Spoken prose: Wenn ich mir jetzt, meine lieben Zuhörer, eine Brille aufsetze, und Sie mir freundlichst erlauben in Ihre Stube hinein zu Ihnen zu sprechen, in Ihren eigenen Bereich hineinzuschaun, so hat das mit der Brille ja heute eine eigene Bewandtnis. Vor einigen Tagen sah ich, wie ein netter junger Mann nach Anbruch der Dunkelheit sich eine alles noch mehr verdunkelnde Sonnenbrille aufsetzte. Ein andermal hörte ich, wie jemand zu seinem Nachbarn sagte: "Eine rosarote Brille, und alles sieht gleich ganz anders aus!" Da habe ich mich gefragt: Was sieht denn gleich ganz anders aus? Und wie oft hören wir doch heute: "Ich habe nicht den richtigen Überblick!" "Ich sehe da nicht mehr klar!" "Tch schaue da nicht mehr hindurch!" Sollten da vielleicht zu viel Sonnenbrillen und zu viel rosarote Brillen mit im Spiel gewesen sein? Wer immer nur bu*tercremetorte isst, weiß eines Tages gar nicht mehr, wie bu*tercremetorte schmeckt. Und wer sich eine Sonnenbrille oder eine rosarote Brille aufsetzt, der muss nicht meinen, da** Gott unseren wahren Alltag nicht sieht. ER ist unser Optiker. ER braucht keinen Kneifer und keinen Aussichtsturm. ER ist weitsichtig und kurzsichtig zugleich. ER sieht uns an und durch uns hindurch. Durch und durch. Für und für. La**en Sie mich schließen mit einem Wort, das uns die Augen öffnen helfen will, mit einem Wort des böhmischen Wanderpredigers Heinrich Ignaz Mützenbecher, der da sagt: "Möge, der du sein werdest, dann siehst du, was du sein dürftest!" Guten Abend!