An einem Sonntagnachmittag, als ich nicht Böses ahnte Da klingelt's Sturm und draußen stehen liebe Anverwandte: "Als freudige Überraschung Nur einmal reinschaun wollten wir! Ganz auf die schnelle, auf'n Sprung Und, nun sind wir hier!" Die Tante blickte daraufhin und wurde zusehends stumm Sich ungemein erschrocken in meinen vier Wänden um: "Wo sind die Rüschen? Der Brokat? Der Schmuck? Der Perser? der Glanz? Hier ist ja alles so fad Ohne Brillianz und Eleganz! So kahl! Mein Gott, wie sieht es den hier aus! Sag', ist das wirklich dein Zuhaus?" Und aus der Tante Stimme klang die Erschütterung "Kinder, hier fehlt ja noch die Hälfte von der Einrichtung! Da ist ja überall noch jede Menge Platz Für'n Schränkchen oder'n Gummibaum mit Untersatz! Die spärlichen Bilder wirken wie dämonische Fratzen Und die Sessel sind wie doppelte Matratzen! Na, guck sich das mal einer an Wie ein Mensch hier leben kann! Doch es gibt nichts, was nicht zu ändern wär' Wir haben dir was Schönes mitgebracht!" Worauf der Onkel ein Rechteck mit Bedacht Von seiner Hülle befreite und ausrief: "Das ist wahre Kunst!"
Mir war nach Essig - und ich sah Öl:»Rotwild in der Brunst« Benommen hörte ich den Onkel sagen in herzlichem Ton: "Ich häng' es dir gleich an die Wand, zu Inspiration! Den Rahmen - echt Renaissance - Hab' ich, er war vorher so braun Frisch gestrichen mit Goldbronze Und das putzt den ganzen Raum! Denn: Mein Gott, wie sieht es den hier aus! Das ist doch wirklich kein Zuhaus! Außerdem hängt hier noch viel zu wenig an der Wand - Zu Ostern kriegst du Dürers»Betende Hand«! Wie hinter dieser Plastikstreifen-Gardine gemütlich sitzen? Hier guckt doch sicher ständig jemand durch die Ritzen! Und diese Stehlampe! Wie 'ne Haube vom Frisör! Die wahre Kunst beginnt beim Interieur!" Also sprach die Tante: "Es ist nun mal wie's ist: Zeig mir dein Mobiliar, und ich zeig' dir, wer du bist! Den Ersten Schritt zum»Wer«hast du ja nun getan Mit unser'm Ölbild, drum schau's dir täglich an!" Wenn ich das alles so im nachhinein bedenk' Dann war das Ölbild ein sehr löbliches Geschenk Hat es mich doch zu diesem Lied inspiriert Bevor es nun im Keller Kultur repräsentiert!