Annette von Droste-Hülshoff - 1844- Kapitel 27 lyrics

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Annette von Droste-Hülshoff - 1844- Kapitel 27 lyrics

Fels, Wald und See Die Elemente Luft Der Morgen, der Jäger Wo die Felsenlager stehen, Sich des Schnees Daunen blähen, Auf des Chimbora**o Höhen Ist der junge Strahl erwacht; Regt und dehnt die ros'gen Glieder, Schüttelt dann sein Goldgefieder, Mit dem Flimmerauge nieder Blinzt er in des Tales Schacht. Hörst du, wie es fällt und steigt? Fühlst du, wie es um dich streicht? Dringt zu dir im weichen Duft Nicht der Himmelsodem Luft? Ins frische Land der Jäger tritt: »Gegrüßt du fröhlicher Morgen! »Gegrüßt du Sonn', mit dem leichten Schritt Wir Beiden ziehn ohne Sorgen. Und dreimal' gegrüßt mein Geselle Wind, Der stets mir wandelt zur Seite, Im Walde flüstert durch Blätter lind, Zur Höh' gibt springend Geleite. Und hat die Gems, das listige Tier, Mich verlockt in ihr zackiges Felsrevier, Wie sind wir drei dann so ganz allein, Du, Luft, und ich und der uralte Stein!« Wa**er Der Mittag, der Fischer Alles still ringsum – Die Zweige ruhen, die Vögel sind stumm. Wie ein Schiff, das im vollen Gewässer brennt, Und das die Windsbraut jagt, So durch den Azur die Sonne rennt Und immer flammender tagt. Natur schläft ihr Odem steht, Ihre grünen Locken hangen schwer, Nur auf und nieder ihr Pulsschlag geht Ungehemmt im heiligen Meer. Jedes Räupchen sucht des Blattes Hülle, Jeden Käfer nimmt sein Grübchen auf; Nur das Meer liegt frei in seiner Fülle Und blickt zum Firmament hinauf. In der Bucht wiegt ein Kahn, Ausgestreckt der Fischer drin, Und die lange Wa**erbahn Schaut er träumend überhin. Neben ihm die Zweige hängen, Unter ihm die Wellchen drängen, Plätschernd in der blauen Flut Schaukelt seine heiße Hand: »Wa**er«, spricht er, »Welle gut, Hauchst so kühlig an den Strand. Du, der Erde köstlich Blut, Meinem Blute nah verwandt, Sendest deine blanken Wellen, Die jetzt kosend um mich schwellen, Durch der Mutter weites Reich, Börnlein, Strom und glatter Teich, Und an meiner Hütte gleich Schlürf' ich dein geläutert Gut, Und du wirst mein eignes Blut, Liebe Welle, heil'ge Flut!« Leiser plätschernd schläft er ein Und das Meer wirft seinen Schein Um Gebirg und Feld und Hain; Und das Meer zieht seine Bahn Um die Welt und um den Kahn. Erde Der Abend, der Gärtner Rötliche Flöckchen ziehen Über die Berge fort, Und wie Purpurgewänder Und wie farbige Bänder Flattert es hier und dort in der steigenden Dämmrung Hort. Gleich einem Königsgarten, Den verla**en die Fürstin hoch Nur in der Kühle ergehen Und um die Beete sich drehen Flüsternd ein paar Hoffräulein noch. Da des Himmels Vorhang sinkt, Öffnet sich der Erde Brust; Leise, leise Kräutlein trinkt Und entschlummert unbewußt; Und sein furchtsam Wächterlein, Würmchen mit dem grünen Schein, Zündet an dem Glühholz sein Leuchtchen klein. Der Gärtner, über die Blumen gebeugt, Spürt an der Sohle den Tau, Gleich vom nächsten Halme er streicht Lächelnd die Tropfen lau; Geht noch einmal entlang den Wall, Prüft jede Knospe genau und gut: »Schlaft denn«, spricht er, »ihr Kindlein all, Schlafet! ich la**' euch der Mutter Hut; Liebe Erde, mir sind die Wimpern schwer, Hab' die letzte Nacht durchwacht, Breit' wohl deinen Taumantel um sie her, Nimm wohl mir die Kleinen in acht. « Feuer Die Nacht, der Hammerschmied Dunkel! All Dunkel schwer! Wie Riesen schreiten Wolken her Über Gras und Laub Wirbelt's wie schwarzer Staub; Hier und dort ein grauer Stamm, Am Horizont des Berges Kamm Hält die gespenstige Wacht, Sonst alles Nacht Nacht nur Nacht. Was blitzt dort auf? – ein roter Stern – Nun scheint es nah, nun wieder fern; Schau! wie es zuckt und zuckt und schweift, Wie's ringelnd gleich der Schlange pfeift. Nun am Gemäuer klimmt es auf, Unwillig wirft's die Asch' hinauf, Und wirbelnd überm Dach hervor Die Funkensäule steigt empor. Und dort der Mann im ruß'gen Kleid, Sein Angesicht ist bleich und kalt, Ein Bild der listigen Gewalt Wie er die Flamme dämpft und facht Und hält den Eisenblock bereit! Den soll ihm die gefangne Macht, Die wilde hartbezähmte Glut Zermalmen gleich in ihrer Wut. Schau, wie das Feuer sich zersplittert! Wie's tückisch an der Kohle knittert! Lang aus die rote Kralle streckt Und nach dem Kerkermeister reckt! Wie's vor verhaltnem Grimme zittert: »O hätt' ich dich, o könnte ich Mit meinen Klauen fa**en dich! Ich lehrte dich den Unterschied Von dir zu Elementes Zier, An deinem morschen, staub'gen Glied, Du ruchlos Menschentier!«