Wenn Tag und Nacht sich treffen
neben mir und ihre Schattenkinder bei mir schlafen
dann blaut der Tag wohl aus, versinkt im All
greift Wolkenschattenhand mein Herz
verbla**en schauernd Träume
Wolkendrachen steigen auf am Horizont
wie mächtige Schattenrisse
breiten weisse Nebelweiber feuchte
Schleier in die dunklen Räume
kriechen Schatten durch's Frostgras
Irrfahrten im Nebelsee
singt leise der Wind
und zieht ein ins Geäst
fällt Regen - trauerschwer -
klingt, schweigt, verstummt.
Wenn Tag und Nacht sich treffen
neben mir und ihre Schattenkinder bei mir schlafen
wildert die Nachtamazone im Wald
antlitzlos giesst sie dunklen Wein in dunkle Schalen
hüllt den Baum in ihr Geheimnis ein
streift der Wind an seinen Mantelsaum
und schmiegt sich in Blätter und Rinde
entblättert alle Ängste:
löbliche Einsamkeit
efeuerstickt
in Erdenmutters Dunkelheit
haucht monddunkler Nachtwind
die Stirne klar
und lispelt ein Märchen von Trauer und Traum
weiss der Baum die Zeichen
Die Baumfrau: Steineiche
Er empfängt den Himmel
mit offenen Armen.
Wenn Tag und Nacht sich treffen
neben mir und ihre Schattenkinder bei mir schlafen
dann füllt der Baum mit Liedern sich
geordnetes Chaos - Gespinst aus Worten und
Schweigen.
Treten wandernde Schatten ins Sternbild Orim
als klangloses Grauen.
Peitschen Winde im Aufbruch pestschwarze Blätter
von Wüste zu Wüste
Der Himmel hat dann keine Tränen mehr
und die Äste sind mordbehangen.
Steigen Sturm und Blitze wie funkelnde Engel
durch des Baumes starke Gestalt.
Der Baum weiss die Zeichen.
Wenn Tag und Nacht sich treffen
neben mir und ihre Schattenkinder bei mir schlafen
presst sich der Baum in die Erde
aus dem grossen Eis gekommen
für eines Weltenalters Schlaf
aus Sternensturm geboren
tropft Angst aus dem Runenbaum
lässt der Wind in blinder Wut die Peitsche tanzen
ausgestossener Spielmann rührt an Hadesharfen
gleiten Nebel hinunter in ozeanische Winter.
Eisbaum im Sarg unter kalten Sternen
verstossen ins eigene Eis
das Antlitz der Steine an den Wurzeln:
Unterschlupf für eingesponnene Tränen