75. Der Fuchs und die Katze
Es trug sich zu, daß die Katze in einem Walde dem Herrn Fuchs begegnete, und weil sie dachte: »Er ist gescheit und wohlerfahren, und gilt viel in der Welt, so sprach sie ihm freundlich zu. »Guten Tag, lieber Herr Fuchs, wie geht's, wie steht's? Wie schlagt ihr Euch durch in dieser teuren Zeit?« Der Fuchs, alles Hochmuts voll, betrachtete die Katze von Kopf bis zu Füßen und wußte lange nicht, ob er eine Antwort geben sollte. Endlich sprach er: »O du armseliger Bartputzer, du buntscheckiger Narr, du Hungerleider und Mäusejäger, was kommt dir in den Sinn? Du unterstehst dich zu fragen, wie mir's gehe? Was hast du gelernt? Wie viel Künste verstehst du?« »Ich verstehe nur eine einzige,« antwortete bescheidentlich die Katze. »Was ist das für eine Kunst?« fragte der Fuchs. »Wenn die Hunde hinter mir her sind, so kann ich auf einen Baum springen und mich retten.« »Ist das alles?« sagte der Fuchs, »ich bin Herr über hundert Künste und habe überdies noch einen Sack voll Liste. Du jammerst mich, komm mit mir, ich will dich lehren wie man den Hunden entgeht.« Indem kam ein Jäger mit vier Hunden daher. Die Katze sprang behend auf einen Baum und setzte sich in den Gipfel, wo Äste und Laubwerk sie völlig verbargen. »Bindet den Sack auf, Herr Fuchs, bindet den Sack auf,« rief ihm die Katze zu, aber die Hunde hatten ihn schon gepackt und hielten ihn fest. »Ei, Herr Fuchs,« rief die Katze, »Ihr bleibt mit Euern hundert Künsten stecken. Hättet Ihr heraufkriechen können wie ich, so wär's nicht um Euer Leben geschehen.«