Doppeltgänger Kennst du die Stunde, wo man selig ist In Schlaf und Wachens wunderlichem Segen? 's war eine Nacht, vom Taue wachgeküßt, Das Dunkel fühlt' ich kühl wie zarten Regen An meine Wange gleiten, das Gerüst Des Vorhangs schien sich schaukelnd zu bewegen – Rings tiefe Stille, der das Ohr erlag, Doch mir im Haupt war leises Summen wach. Mir war so wohl und federleicht zu Mut, So schwimmend, und die Wimper halb geschlossen; Verlorne Funken zuckten durch mein Blut, Von leisen Lauten wähnt' ich mich umflossen; 's war eine Stunde, wo der Zeiger ruht, Die Geisterstund' verschollner Traumgenossen. 's war eine Nacht, wo man am Morgen fragt: Hat damals, oder hat es jetzt getagt? Und immer heller ward der süße Klang, Das liebe Lachen; es begann zu schwimmen Wie Bilder von Daguerre die Deck' entlang, Es wisperte wie jugendliche Stimmen, Wie halbvergeßner, ungewisser Sang; Gleich Feuerwürmern sah ich Augen glimmen, Dann wurden feucht sie, wurden blau und lind, Und mir zu Füßen saß ein schönes Kind. Das sah zu mir empor, so ernst gespannt, Als quelle ihm die Seele aus den Blicken, Bald schloß es, schmerzlich zuckend, seine Hand, Bald schüttelt' es sie, funkelnd vor Entzücken, Und horchend, horchend klomm es sacht heran Zu meiner Schulter – und wo blieb es dann? – O, wären's Geisterstimmen aus der Luft, Die sich wie Vogelzwitschern um mich reihten! Wär' Grabesbrodem nur der leise Duft, Der mich umseufzte aus verschollnen Zeiten! Doch nur mein Herz ist ihre stille Gruft, Und meine Heil'gen, meine einst Geweihten, Sie leben alle, wandeln allzumal – Vielleicht zum Segen sich, doch mir zur Qual.