Gotthold Ephraim Lessing - Nathan Der Weise - Kapitel 35 lyrics

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Gotthold Ephraim Lessing - Nathan Der Weise - Kapitel 35 lyrics

Dritter Auftritt Szene: die Palmen vor Nathans Hause, wo der Tempelherr auf- und niedergeht. Ins Haus nun will ich einmal nicht. – Er wird Sich endlich doch wohl sehen la**en! – Man Bemerkte mich ja sonst so bald, so gern! – Will's noch erleben, daß er sich's verbittet, Vor seinem Hause mich so fleißig finden Zu la**en. – Hm! – ich bin doch aber auch Sehr ärgerlich. – Was hat mich denn nun so Erbittert gegen ihn? – Er sagte ja: Noch schlüg' er mir nichts ab. Und Saladin Hat's über sich genommen, ihn zu stimmen. – Wie? sollte wirklich wohl in mir der Christ Noch tiefer nisten, als in ihm der Jude? – Wer kennt sich recht? Wie könnt' ich ihm denn sonst Den kleinen Raub nicht gönnen wollen, den Er sich's zu solcher Angelegenheit Gemacht, den Christen abzujagen? – Freilich; Kein kleiner Raub, ein solch Geschöpf! – Geschöpf? Und wessen? – Doch des Sklaven nicht, der auf Des Lebens öden Strand den Block geflößt, Und sich davongemacht? Des Künstlers doch Wohl mehr, der in dem hingeworfnen Blocke Die göttliche Gestalt sich dachte, die Er dargestellt? – Ach! Rechas wahrer Vater Bleibt, trotz dem Christen, der sie zeugte, – bleibt In Ewigkeit der Jude. – Wenn ich mir Sie lediglich als Christendirne denke, Sie sonder alles das mir denke, was Allein ihr so ein Jude geben konnte: – Sprich, Herz, – was wär' an ihr, das dir gefiel? Nichts! Wenig! Selbst ihr Lächeln, wär' es nichts Als sanfte schöne Zuckung ihrer Muskeln; Wär', was sie lächeln macht, des Reizes unwert, In den es sich auf ihrem Munde kleidet: – Nein; selbst ihr Lächeln nicht! Ich hab es ja Wohl schöner noch an Aberwitz, an Tand, An Höhnerei, an Schmeichler und an Buhler Verschwenden sehn! – Hat's da mich auch bezaubert? Hat's da mir auch den Wunsch entlockt, mein Leben In seinem Sonnenscheine zu verflattern? – Ich wüßte nicht. Und bin auf den doch launisch, Der diesen höhern Wert allein ihr gab? Wie das? warum? – Wenn ich den Spott verdiente, Mit dem mich Saladin entließ! Schon schlimm Genug, daß Saladin es glauben konnte! Wie klein ich ihm da scheinen mußte! wie Verächtlich! – Und das alles um ein Mädchen? – Curd! Curd! das geht so nicht. Lenk ein! Wenn vollends Mir Daja nur was vorgeplaudert hätte, Was schwerlich zu erweisen stünde? – Sieh, Da tritt er endlich, im Gespräch vertieft, Aus seinem Hause! – Ha! mit wem! – Mit ihm? Mit meinem Klosterbruder? – Ha! so weiß Er sicherlich schon alles! ist wohl gar Dem Patriarchen schon verraten! – Ha! Was hab ich Querkopf nun gestiftet! – Daß Ein einz'ger Funken dieser Leidenschaft Doch unsers Hirns so viel verbrennen kann! – Geschwind entschließ dich, was nunmehr zu tun! Ich will hier seitwärts ihrer warten; – ob Vielleicht der Klosterbruder ihn verläßt.