Das Leben ohne Zeitverlust
Manche Frauen lieben kranke, bla**e Dichter
Dagegen hab ich nichts, dagegen hab ich nichts
Manche Frauen blüh'n beim Anblick roter Mordgesichter
Dagegen hab ich nichts
Andere Frauen lodern auf bei jungen Männern
Wieder andere ludern gern mit kalten Kennern
Dagegen hab ich nichts
Mein Herz hat mehr als eine offene Tür
Deshalb hab ich nichts dagegen -
Doch ich hab auch nichts dafür
Ich hab meinen Leben lang nur einen Mann geliebt
Und ich hab Glück gehabt, daß es ihn gab und noch gibt
Ihm bin ich zugetan, ob es Tag oder Nacht ist
Ich liebe stets den Mann, der grad an der Macht ist!
Ob er nun Staatsmann ist, ob Börsenheld, ob Krieger
Ich liebe den Sieger!
Drum kann gescheh'n was will, ich liege immer richtig
Und bei der Liebe ist das ganz besonders wichtig
Man hat mich im Verdacht, ich liebte nur das Neue
Oh nein, ich liebe nur die Macht und halte ihr die Treue!
Wen ich liebe, der kann schön sein wie ein Wandbild
Dagegen hab ich nichts, dagegen hab ich nichts
Oder er kann groß und schwer sein wie ein Reiterstandbild
Dagegen hab ich nichts
Er kann alt und kahl und sparsam im Verbrauch sein
Bös und bauchig kann er selbstverständlich auch sein
Dagegen hab ich nichts
Er darf auch wild sein wie ein junger Stier
Ich hab wirklich nichts dagegen -
Doch ich hab auch nichts dafür
Nur mächtig muß er sein, dann steigt in mir die Flut
Dann wirft ein einz'ger Blick mir rote Fackeln ins Blut
Ich brenne wie ein Wald wenn mein Herz erst entfacht ist
Dann hab ich Temperatur, ob es Tag oder Nacht ist
Er kann ein Henker sein, ein Teufel oder Tiger
Dann ist er der Sieger
Drum kann gescheh'n was will, ich liege immer richtig
Und heutzutage ist das ganz besonders wichtig
Ich bin ein schwaches Weib, ich kenn' keine Reue
Und wer die Macht verliert, verliert meine Treue!
Wer die Macht verloren hat soll untergehen
Dagegen hab ich nichts, dagegen hab ich nichts
Wenn er will kann er auch zitternd um Erbarmen flehen
Dagegen hab ich nichts
Meinetwegen kann er Memoiren schreiben
Oder sich erschießen oder leben bleiben
Dagegen hab ich nichts
Die neuen Männer träumen schon von mir
Deshalb kann's mir einerlei sein
Ob er tot ist, oder hier
Nun ja, die Erde ist ein großer Wanderstern
Und nach den neuen Herrn kommen noch neuere Herrn
Bis schließlich eener kommt, welcher stets an der Macht ist
Er reißt mich in den Arm, ob dann Tag, ob da Nacht ist
Es wird kein Staatsmann sein, kein Schieber und kein Krieger
Und trotzdem der Sieger!
Und auf dem Stein soll steh'n:
"Nun liegt sie wieder richtig
In dieser Lage ist das ganz besonders wichtig
Es war nicht angebracht, daß sie etwas bereute
Sie liebte nichts, als die Macht
Und tut es noch heute!"