was meinem Kreise mich enttrieb, Der Kammer friedlichem Gela**e?« Das fragt ihr mich, als sei, ein Dieb, Ich eingebrochen am Parna**e. So hört denn, hört, weil ihr gefragt: Bei der Geburt bin ich geladen, Mein Recht, so weit der Himmel tagt, Und meine Macht von Gottes Gnaden. Jetzt, wo hervor der tote Schein Sich drängt am modervollen Stumpfe, Wo sich der schönste Blumenrain Wiegt über dem erstorbnen Sumpfe, Der Geist, ein blutlos Meteor, Entflammt und lischt im Moorgeschwele, Jetzt ruft die Stunde: »Tritt hervor, Mann oder Weib, lebend'ge Seele! »Tritt zu dem Träumer, den am Rand Entschläfert der Datura Odem, Der, langsam gleitend von der Wand, Noch zucket gen den Zauberbrodem. Und wo ein Mund zu lächeln weiß Im Traum, ein Auge noch zu weinen, Da schmettre laut, da flüstre leis, Trompetenstoß und West in Hainen! »Tritt näher, wo die Sinnenlust Als Liebe gibt ihr wüstes Ringen, Und durch der eignen Mutter Brust Den Pfeil zum Ziele möchte bringen, Wo selbst die Schande flattert auf, Ein lustiges Panier zum Siege, Da rüttle hart: ,Wach auf, wach auf, Unsel'ger, denk an deine Wiege! »,Denk an das Aug', das überwacht Noch eine Freude dir bereitet, Denk an die Hand, die manche Nacht Dein Schmerzenslager dir gebreitet, Des Herzens denk, das einzig wund Und einzig selig deinetwegen, Und dann knie nieder auf den Grund Und fleh um deiner Mutter Segen!' »Und wo sich träumen wie in Haft Zwei einst so glüh ersehnte Wesen, Als hab' ein Priesterwort die Kraft, Der Banne seligsten zu lösen, Da flüstre leise: ,Wacht, o wacht! Schaut in das Auge euch, das trübe, Wo dämmernd sich Erinnrung facht, Und dann: wach auf, o heil'ge Liebe!' »Und wo im Schlafe zitternd noch Vom Opiat die Pulse klopfen, Das Auge dürr, und gäbe doch Sein Sonnenlicht um einen Tropfen O, rüttle sanft: ,Verarmter, senk Die Blicke in des Äthers Schöne, Kos' einem blonden Kind und denk An der Begeistrung erste Träne.' So rief die Zeit, so ward mein Amt Von Gottes Gnaden mir gegeben, So mein Beruf mir angestammt, Im frischen Mut, im warmen Leben; Ich frage nicht, ob ihr mich nennt, Nicht fröhnen mag ich kurzem Ruhme, Doch wißt: wo die Sahara brennt, Im Wüstensand, steht eine Blume, Farblos und Duftes bar, nichts weiß Sie, als den frommen Tau zu hüten Und dem Verschmachtenden ihn leis In ihrem Kelche anzubieten. Vorüber schlüpft die Schlange scheu, Und Pfeile ihre Blicke regnen, Vorüber rauscht der stolze Leu, Allein der Pilger wird sie segnen.