Georg Wilhelm Friedrich Hegel - Phänomenologie des Geistes - Kapitel 59 lyrics

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel - Phänomenologie des Geistes - Kapitel 59 lyrics

Der Geist erhält hier diese Wirklichkeit, weil die Extreme, deren Einheit er ist, ebenso unmittelbar die Bestimmung haben, für sich eigne Wirklichkeiten zu sein. Ihre Einheit ist zersetzt in spröde Seiten, deren jede für die andre wirklicher von ihr ausgeschlossener Gegenstand ist. Die Einheit tritt daher als eine Mitte hervor, welche von der abgeschiedenen Wirklichkeit der Seiten ausgeschlossen und unterschieden wird; sie hat daher selbst eine wirkliche von ihren Seiten unterschiedne Gegenständlichkeit, und ist für sie, d.h. sie ist Daseiendes. Die geistige Substanz tritt als solche in die Existenz, erst indem sie zu ihren Seiten solche Selbstbewußtsein gewonnen hat, welche dieses reine Selbst als unmittelbar geltende Wirklichkeit wissen, und darin ebenso unmittelbar wissen, dies nur durch die entfremdende Vermittlung zu sein. Durch jenes sind die Momente zu der sich selbst wissenden Kategorie und damit bis dahin geläutert, daß sie Momente des Geistes sind; durch dieses tritt er als Geistigkeit in das Dasein. – Er ist so die Mitte, welche jene Extreme voraussetzt, und durch ihr Dasein erzeugt wird, – aber ebenso das zwischen ihnen hervorbrechende geistige Ganze, das sich in sie entzweit und jedes erst durch diese Berührung zum Ganzen in seinem Prinzipe erzeugt. – Daß die beiden Extreme schon an sich aufgehoben und zersetzt sind, bringt ihre Einheit hervor, und diese ist die Bewegung, welche beide zusammenschließt, ihre Bestimmungen austauscht, und sie, und zwar in jedem Extreme, zusammenschließt. Diese Vermittlung setzt hiemit den Begriff eines jeden der beiden Extreme in seine Wirklichkeit, oder sie macht das, was jedes an sich ist, zu seinem Geiste. Die beiden Extreme, die Staatsmacht und das edelmütige Bewußtsein, sind durch dieses zersetzt, jene in das abstrakte Allgemeine, dem gehorcht wird, und in den fürsichseienden Willen, welcher ihm aber noch nicht selbst zukommt; dieses in den Gehorsam des aufgehobnen Daseins oder in das An-sich-sein der Selbstachtung und der Ehre, und in das noch nicht aufgehobene reine Für-sich-sein, den im Hinterhalte noch bleibenden Willen. Die beiden Momente, zu welchen beide Seiten gereinigt, und die daher Momente der Sprache sind, sind das abstrakte Allgemeine, welches das allgemeine Beste heißt, und das reine Selbst, das im Dienste seinem ins vielfache Dasein versenkten Bewußtsein absagte. Beide sind im Begriffe da**elbe, denn reines Selbst ist eben das abstrakt Allgemeine, und daher ist ihre Einheit als ihre Mitte gesetzt. Aber das Selbst ist nur erst am Extreme des Bewußtseins wirklich – das An-sich aber erst am Extreme der Staatsmacht; dem Bewußtsein fehlt dies, daß die Staatsmacht nicht nur als Ehre, sondern wirklich an es übergegangen wäre, – der Staatsmacht, daß ihr nicht nur als dem sogenannten allgemeinen Besten gehorcht würde, sondern als Willen, oder daß sie das entscheidende Selbst ist. Die Einheit des Begriffes, in welchem die Staatsmacht noch steht, und zu dem das Bewußtsein sich geläutert hat, wird in dieser vermittelnden Bewegung wirklich, deren einfaches Dasein, als Mitte, die Sprache ist. – Sie hat jedoch zu ihren Seiten noch nicht zwei als Selbst vorhandene Selbst; denn die Staatsmacht wird erst zum Selbst begeistet; diese Sprache ist daher noch nicht der Geist, wie er sich vollkommen weiß und ausspricht. Das edelmütige Bewußtsein, weil es das Extrem des Selbsts ist, erscheint als dasjenige, von dem die Sprache ausgeht, durch welche sich die Seiten des Verhältnisses zu beseelten Ganzen gestalten. – Der Heroismus des stummen Dienstes wird zum Heroismus der Schmeichelei. Diese sprechende Reflexion des Dienstes macht die geistige sich zersetzende Mitte aus, und reflektiert nicht nur ihr eigenes Extrem in sich selbst, sondern auch das Extrem der allgemeinen Gewalt in dieses selbst zurück, und macht sie, die erst an sich ist, zum Für-sich-sein und zur Einzelnheit des Selbstbewußtseins. Es wird hiedurch der Geist dieser Macht, ein unumschränkter Monarch zu sein; – unumschränkt: die Sprache der Schmeichelei erhebt die Macht in ihre geläuterte Allgemeinheit; das Moment als Erzeugnis der Sprache, des zum Geiste geläuterten Daseins, ist eine Vereinigte Sichselbstgleichheit, – Monarch: sie erhebt ebenso die Einzelnheit auf ihre Spitze; dasjenige, dessen das edelmütige Bewußtsein sich nach dieser Seite der einfachen geistigen Einheit entäußert, ist das reine An-sich seines Denkens, sein Ich selbst. Bestimmter erhebt sie die Einzelnheit, die sonst nur ein Gemeintes ist, dadurch in ihre daseiende Reinheit, daß sie dem Monarchen den eignen Namen gibt; denn es ist allein der Name, worin der Unterschied des Einzelnen von allen andern nicht gemeint ist, sondern von allen wirklich gemacht wird; in dem Namen gilt der Einzelne als rein Einzelner nicht mehr nur in seinem Bewußtsein, sondern im Bewußtsein Aller. Durch ihn also wird der Monarch schlechthin von Allen abgesondert, ausgenommen und einsam; in ihm ist er das Atom, das von seinem Wesen nichts mitteilen kann und nicht seinesgleichen hat. – Dieser Name ist hiemit die Reflexion in sich oder die Wirklichkeit, welche die allgemeine Macht an ihr selbst hat; durch ihn ist sie der Monarch. Er, dieser Einzelne, weiß umgekehrt dadurch sich diesen Einzelnen als die allgemeine Macht, daß die Edeln nicht nur als zum Dienst der Staatsmacht bereit, sondern als Zieraten sich um den Thron stellen, und daß sie dem, der darauf sitzt, es immer sagen, was er ist. Die Sprache ihres Preises ist auf diese Weise der Geist, der in der Staatsmacht selbst die beiden Extreme zusammenschließt; sie reflektiert die abstrakte Macht in sich und gibt ihr das Moment des andern Extrems, das wollende und entscheidende Für-sich-sein, und hiedurch selbstbewußte Existenz; oder dadurch kommt dies einzelne wirkliche Selbstbewußtsein dazu, sich als die Macht gewiß zu wissen. Sie ist der Punkt des Selbsts, in den durch die Entäußerung der innern Gewißheit die vielen Punkte zusammengeflossen sind. – Indem aber dieser eigne Geist der Staatsmacht darin besteht, seine Wirklichkeit und Nahrung an dem Opfer des Tuns und des Denkens des edelmütigen Bewußtseins zu haben, ist sie die sich entfremdete Selbstständigkeit; das edelmütige Bewußtsein, das Extrem des Für-sich-seins erhält das Extrem der wirklichen Allgemeinheit für die Allgemeinheit des Denkens, der es sich entäußerte, zurück; die Macht des Staats ist auf es übergegangen. An ihm wird die Staatsgewalt erst wahrhaft betätigt; in seinem Für-sich-sein hört sie auf, das träge Wesen, wie sie als Extrem des abstrakten An-sich-seins erschien, zu sein. – An sich betrachtet heißt die in sich reflektierte Staatsmacht, oder dies, daß sie Geist geworden, nichts anderes, als daß sie Moment des Selbstbewußtseins geworden, d.h. nur als aufgebobne ist. Hiemit ist sie nun das Wesen als ein solches, dessen Geist es ist, aufgeopfert und preisgegeben zu sein, oder sie existiert als Reichtum. – Sie bleibt zwar dem Reichtume, zu welchem sie dem Begriffe nach immer wird, gegenüber zugleich als eine Wirklichkeit bestehen; aber eine solche, deren Begriff eben diese Bewegung ist, durch den Dienst und die Verehrung, wodurch sie wird, in ihr Gegenteil, in die Entäußerung der Macht, überzugehen. Für sich wird also das eigentümliche Selbst, das ihr Willen ist, durch die Wegwerfung des edelmütigen Bewußtseins, zur sich entäußernden Allgemeinheit, zu einer vollkommnen Einzelnheit und Zufälligkeit, die jedem mächtigern Willen preisgegeben ist; was ihm an allgemein anerkannter und nicht mittelbarer Selbstständigkeit bleibt, ist der leere Namen. Wenn also das edelmütige Bewußtsein sich als dasjenige bestimmte, welches sich auf die allgemeine Macht auf eine gleiche Weise bezöge, so ist die Wahrheit desselben vielmehr, in seinem Dienste sein eignes Für-sich-sein sich zu behalten, in der eigentlichen Entsagung seiner Persönlichkeit aber das wirkliche Aufheben und Zerreißen der allgemeinen Substanz zu sein. Sein Geist ist das Verhältnis der völligen Ungleichheit, einerseits in seiner Ehre seinen Willen zu behalten; andererseits in dem Aufgeben desselben teils seines Innern sich zu entfremden, und zur höchsten Ungleichheit mit sich selbst zu werden, teils die allgemeine Substanz darin sich zu unterwerfen und diese sich selbst völlig ungleich zu machen. – Es erhellt, daß damit seine Bestimmtheit, die es im Urteile gegen das hatte, welches niederträchtiges Bewußtsein hieß, und hiedurch auch dieses verschwunden ist. Das letztere hat seinen Zweck erreicht, nämlich die allgemeine Macht unter das Für-sich-sein zu bringen. So durch die allgemeine Macht bereichert, existiert das Selbstbewußtsein als die allgemeine Wohltat, oder sie ist der Reichtum, der selbst wieder Gegenstand für das Bewußtsein ist. Denn er ist diesem das zwar unterworfne Allgemeine, das aber durch dies erste Aufheben noch nicht absolut in das Selbst zurückgegangen ist. – Das Selbst hat noch nicht sich als Selbst, sondern das aufgehobne allgemeine Wesen zum Gegenstande. Indem dieser erst geworden, ist die unmittelbare Beziehung des Bewußtseins auf ihn gesetzt, das also noch nicht seine Ungleichheit mit ihm dargestellt hat; es ist das edelmütige Bewußtsein, welches an dem unwesentlich gewordenen Allgemeinen sein Für-sich-sein erhält, daher ihn anerkennt und gegen den Wohltäter dankbar ist. Der Reichtum hat an ihm selbst schon das Moment des Für-sich-seins. Er ist nicht das selbstlose Allgemeine der Staatsmacht, oder die unbefangene unorganische Natur des Geistes, sondern sie, wie sie durch den Willen an ihr selbst festhält gegen den, der sich ihrer zum Genuß bemächtigen will. Aber indem der Reichtum nur die Form des Wesens hat, ist dies einseitige Für-sich-sein, das nicht an sich, sondern vielmehr das aufgehobne An-sich ist, die in seinem Genusse wesenlose Rückkehr des Individuums in sich selbst. Er bedarf also selbst der Belebung; und die Bewegung seiner Reflexion besteht darin, daß er, der nur für sich ist, zum An- und Für-sich-sein, daß er, der das aufgehobene Wesen ist, zum Wesen werde; so erhält er seinen eigenen Geist an ihm selbst. – Da vorhin die Form dieser Bewegung auseinandergesetzt worden, so ist es hinreichend, hier den Inhalt derselben zu bestimmen. Das edelmütige Bewußtsein bezieht sich also hier nicht auf den Gegenstand als Wesen überhaupt, sondern es ist das Für-sich-sein selbst, das ihm ein Fremdes ist; es findet sein Selbst als solches entfremdet vor, als eine gegenständliche feste Wirklichkeit, die es von einem andern festen Für-sich-sein zu empfangen hat. Sein Gegenstand ist das Für-sich-sein; also das Seinige; aber dadurch, daß es Gegenstand ist, ist es zugleich unmittelbar eine fremde Wirklichkeit, welche eigenes Für-sich-sein, eigner Willen ist, das heißt, es sieht sein Selbst in der Gewalt eines fremden Willens, von dem es abhängt, ob er ihm da**elbe abla**en will. Von jeder einzelnen Seite kann das Selbstbewußtsein abstrahieren, und behält darum in einer Verbindlichkeit, die eine solche betrifft, sein Anerkanntsein und An-sich-gelten als für sich seienden Wesens. Hier aber sieht es sich von der Seite seiner reinen eigensten Wirklichkeit, oder seines Ichs außer sich und einem Andern angehörig, sieht seine Persönlichkeit als solche abhängig von der zufälligen Persönlichkeit eines Andern, von dem Zufall eines Augenblicks, einer Willkür oder sonst des gleichgültigsten Umstandes. – Im Rechtszustande erscheint, was in der Gewalt des gegenständlichen Wesens ist, als ein zufälliger Inhalt, von dem abstrahiert werden kann, und die Gewalt betrifft nicht das Selbst als solches, sondern dieses ist vielmehr anerkannt. Allein hier sieht es die Gewißheit seiner als solche das wesenloseste, die reine Persönlichkeit absolute Unpersönlichkeit zu sein. Der Geist seines Dankes ist daher das Gefühl wie dieser tiefsten Verworfenheit so auch der tiefsten Empörung. Indem das reine Ich selbst sich außer sich und zerrissen anschaut, ist in dieser Zerrissenheit zugleich alles, was Kontinuität und Allgemeinheit hat, was Gesetz, gut und recht heißt, auseinander und zugrunde gegangen; alles gleiche ist aufgelöst, denn die reinste Ungleichheit, die absolute Unwesentlichkeit des absolut Wesentlichen, das Außer-sich-sein des Für-sich-seins ist vorhanden; das reine Ich selbst ist absolut zersetzt. Wenn also von dem Reichtum dies Bewußtsein wohl die Gegenständlichkeit des Für-sich-seins zurückerhält und sie aufhebt, so ist es nicht nur seinem Begriffe nach, wie die vorhergehende Reflexion nicht vollendet, sondern für es selbst unbefriedigt; die Reflexion, da das Selbst sich als ein Gegenständliches empfängt, ist der unmittelbare Widerspruch im reinen Ich selbst gesetzt. Als Selbst steht es aber zugleich unmittelbar über diesem Widerspruche, ist die absolute Elastizität, welche dies Aufgehobensein des Selbsts wieder aufhebt, diese Verworfenheit, daß ihm sein Für-sich-sein als ein Fremdes werde, verwirft, und gegen dies Empfangen seiner selbst empört, im Empfangen selbst für sich ist. Indem also das Verhältnis dieses Bewußtseins mit dieser absoluten Zerrissenheit verknüpft ist, fällt in seinem Geiste der Unterschied desselben, als edelmütiges gegen das niederträchtige bestimmt zu sein, hinweg, und beide sind da**elbe. – Der Geist des wohltuenden Reichtums kann ferner von dem Geiste des die Wohltat empfangenden Bewußtseins unterschieden werden, und ist besonders zu betrachten. – Er war das wesenlose Für-sich-sein, das preisgegebne Wesen. Durch seine Mitteilung aber wird er zum An-sich; indem er seine Bestimmung erfüllte, sich aufzuopfern, hebt er die Einzelnheit, für sich nur zu genießen, auf, und als aufgehobne Einzelnheit ist er Allgemeinheit oder Wesen. – Was er mitteilt, was er andern gibt, ist das Für-sich-sein. Er gibt sich aber nicht hin als eine selbstlose Natur, als die unbefangen sich preisgebende Bedingung des Lebens, sondern als selbstbewußtes, sich für sich haltendes Wesen: er ist nicht die unorganische Macht des Elements, welche von dem empfangenden Bewußtsein als an sich vergänglich gewußt wird, sondern die Macht über das Selbst, die sich unabhängig und willkürlich weiß, und die zugleich weiß, daß was sie ausspendet, das Selbst eines Andern ist. – Der Reichtum teilt also mit dem Klienten die Verworfenheit, aber an die Stelle der Empörung tritt der Übermut. Denn er weiß nach der einen Seite, wie der Klient, das Für-sich-sein als ein zufälliges Ding; aber er selbst ist diese Zufälligkeit, in deren Gewalt die Persönlichkeit steht. In diesem Übermute, der durch eine Mahlzeit ein fremdes Ich-selbst erhalten, und sich dadurch die Unterwerfung von dessen innerstem Wesen erworben zu haben meint, übersieht er die innere Empörung des andern; er übersieht die vollkommene Abwerfung aller Fessel, diese reine Zerrissenheit, welcher, indem ihr die Sichselbstgleichheit des Für-sich-seins schlechthin ungleich geworden, alles Gleiche, alles Bestehen zerrissen ist, und die daher die Meinung und Ansicht des Wohltäters am meisten zerreißt. Er steht unmittelbar vor diesem innersten Abgrunde, vor dieser bodenlosen Tiefe, worin aller Halt und Substanz verschwunden ist; und er sieht in dieser Tiefe nichts als ein gemeines Ding, ein Spiel seiner Laune, einen Zufall seiner Willkür; sein Geist ist die ganz wesenlose Meinung, die geistverlaßne Oberfläche zu sein.