Gemüt
Grün ist die Flur, der Himmel blau,
Doch tausend Farben spielt der Tau:
Es hofft die Erde bis zum Grabe.
Gewährung fiel dem Himmel zu;
Und sprich, was ist denn deine Gabe,
Gemüt, der Seele Iris du?
Du Tropfen Wolkentau, der sich
In unsrer Scholle Poren schlich,
Daß er dem Himmel sie gewöhne
An seinem lieblichsten Gedicht,
Du, irdisch heilig wie die Träne,
Und himmlisch heilig wie das Licht!
Ein Tropfen nur, ein Widerschein,
Doch alle Wunder saugend ein,
Ob, Perle, dich am Blatte wiegend
Und spielend um der Biene Fuß,
Ob, süßer Traum, im Grase liegend
Und lächelnd bei des Halmes Gruß.
O, Erd' und Himmel lächeln auch,
Wenn du, geweckt vom Morgenhauch,
Gleich einem Kinde hebst den weichen
Verschämten Mondesblick zum Tag,
Erharrend, was die Hand des Reichen
Von Glanz und Duft dir geben mag.
Lächle nur, lächle für und für,
Des Kindes Reichtum wird auch dir;
Dir wird des Zweiges Blatt zur Halle,
Zum Sammet dir des Mooses Vließ,
Opale, funkelnde Metalle
Wäscht Muschelscherbe dir und Kies.
Des kranken Blattes rötlich Grün
Drückt auf die Stirn dir den Rubin,
Mit Chrysolithes goldnen Flittern
Schmückt deinen Spiegel Kraut und Gras,
Und selbst des dürren Laubes Zittern
Schenkt dir den bräunlichen Topas.
Und gar, wenn losch das Sonnenlicht
Und nun dein eigenstes Gedicht
Morgana deines Seees gaukelt,
Ein Traum von Licht um deinen Ball
Und zarte Schattenbilder schaukelt,
Gefangne Geister im Kristall:
Dann schläfst du, schläfst in eigner Haft,
Läßt walten die verborgene Kraft,
Was nicht dem Himmel, nicht der Erden,
Was deiner Schöpfung nur bewußt,
Was nie gewesen, nie wird werden,
Die Embryone deiner Brust.
O lächle, träume immer zu,
Iris der Seele, Tropfen du!
Den Wald laß rauschen, im Gewimmel
Entfunkeln laß der Sterne Reihn;
Du hast die Erde, hast den Himmel,
Und deine Geister obendrein.