Genius Deutschland - Hausarbeit: Das Frauenbild im gegenwärtigen deutschen Hip Hop lyrics

Published

0 344 0

Genius Deutschland - Hausarbeit: Das Frauenbild im gegenwärtigen deutschen Hip Hop lyrics

HAUSARBEIT: Das Frauenbild im gegenwärtigen deutschen Hip Hop (20.10.2013) INHALTSVERZEICHNIS: A: Einleitung B: Strömungen im gegenwärtigen deutschen Hip Hop C: Werkan*lysen: •Bushido •Sido •Muso •Casper •Die Orsons D: Fazit E: Literaturverzeichnis *** A: EINLEITUNG: Der gesellschaftliche Wandel hin zu einer respektvollen, würdevollen und gleichberechtigten Ethik für Frauen: In Deutschland hat er vor noch nicht allzu langer Zeit begonnen und er schreitet seitdem weiterhin voran. Simone de Beauvoirs Gedanken waren für Europa epocheprägend und –verändernd. In ihrem 1949, erst vor ca. 60 Jahren, erschienenen Buch „Le Deuxième Sexe (Das andere Geschlecht) wies sie mit Argumenten aus biologischer, psychoan*lytischer und historischer Sicht darauf hin: „Männer seien die Norm, das Absolute – Frauen das Andersartige, das negative Spiegelbild des Männlichen. Männer seien das erste, Frauen, wie es der französische Titel impliziert, das zweite Geschlecht.“ In ihrer Geschichte über die Frauenbewegung schreibt Michaela Karl weiter über Simone de Beauvoirs Buch: „Bei seinem Erscheinen löste das Buch aufgrund der Thematik und der schonungslosen Offenheit, […] in Frankreich einen Skandal aus.“ Noch zu dieser Zeit waren die Themen der Unterdrückung und Abwertung von Frauen also tief in der Gesellschaft verborgen. Erst nach und nach durch die Bemühungen verschiedener Aktivistinnen gelangten sie im vergangenen Jahrhundert an die Oberfläche. Auch in Deutschland begannen sich Frauen aus ihren engen Rollenvorgaben zu befreien. Selbst 1968 im Zuge der studentischen revolutionären Aktivitäten wurden Forderungen der Frauen aber noch nicht ernst genommen: „Wollten die Frauen auf ihre missliche Lage aufmerksam machen, ernteten sie nur Unverständnis und Gelächter. Die enttäuschenden Erfahrungen innerhalb der studentischen Gruppen machten den Frauen deutlich, da** die Transformation der Gesellschaft noch lange nicht ihre eigene Situation verbessern würde.“ Der gesellschaftliche Wandel schritt weiter voran, 1976 eröffnete in Berlin das erste Frauenhaus und 1978 verklagte Alice Schwarzer den Stern wegen seiner s**istischen Frauendarstellungen. Sie sah in einem Titelfoto einen „Verstoß gegen die Menschenwürde aller Frauen“, da es „die Frau zum bloßen Sexualobjekt degradierte.“ In der DDR wurden bereits ab 1949 Gesetze erla**en, die den Mutter- und Kinderschutz regelten, sowie die Rechte der Frauen. Sie erhielten das Recht auf Arbeit und damit auf die ökonomische Unabhängigkeit von Männern. Frauen blieben allerdings weiterhin zu drei Vierteln in Berufen mit geringen Gehältern. Im 21. Jahrhundert besitzen nun alle Frauen in Europa endlich das Wahlrecht und es gab viele Verbesserungen für die Lebensumstände der Frauen in Deutschland. Dennoch ist die Situation in vielen Lebensbereichen erschreckend gleich geblieben: 1995 waren zum Beispiel 8% der Lehrstuhlinhaber weiblich, bis 2006 stieg der Anteil auf weiterhin nur 15 % an. Mehr als die Hälfte junger Mädchen wählt auch heute nur „typisch weibliche“ Berufe, wie Arzthelferin, Bürokauffrau, Verkäuferin oder Friseurin. Insgesamt ist zu sehen, da** in der nahen Vergangenheit in Europa viel in Bewegung kam für die Verbesserung der Lebenssituation von Frauen. Andererseits bleiben viele Missstände bestehen und Vieles ruft noch nach Veränderung. Folgendes Zitat von Michaela Karl formuliert sehr deutlich, wo wir heute stehen: „Weltweit verdienen Frauen nur etwa zehn Prozent des Welteinkommens und besitzen weniger als zehn Prozent des Welteigentums. Der Frauenanteil der Armen liegt bei über 70 %, Tendenz steigend. Die Gewalt gegen Frauen nimmt zu. Zwei Drittel aller an*lphabeten sind Frauen.“ Tiefgreifende Veränderungen für unsere gesellschaftlichen Strukturen bleiben also weiterhin unabdingbar für das Wohlbefinden aller Lebewesen auf unserem Planeten. Damit ist auch die Arbeit, noch verborgene oder nicht genug beachtete Missstände aufzudecken und Maßnahmen zu treffen, fortzuführen. Im Rahmen der Genderforschung in der Musikwissenschaft konzentriere ich mich mit diesem Ziel vorrangig in aufdeckender Weise auf das Frauenbild im gegenwärtigen deutschen Hip Hop. Musik ist ein wichtiger Teil der menschlichen Gesellschaft und kann vor dem Hintergrund der Genderforschung nicht unbeachtet bleiben. Mit ihrem oft multimedialen Charakter (Musik, Text, Bilder auf Albumcovers, bewegte Bilder in Musikvideos, u.a.) transportiert sie auf mehreren Ebenen Inhalte in die Gesellschaft. Diese Inhalte sind j**eils ein Beitrag zum Diskurs über Weiblichkeit und Geschlechterrollen- und formen diesen Diskurs mit. Sara Mills‘ Definition des Begriffs Diskurs ist folgende: „Ein Diskurs ist eine Menge von sanktionierten Aussagen, denen eine bestimmte institutionelle Kraft innewohnt, was wiederum bedeutet, da** sie einen nachhaltigen Einfluss auf das Denken und Handeln von Individuen haben.“ Das Wort „sanktioniert“ betrachte ich dabei abgeleitet von „sanktionieren“ im Sinne von „billigen, gutheißen [u. dadurch legitimieren]“ und einen Diskurs folglich als Ansammlung von legitimierten und gebilligten Aussagen. Bei den Aussagen, die in Deutschland durch Musik verbal oder nonverbal in einen Diskurs eingebracht werden, handelt es sich indirekt auch um eine Legitimierung durch institutionelle Autorität. Erst kürzlich wurde deutlich, welchen Einfluss Institutionen auf die Inhalte in Liedern haben. Das Album des Rappers Shindy mit dem Song „Stress ohne Grund“ darf nach einer Prüfung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nur noch an Erwachsene verkauft und nicht beworben werden. Dem Rap-Teil des deutschen Rappers Bushido im Song wird dabei vorgeworfen, „verrohend“ zu sein, er „reize zu Gewalttätigkeiten an und diskriminiere Frauen sowie h*mos**uelle“ , zitiert der Spiegel die Bundesprüfstelle. Jede Äußerung deutscher Künstler erfährt durch diese Institution also eine Prüfung und anschließende Legitimierung, wenn sie nicht auf dem sog. „Index“ landet. Daher halte ich Sara Mills Definition für pa**end, um sie auf die Musik anzuwenden. Die Legitimierung durch unsere Institutionen führen laut ihr zu einem nachhaltigen Einfluss auf das Denken und Handeln von Individuen, wie oben bereits erwähnt. Den Bereich der Musik halte ich für sehr bedeutend im Hinblick auf seinen Beitrag zum Diskurs und die Folge für das Verhalten, Sprechen und Denken der Deutschen. Mit diesen theoretischen Überlegungen untersuche ich im Folgenden einige aktuelle Hip Hop-Werke auf ihre Aussagen (im Sinne von Sara Mills‘ Definition) über Frauen. Als Aussage betrachte ich dabei nicht nur verbale Formen, sondern ebenso nonverbale Inhalte, die über Kleidung, Aussehen, Gestik, Bühnenbild, Tanz und Gesang/prosodische Merkmale der Stimme kommuniziert werden. Die untersuchten Arbeiten sind aus dem Zeitraum von 2006 bis 2013, um ein möglichst aktuelles Bild zu bekommen. In kurzen an*lysen untersuche ich Musikvideos der männlichen Künstler Muso, Casper, Sido, Die Orsons und Bushido. Ich wähle bewusst mehrere Künstler, um ein breites Bild zu erhalten, welche Frauenbilder durch deutschen Hip Hop in den Diskurs eingebracht werden. Aus zwei Gründen konzentriere ich mich auf männliche Künstler: Zum einen, weil sie sehr viel mehr gehört werden- Rapperinnen sind gegenwärtig kaum im selben Maße erfolgreich. Dies lässt mir die männlichen Künstler zunächst gewichtiger erscheinen im Hinblick auf den Einfluss von Hip Hop auf den Gender-Diskurs. Hinzu kommt der begrenzte Platz in der Arbeit, welcher insgesamt nur die Sicht auf einen Ausschnitt der Situation zulässt. Ich ziehe es dabei vor, einen intensiveren Blick auf den Umgang der Rapper mit Frauenbildern zu werfen. Durch die teilweise noch fehlende oder wenig verfügbare wissenschaftliche Literatur über die sehr aktuelle Musik der letzten ca. zehn Jahre, arbeite ich überwiegend werkimmanent und greife, wenn notwendig, auf vertrauenswürdige Quellen im Internet zurück, wie die eigens veröffentlichen Musikvideos der Künstler *** B: STRÖMUNGEN IM GEGENWÄRTIGEN DEUTSCHEN HIP HOP: Interessant in der Entwicklung des Hip Hop in Deutschland ist, da** es einen ständigen Wechsel zwischen „Gangsta Rap“ als dominanter Form und „Conscious Rap“ als Gegenpart zu geben scheint. War in den letzten Jahren vorrangig der sog. Gangsta Rap in Deutschland präsent (mit großem Erfolg des Berliner Labels „Aggro Berlin“- Künstler Sido, Bushido, Kitty Kat, u.a.), gibt es seit 2010 einen Umschwung hin zu neuen, sehr erfolgreichen Rappern, die überwiegend „Conscious Rap“ produzieren (unter anderen im Zentrum stehen dabei das Stuttgarter Label „Chimperator“ mit Künstlern wie Cro, Die Orsons und Muso, sowie das Label „Four Music“ mit den Rappern Casper, Marteria und Max Herre). Da ich keine ausreichenden wissenschaftlichen Definitionen zu „Gangsta Rap“ und „Conscious Rap“ finden konnte, verwende ich an dieser Stelle zur Verdeutlichung der Phänomene die Erklärungen auf Wikipedia, die treffend skizzieren: „Gangsta-Rap ist ein Genre der Rapmusik, das gewaltorientiert und (mittlerweile) klischeehaft das Lebensumfeld eines Gangsters -[…]- beschreibt. […] Kritisiert wurde am Stil die Gewaltverherrlichung, h*mophobie, Misogynie, Ra**ismus, sowie die Verherrlichung von Drogenkonsum und insbesondere Drogenhandel.“ Dagegen stellt Conscious Rap eine Form dar, die sich mit sozialen Themen beschäftigt und teilweise weltverbessernde Ziele hat: „Conscious Rap (conscious: engl. bewusst) bezeichnet eine Form des Rap, dessen Inhalt politisch oder sozialkritisch motiviert ist. Es ist in dem Sinne kein eigenständiges Subgenre, sondern vielmehr eine Art, wie sich die betreffenden Musiker selbst verstehen. In begrenztem Maß bildet der Conscious Rap einen Gegenpol zum aggressiven Gangsta Rap oder Battle Rap, […]. Die Wurzeln des Conscious Rap reichen zurück bis zur amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre.“ Die Künstler, welche ich untersuche, sind individuell eher der Gangster-Rap- und Conscious-Rap-Richtung zuzuordnen, was später von Bedeutung sein wird. Außerdem sind die Video-Beispiele möglichst ihre j**eils erfolgreichsten Werke, da sie wegen der breiten Beachtung am meisten von Bedeutung sind für meine Ausgangsfrage der Einwirkung auf den Gender-Diskurs *** C: WERKan*lYSEN: Die Rapper Bushido und Sido sind wie bereits erwähnt, eher der Richtung des Gangsta Rap zuzuordnen, da ihre Texte häufig Milieuschilderungen beinhalten, in denen Gewalt, Beleidigungen, Drogen und Feindseligkeit gegenwärtig sind. Die Zuordnung von Bushido wird deutlich z.B. bei seinen Texten „Panamera Flow“ und „Asphalt“ Mit Bushidos „Panamera Flow“ beginne ich meine Studien, da es ein sehr aktuelles Musikvideo von 2013 ist . Es wurde gemeinsam mit dem Rapper „Shindy“ aufgenommen, der einen Rap-Part in dem Song hat. In der angegebenen Quelle tritt das Thema Frau an zwei Stellen auf, zuerst wird es erwähnt mit den Worten „b**h auf dem Beifahrersitz“. Das Wort „b**h“ wird übersetzt mit „Hure“, „Schlampe“ oder „Miststück“. Dazu ist eine junge Frau auf dem Beifahrersitz eines Porsche Panamera zu sehen. Man sieht ihre fast nackten Beine, sie trägt Hot Pants und ein enges, das Dekolleté betonendes Oberteil, durch das die Muster ihres BHs erkennbar sind. Ihre Fingernägel sind lang und gestylt. Sie trägt auf dem Kopf eine Baseball-kappe, durch das Schild sind ihre Augen verdeckt und sie blickt auf den Boden. Insgesamt ist sie nicht aktiv, sie spricht nicht und handelt nicht, einzig ihr Körper wird gezeigt, ihre nackte Haut, noch nicht mal die Augen der jungen Frau sind sichtbar. Jeglicher Selbstausdruck durch Gestik/Mimik, Sprache und individuelle Handlungen fehlt. Die Aufmerksamkeit ist in dieser Szene einzig auf die Körperlichkeit der Frau gerichtet und sie wird s**ualisiert dargestellt. Die Definition des Begriffs im Duden macht dies deutlich: „Sexualisieren“: Jmd., etw. in Be-ziehung zur Sexualität bringen u. die Sexualität in den Vordergrund stellen.“ Ist der Mensch in seiner Vollständigkeit ein Wesen mit eigenen Gedanken über seine Lebenswelt, mit Gefüh-len für Menschen, Tiere, Situationen und Dinge, mit einer eigenen Sprache und täglichen viel-fältigen Handlungen, einer Bildung, Neigungen und Vorlieben, mit ethischen, philosophischen und/oder religiösen Haltungen, also ein Wesen großer Vielfalt, dessen Handlungen, wenn nicht ungesetzlich, viel Wert für sich und andere in die Welt bringen- so wird bei der Sexualisierung eines Menschen einzig der Aspekt des Körpers und Sexualität eines Menschen betont. Bei 2:13 min. zoomt die Kamera wiederholt auf die nackten Beine der Frau. Da sie an dieser Stelle im Musikvideo zudem farblos und bewegungslos gezeigt wird, tritt der Aspekt ihres Aussehens nochmals verstärkt in den Vordergrund. An der zweiten Stelle im Video ist bei 2:17 min. im Text zu hören: „b**hes schicken Shindy coole Nacktbilder per Whatsapp.“, wieder verwenden die Künstler den Begriff „b**h“, der einen s**uellen Aspekt beinhaltet und wieder ist die einzige Handlung der Frauen, dem Rapper Nacktbilder zu schicken. In 4:21 min. sind dies thematisch die einzigen Stellen, in denen es um Frauen geht und zu sehen ist eine starke Konzentration auf Sexualität Das zweite an*lysebeispiel ist das Musikvideo zu „Vendetta“ von Bushido, das er gemeinsam mit Chakuza und Eko Fresh rappt . Auch hier ist die Sexualisierung der Frau unübersehbar, ab 0:15 min. tanzt eine Frau an einer Metallstange in einem Keller, ihre Kleidung ist rot und zeigt sehr viel nackte Haut, zudem trägt sie schwarze Lederstiefel bis zu den Knien. Durch ihren Tanz werden Blicke auf ihr nacktes Gesäß und beinahe auf ihre Geschlechtsteile mög-lich, da der Rock entsprechend kurz ist. Die Betonung der Sexualität der Frau wird im Verlauf noch erhöht durch eine zweite Frau in derselben Kleidung, bei 0:55 min. sind beide auf einem roten Sofa zu sehen. Zunächst räkeln sie sich, sie berühren sich aber zu späteren Szenen zunehmend an intimen Körperstellen. Durch ein direktes Zoomen auf den Intimbereich einer der Tänzerinnen bei 1:40 min. nimmt die Sexualität im Video immer mehr zu. Die einzige textliche Erwähnung von Frauen geschieht durch das Wort „Weiber“ (1:52 min.) und durch „Eure Mütter“ bei 3:13, die keine Ehre haben wie bei Frauentausch, wie Bushido an dieser Stelle rappt. Zusammenfa**end arbeitet der Rapper hier mit einem sehr s**ualisierten Bild der Frau, in den beiden Beispielvideos scheinen die Frauen keine andere Funktion zu haben, als die s**uellen Wünsche der Männer zu erfüllen, welche selbst Geld verdienen, Karriere machen, Freunde haben, u.a „Stell dir eine Welt vor“ ist ein Video von Harris gemeinsam mit Sido . Es beginnt mit einer Balletttänzerin in kurzem Trägertop und kla**ischer Ballettkleidung, die viel Haut an den Beinen zeigt. Diese sind im Video durch weiße, transparente Strumpfhosen etwas bedeckt. Die zweite Szene zeigt Harris mit nacktem Oberkörper, wodurch das Thema Nacktheit einen Fokus erfährt. Darauf folgend sind die beiden Rapper in schwarzer Kleidung in der Mitte des Raumes zu sehen und die Ballett-Tänzerinnen tanzen um beide herum. Auffällig ist auch hier, da** die Frauen keine Stimme erhalten, nur die Männer handeln sprachlich und die Frauen tragen kaum Kleidung und tanzen. In den Szenen bei 0:33 und 0:53 min. nimmt die Nacktheit der Frauen im Video nach und nach zu. Gleichzeitig scheint der Text ein Loblied auf Frauen zu sein, Sido und Harris „philosophieren“ darüber, wie eine Welt ohne Frauen wäre- ihrer Meinung nach nicht erstrebenswert. Zum Teil spricht der Text auch andere scheinbar positive Aspekte der Frau an- sie benötigt Trost und jemanden, der ihr den Kummer abnimmt (2:40 min.), er bleibt aber weitgehend nahe im Bereich der körperlichen Lust: „Wir Männer müssen jagen“ (2:27 min.), „Bärte kratzen und du hast keine Titten“ (2:34 min.). Neben dem s**uellen Blick auf die Frau ist im Text zusätzlich eine Botschaft über die patriarchale Rollenverteilung impliziert, bei 2:37 min. mit der Phrase: „Wer macht mir was zu essen, wenn ich wieder Hunger hab?“ Die musikalische Produktion zeigt Frauen also durchgehend fast nackt, zudem schwach und schutzbedürftig (sie brauchen den Trost der starken Männer) und kommuniziert, da** sie gebraucht werden, um den Männern etwas zu Essen zu machen, wenn sie Hunger haben Soviel zu den Vertretern aus dem Gangsta-Rap. Nach einem tiefen Durchatmen, Ablegen ei-nes Anflugs von Sarkasmus und dem Zurückkehren zur wissenschaftlichen Sachlichkeit, führe ich meine Beobachtungen weiter bei den Künstlern der „Conscious Rap“-Bewegung Musos Texte beinhalten bei genauer Betrachtung viele ernsthafte Themen, die die Welt be-treffen, wie zu knappes Trinkwa**er, die Suche nach dem Glück und Deutschland als Minen-feld in „Garmisch Patenkirchen“ oder den sieben Todsünden, sechs Kontinenten, „sieben Milliarden Menschen mit riesengroßen Wünschen“ wie in „Sieben“. Dabei wählt er häufig eine metaphern- und vergleichreiche Sprache und gilt in der Öffentlichkeit als Rapper mit komplexen und niveauvollen Texten. Daher ist es umso interessanter, einen Blick auf das Frauenbild zu werfen, das in seinen Videoproduktionen erscheint. In „Malibu Beach“ gibt es mehrere Szenen, die eine Frau zeigen. In der ersten Szene sieht man eine Frau von Weitem auf einem Fels liegen, lang ausgestreckt und von der Entfernung sieht es aus, als sei sie- nackt (0:18 min.). Langsam zoomt die Kamera näher und ab ca. 0:33 min. kann man sehen, da** sie doch in helle Kleidung gekleidet ist. Bei 1:57 min. sieht man sie auf dem Felsen sitzend, im-mer noch in der hellen, beinahe hautfarbenen Kleidung. Ein roter Lippenstift wird eingeblen-det (2:59 min.) und bei 3:25 min. reißt sie sich ihre Bluse vom Leib, zwar mit schmerzerfüll-tem und nicht lustvollem Ausdruck, jedoch wird ein wenig ihrer nackten Brust sichtbar. Am Ende des Videos liegt die Frau wieder langgestreckt auf dem Boden, sie wirkt unbekleidet und man sieht nur ihre Silhouette. Der Rapper selbst tritt im Video an mehreren Stellen mit freiem Oberkörper auf. Andererseits gibt es auch Einblendungen von normal angezogenen Frauen (wie bei 1:44 oder 2:18 min.) und die Frau wird mit einer Taube gezeigt, dem traditio-nellen Symbol für Frieden (ebenfalls 1:44, sowie 2:22 min.). Zusätzlich ist zu erwähnen, da** sie bei 2:34 min. in einem alltäglichen Kontext des Essens gezeigt und anschließend mit schmerzhaften Gefühlen in Verbindung gebracht wird: Sie zerdrückt Weintrauben in ihrer Hand während die Textpa**age von „Pain Management“ erzählt. Diese Szenen erweitern das Frauenbild, welches in den Beispielen von Sido und Bushido nahezu ausschließlich auf Sexu-alität beschränkt war, um die Aspekte von ethischen Werten (Frieden), um Alltagshandlungen (Essen), sowie um innere Vorgänge und Gefühle in Verbindung mit der Frau (Pain Manage-ment). Trotzdem ist gleichzeitig Nacktheit durch die weibliche Figur und Muso selbst deutlich dargestellt. Bei der Frau werden im Gegensatz zum Mann auch Intimbereiche (Brust) gezeigt und sie ist deutlich länger (scheinbar) unbekleidet zu sehen. Trotz der Erweiterung in der Dar-stellung einer Frau gegenüber Bushido und Sido, ist auch bei diesem Beispiel Musos die se-xuelle Färbung des Frauenbildes offensichtlich In „Blinder Pa**agier“ von Muso ist die Nacktheit und Sexualität der Frau ebenfalls thema-tisiert. Bei der Inszenierung der Frauen im Video ist eine deutliche Farbsymbolik zu erkennen: Die erste Frau zu Beginn ist in Rot gekleidet, trägt roten Lippenstift und hält einen roten und rosa Luftballon in der Hand (0:01 min.), die zweite Frau im Video trägt weiß-transparente, hohe Strümpfe, die von Strapsen gehalten werden. Sie wird wiederholt gezeigt bei 1:38 min. und bei 3:50 min. Am Ende sieht man ein Paar beim Kuss, die Frau nur mit einem BH bekleidet, während der Mann ganz angezogen ist. Alle Männer in diesem Video sind dabei vollständig gekleidet und nicht in Farben, die häufig mit Lust in Verbindung gebracht werden. Unerwarteter Weise stößt man offensichtlich bei genauer Untersuchung auch bei Hip Hop-Künstlern, die dies zunächst nicht vermuten la**en, auf eine Sexualisierung der Frauen Casper ist und war einer der Hauptfiguren, die Conscious Rap wieder populär machten. „So perfekt“ beschreibt das Seelenleben von Jugendlichen in den USA, von Traurigkeit, Versagen, Versagensängsten und der Hoffnung, da** sich das eigene Leben zum Besseren wendet . Er hatte nach der langen Phase des Gangsta Raps in Deutschland scheinbar den Mut, wieder über sehr persönliche und „weiche“ Themen zu rappen und fand sehr breite Rezeption. Sein Album „Hinterland“, das 27. September 2013 veröffentlicht wurde, stieg bis auf Platz 1 der Deutschen Albumcharts. Viel Tiefgründigkeit und emotionale Tiefe in vielen seiner Liedern, zudem eine breite Rezeption seiner Musik, machen eine Untersuchung seiner Arbeiten wert-voll. So feinfühlig das Video und die Reime auch beginnen, so schnell ist allerdings auch bei ihm eine Frau, die auf ihren Körper und Sexualität reduziert wird, zu sehen: Bei 0:29 min. trägt das junge Mädchen Hot Pants, durch die ihre nackten Beine zu sehen sind. Die Beine sind außerdem glänzend na** gestaltet, wodurch sie zusätzlich eine Betonung erhalten. Eine weitere Szene ist bei 0:40 min., als eine Cheerleaderin ein bauchfreies Oberteil trägt und direkt daran anschließend eine Frau sich umzieht und im schwarzen BH im Raum steht. Die Cheerleaderinnen mit bauchfreien Tops und sehr kurzen Röcken sind durch das gesamte Vi-deo zu sehen. Ebenso wie bei Muso erhalten allerdings auch hier die Frauen zusätzlich Gefühle des Verletztseins und der Schmerzen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens erleidet (Z.B. 1:3, 1:54 oder 2:34 min.). Die gewählte Kleidung der weinenden Frau von sehr kurzen Jeans mit einer schwarzen Strumpfhose, bei 1:54 min., auf die in dieser Situation der Frau fokussiert wird, spricht wieder eine doppelte Sprache. Auch in der Szene der Trauer der beiden jungen Frauen bei 2:34 min. fallen trotz aller Ernsthaftigkeit nackte Beine ins Auge. Wider mein Er-warten ist auch dieses Musikvideo von Casper voll von Gender-Problematik, wie sie bereits von Alice Schwarzer beim Stern kritisiert wurde (siehe Einleitung). Die Orsons aus Stuttgart und Umgebung nennen sich selbst „Die Rap-Band der Liebe“. Tua, Maeckes, Bartek (früher Plan B) und Kaas formieren die Band, und alle Künstler stehen auch als Solo-Künstler zum Teil für Tiefgründigkeit, ethische Werte, (Selbst-) Reflektion oder sogar Spiritualität. Tatsächlich sind auch zwei ihrer berühmtesten Produktionen, „Jetzt“ und „Rosa, Blau oder Grün“ , -zumindest visuell- frei von Sexualisierung der Frau. Weder auffallend nackte Haut ist zu sehen, noch großbusige, geschminkte Frauen in lustvollen Haltungen. Einzig textlich ist das Wort „b**h“ mehrmals zu hören bei „Rosa, Blau oder Grün“ und eine Pa**age, in der Kaas rappt: „Vor der Bühne heiße Teenie Chics – Babysitter“ (1:17 min.). Das Video und der Text zu „Jetzt“ sind sogar völlig frei davon- sie zeigen die Frauen als gleichwertige Wesen gegen-über den Männern, die nicht unbekleidet sind oder einen rein s**uellen Sinn für die Männer erfüllen. Sie verbringen ihre Zeit in Freundschaft und mit Aktivitäten wie einem Lagerfeuer-Abend oder dem Treffen mit einer Freundin Der Rahmen dieser Hausarbeit ist im Moment leider zu knapp für eine noch umfa**endere Untersuchung weiterer Künstler und besonders der Situation deutscher Rapperinnen. Aus diesem Grund wirft die Arbeit nur Licht auf einen Teil der Gender-Thematik im gegenwärtigen deutschen Hip Hop. Zu untersuchen bleibt die Frage, warum deutscher Rap überwiegend von männlichen Künstlern geschaffen wird. Seit Sabrina Setlur in den 1990ern gab es keine vergleichbar erfolgreiche Künstlerin, die den Frauen im Genre eine Stimme gegeben hat. Zwar gibt es einige Künstlerinnen, die Beachtung finden, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie ihre männlichen Kollegen. Zu nennen sind dabei Schwester Ewa, Fiva, Sookee, Kitty Kat und Lumaaraa. Um nur einen sehr kurzen Überblick zu geben, sind auch bei den Rapperinnen die Produktionen inhaltlich oft sehr von Sexualität geprägt, wie bei Kitty Kat und Schwester Ewa . Ein wenig s**ualisiertes -also ausschließlich auf Sexualität reduziertes- Frauenbild ist dagegen bei Fiva und Sookee zu finden. Kennzeichnend für die Geschlechter-Situation ist auch die Präsenz von Rapperinnen bei den großen und momentan sehr erfolgreichen Hip Hop-Labels Chimperator und Four Music. Bei Four Music sind zwar einige Künstlerinnen zuhause, allerdings keine direkt aus dem Genre Rap/Hip Hop. Bei Chimperator ist eine Frau zu finden , Celina- sie übernahm allerdings überwiegend Gesänge bei den gemeinsamen Werken mit Maeckes *** D: FAZIT: Die an*lyse hat ergeben, da** vor allem Sexualisierung von Frauen ein großes Thema im deutschen Hip Hop ist. Bushido, Sido, Muso, Casper und zu einem geringen Anteil auch Die Orsons verarbeiten in ihren Songs und Musikvideos das Bild von einer Frau, die vordergrün-dig mit Sexualität in Zusammenhang steht. Elf der zwölf Video-Beispiele tragen dies in sich. Einzig das Video zu „Jetzt“ der Orsons bleibt eine Ausnahme. Wichtig ist zu erwähnen, da** ich die Gegenstände nicht ausgesucht habe, um genau dieses Bild zu schaffen. Sondern ich habe mich nach der Popularität auf sie festgelegt, bevor ich um ihren Inhalt wusste. Das heißt, eine an*lyse der nahezu willkürlichen Auswahl von beliebten Hip Hop-Phänomenen in Deutschland ergibt dieses bedenkliche Ergebnis Sehr schön zu sehen ist zwar auch ein Unterschied zwischen den Gangsta- und Conscious Rappern. In den Arbeiten der letzteren erscheint das Frauenbild erweitert um einige weitere menschliche und geistige Eigenschaften einer Frau, während in den Beispielen der Gangsta Rapper ausschließlich die Lust bei der Charakterisierung der Frauen im Vordergrund steht. Trotz dieses Unterschiedes zeigt der dennoch hohe Anteil von Betonung der Sexualität bei Frauen auch im Conscious Rap ein bedenkliches Bild. Gerade in diesem Teil der Rap-Welt war ein eher niedriger Anteil zu erwarten oder wenigstens zu erhoffen Durchgehend ist eine Reduzierung der Frau auf ihren Körper zu beobachten. Die große Fülle an geistigen Werten, Interessen, Aktivitäten und wertvollen Eigenschaften, die den Charakter einer Frau tatsächlich ausmacht, bleibt in großem Maße unbeachtet Für den gängigen Diskurs über die Weiblichkeit in Deutschland bedeutet dies also eine bedeu-tende Verstärkung der Aussagen über die Sexualisierung der Frau. Welche Auswirkungen dies für das individuelle Denken und Handeln der vor allem jungen Rezipienten hat, bleibt eine weitere bedeutungsvolle Forschungsfrage. Für eine verantwortungsvolle Kulturpolitik, sowie das erreichen einer gesunden Zivilisation, halte ich dies nicht nur für notwendig, sondern auch für möglich. Die Auswirkungen la**en sich zwar auch ohne empirische Untersuchungen stark vermuten- da** Mädchen und Jungen sich durch solche Aussagen ein Beispiel daran nehmen und ein solches Verhalten für erstrebenswert, richtig oder legitim halten. Umfa**ende empirische Forschungen scheinen aber in Deutschland der einfachere und einzige Weg zu sein, tatsächlich große Veränderungen bewirken zu können. Eine Veränderung erfordert es meiner Meinung nach aufgrund der vorliegenden Ergebnisse unabdingbar in der Legitimierung von Aussagen über die Natur der Frau. Die deutsche Kulturpolitik hat zu oft eine Grenze überschritten, welche den Titel „Künstlerische Freiheit“ trägt. Die Freiheit eines Menschen hört dort auf, wo ein anderer Mensch Schaden erleidet durch dessen Handlungen. In diesem Fall der wiederholten Respektlosigkeit und Abwertung der weiblichen Menschen sehe ich nicht nur eine Person, sondern die Hälfte der Bevölkerung, die regelmäßig großen Schaden erleidet. Möglich wird eine Änderung des Diskurses nur, wenn die einzelnen Aussagen keine Billigung mehr erfahren. Da diese Aufgabe in Deutschland u.a. die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat, sollte besonders dort zuerst mehr Bewusstheit über diese Thematiken geschaffen werden. Vor praktischen Änderungen steht immer zuerst das Be-wusstsein über die Missstände, wobei es bei der bloßen Bewusstheit nicht bleiben darf. Praktische Maßnahmen müssen folgen, um solche Frauenbilder nicht mehr als legitim in der Welt stehen zu la**en *** E: LITERATURVERZEICHNIS: Literatur: Duden: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim 1999, Band 7 und 8 Mills, Sara: Der Diskurs, Tübingen 2007 Songtexte: Http://rapgenius.com/Sido-maske-lyrics Http://rapgenius.com/Sido-aggrokalypse-lyrics Http://rapgenius.com/Bushido-panamera-flow-lyrics Http://rapgenius.com/Bushido-asphalt-lyrics Http://rapgenius.com/Muso-garmisch-partenkirchen-lyrics * zuletzt aufgerufen am 20.10.13 Http://rapgenius.com/Muso-sieben-lyrics http://rapgenius.com/Casper-so-perfekt-lyrics Beispielvideos: Http://www.youtube.com/watch?v=YMbzhBaseTM Http://www.youtube.com/watch?v=mDBqkoACakI Http://www.youtube.com/watch?v=ggR7u1wJyEg Http://www.youtube.com/watch?v=s7xCSKQKFHM Http://www.youtube.com/watch?v=ssoVcPK1QiI Http://www.youtube.com/watch?v=LrLpvCIvDIQ Http://www.youtube.com/watch?v=akVXjKZOp2w Andere Informationen: Http://chimperator.de/ Http://www.spiegel.de/kultur/musik/bushido-staatsanwaltschaft-erhebt-anklage-wegen-stress-ohne-grund-a-922857.html Http://de.wikipedia.org/wiki/Gangster_Rap Http://de.wikipedia.org/wiki/Conscious_Rap