Die Kleine mit den Schwefelhölzern
Läuft in kalter Neujahrsnacht
Kein Gröschlein und kein Hellerlein
Hat heut' sie noch nach Haus' gebracht
Die kleinen Händchen blau und rot
Sylvestenacht, Sylvesternot –
Die Turmuhr schlägt das alte Jaht tot!
Ein Häuserwinkel lockt, die müden
Füßchen laufen hin geschwind
Da lauert es, da kauert es
Und hungernd, lungernd schaut das Kind –
Zu Haus' der Vater ballt die Faust
Dem Kindlein vor dem Heimgeh'n graust!
"Ein Schwefelhölzchen – eines nur
Es wärme mich – wie dröhnt die Uhr
Geschwind, geschwind
Wie pfeift der Wind!
An rauher Mauer reib dein Köpfchen wund
Und – ritsch – wie brennt es so bunt!
Ah! – Wie wärmst du so schön!
Ich meine gar, einen Ofen zu seh'n –
Wie knistern die Scheite
Wie pra**elt die Glut –
Lieber Ofen bleibe
Wie tust du mir gut!"
O weh – das Flämmchen erlischt in der Hand –
Das Hölzchen ist abgebrannt!
"Du kleines Licht, du kurzes Glück
Was fliehst du vor dem armen Kind?"
"Ich fliehe nicht, mich jagt nur
Gottes eisiger Dezemberwind!
Der blies mich aus ganz ohne Not
Sylvesterwind kennt kein Gebot –
Sylvesterwind, der wehte mich tot!"
"Verkaufst du nichts, mein holdes Kind
Was taugen noch die Hölzchen dir?
Der Vater flucht und schlägt dich noch
Bringst du kein Geld für Schnaps und Bier!"
Der Hunger nagt – wie brennt der Schnee
Wie tun die starren Finger weh!
"Ein Schwefelhölzchen – eines noch
Es wärme mich – so tu es doch!
Geschwind, geschwind
Wie pfeift der Wind!
An rauher Mauer reib dein Köpfchen wund
Und – ritsch – wie brennt es so bunt!
Ah! – Wie wärmst du so schön
Ich mein' gar, einen Christbaum zu seh'n –
Wie duftet's nach Speisen
Wie fiebert das Blut –
Lieber Christbaum bleibe
Wie tust du mir gut!"
O weh – das Flämmchen erlischt in der Hand –
Das Hölzchen ist abgebrannt!
Die Christbaumlichter schwinden hin
Und steigen sacht zum Himmel auf
Und werden lauter Sternelein
Die tuen ihre Augen auf –
Es teilen sich die Wolken schnell
Der ganze Himmel wird so hell
Beleuchten gar die himmlische Schwell'!
"Ein Sternlein fällt herab
An einem langen Feuerband
Wie lehrte mich die Mutter einst?
Ein Sternlein fällt – jetzt stirbt jemand!
Ach, lieber Gott, dein Kind ist arm
Bei dir ist's ganz gewiss schön warm!
All' meine Hölzchen zünd' ich an
Da** ich den Himmel sehen kann!
Geschwind, geschwind
Wie pfeift der Wind!
An rauher Mauer reib die Köpfchen wund
Und – ritsch – wie brennt ihr so bunt!
Ah! – Wie wärmt ihr so schön –
Ich mein' gar, meine Mutter zu seh'n!
Liebe Mutter, hol mich in den himmlischen Raum
Zum warmen Ofen und zum Weihnachtsabaum!"
O weh – das Flämmchen erlischt in der Hand –
Die Hölzchen sind abgebrannt!
In kalter Morgenstunde lehnt, mit Bäckchen glühend rot
Im Winkel an der Mauer, ein Kindlein tot –
Die Händchen noch umklammern viele Hölzchen – zwanzig Stück –
Ums Mündche aber weht ein Lächeln von erhaschtem Glück!