Andreas Gryphius Thränen in schwerer Kranckheit M D CXL. XLV. MIr ist ich weiß nicht wie / ich seuffze für und für. Ich weyne Tag und Nacht / ich sitz in tausend Schmertzen; Vnd tausend fürcht ich noch / die Krafft in meinem Hertzen Verschwindt / der Geist verschmacht / die Hände sincken mir. Die Wangen werden bleich / der muntern Augen Zir Vergeht / gleich als der Schein der schon verbrannten Kertzen Die Seele wird bestürmt gleich wie die See im Mertzen. Was ist diß Leben doch / was sind wir / ich und ihr? Was bilden wir uns ein! was wündschen wir zu haben? Itzt sind wir hoch und groß und morgen schon vergraben: Itzt Blumen morgen Kot wir sind ein Wind / ein Schaum / Ein Nebel / eine Bach / ein Reiff / ein Tau' ein Schaten Itzt was und morgen nichts / und was sind unser Thaten? Als ein mit herber Angst durchaus vermischter Traum.