III Die absolute Freiheit und der Schrecken Das Bewußtsein hat in der Nützlichkeit seinen Begriff gefunden. Aber er ist teils noch Gegenstand, teils ebendarum noch Zweck, in dessen Besitze es sich noch nicht unmittelbar befindet. Die Nützlichkeit ist noch Prädikat des Gegenstandes, nicht Subjekt selbst, oder seine unmittelbare und einzige Wirklichkeit. Es ist da**elbe, was vorhin so erschien; daß das Für-sich-sein noch nicht sich als die Substanz der übrigen Momente erwiesen, wodurch das Nützliche unmittelbar nichts anderes als das Selbst des Bewußtseins und dieses hiedurch in seinem Besitze wäre. – Diese Rücknahme der Form der Gegenständlichkeit des Nützlichen ist aber an sich schon geschehen, und aus dieser innern Umwälzung tritt die wirkliche Umwälzung der Wirklichkeit, die neue Gestalt des Bewußtseins, die absolute Freiheit hervor. Es ist nämlich in der Tat nicht mehr als ein leerer Schein von Gegenständlichkeit vorhanden, der das Selbstbewußtsein von dem Besitze trennt. Denn teils ist überhaupt alles Bestehen und Gelten der bestimmten Glieder der Organisation der wirklichen und geglaubten Welt in diese einfache Bestimmung als in ihren Grund und Geist zurückgegangen; teils aber hat diese nichts Eignes mehr für sich, sie ist vielmehr reine Metaphysik, reiner Begriff oder Wissen des Selbstbewußtseins. Von dem An- und Für-sich-sein des Nützlichen als Gegenstandes erkennt nämlich das Bewußtsein, daß sein An-sich-sein wesentlich Sein für Anderes ist; das An-sich-sein als das Selbstlose ist in Wahrheit das pa**ive, oder was für ein anderes Selbst ist. Der Gegenstand ist aber für das Bewußtsein in dieser abstrakten Form des reinen An-sich-seins, denn es ist reines Einsehen, dessen Unterschiede in der reinen Form der Begriffe sind. – Das Für-sich-sein aber, in welches das Sein für Anderes zurückgeht, das Selbst, ist nicht ein von dem Ich verschiednes, eignes Selbst dessen, was Gegenstand heißt; denn das Bewußtsein als reine Einsicht ist nicht einzelnes Selbst, dem der Gegenstand ebenso als eignes Selbst gegenüberstünde, sondern es ist der reine Begriff, das Schauen des Selbsts in das Selbst, das absolute Sich-selbst-doppelt-sehen; die Gewißheit seiner ist das allgemeine Subjekt und sein wissender Begriff das Wesen aller Wirklichkeit. Wenn also das Nützliche nur der nicht in seine eigne Einheit zurückkehrende Wechsel der Momente, und daher noch Gegenstand für das Wissen war, so hört er auf, dieses zu sein, denn das Wissen ist selbst die Bewegung jener abstrakten Momente, es ist das allgemeine Selbst, das Selbst ebenso seiner als des Gegenstandes, und als allgemeines die in sich zurückkehrende Einheit dieser Bewegung. Hiemit ist der Geist als absolute Freiheit vorhanden; er ist das Selbstbewußtsein, welches sich erfaßt, daß seine Gewißheit seiner selbst, das Wesen aller geistigen Ma**en der realen so wie der übersinnlichen Welt, oder umgekehrt, daß Wesen und Wirklichkeit das Wissen des Bewußtseins von sich ist. – Es ist seiner reinen Persönlichkeit und darin aller geistigen Realität bewußt, und alle Realität ist nur Geistiges; die Welt ist ihm schlechthin sein Willen, und dieser ist allgemeiner Willen. Und zwar ist er nicht der leere Gedanke des Willens, der in stillschweigende oder repräsentierte Einwilligung gesetzt wird, sondern reell allgemeiner Willen, Willen aller Einzelner als solcher. Denn der Willen ist an sich das Bewußtsein der Persönlichkeit oder eines jeden, und als dieser wahrhafte wirkliche Willen soll er sein, als selbstbewußtes Wesen aller und jeder Persönlichkeit, so daß jeder immer ungeteilt alles tut, und was als Tun des Ganzen auftritt, das unmittelbare und bewußte Tun eines Jeden ist. Diese ungeteilte Substanz der absoluten Freiheit erhebt sich auf den Thron der Welt, ohne daß irgendeine Macht ihr Widerstand zu leisten vermöchte. Denn indem in Wahrheit das Bewußtsein allein das Element ist, worin die geistigen Wesen oder Mächte ihre Substanz haben, so ist ihr ganzes System, das sich durch die Teilung in Ma**en organisierte und erhielt, zusammengefallen, nachdem das einzelne Bewußtsein den Gegenstand so erfaßt, daß er kein anderes Wesen habe als das Selbstbewußtsein selbst, oder daß er absolut der Begriff ist. Was den Begriff zum seienden Gegenstande machte, war seine Unterscheidung in abgesonderte bestehende Ma**en; indem aber der Gegenstand zum Begriffe wird, ist nichts Bestehendes mehr an ihm; die Negativität hat alle seine Momente durchdrungen. Er tritt so in die Existenz, daß jedes einzelne Bewußtsein aus der Sphäre, der es zugeteilt war, sich erhebt, nicht mehr in dieser besonderten Ma**e sein Wesen und sein Werk findet, sondern sein Selbst als den Begriff des Willens, alle Ma**en als Wesen dieses Willens erfaßt, und sich hiemit auch nur in einer Arbeit verwirklichen kann, welche ganze Arbeit ist. In dieser absoluten Freiheit sind also alle Stände, welche die geistigen Wesen sind, worein sich das Ganze gliedert, getilgt; das einzelne Bewußtsein, das einem solchen Gliede angehörte, und in ihm wollte und vollbrachte, hat seine Schranke aufgehoben: sein Zweck ist der allgemeine Zweck, seine Sprache das allgemeine Gesetz, sein Werk das allgemeine Werk.
Der Gegenstand und der Unterschied hat hier die Bedeutung der Nützlichkeit, die Prädikat alles realen Seins war, verloren; das Bewußtsein fängt seine Bewegung nicht an ihm an als einem Fremden, von dem aus es erst in sich zurückkehrte, sondern der Gegenstand ist ihm das Bewußtsein selbst; der Gegensatz besteht also allein in dem Unterschiede des einzelnen und allgemeinen Bewußtseins; aber das einzelne ist sich unmittelbar selbst dasjenige, was nur den Schein des Gegensatzes hatte, es ist allgemeines Bewußtsein und Willen. Das Jenseits dieser seiner Wirklichkeit schwebt über dem Leichname der verschwundnen Selbstständigkeit des realen oder geglaubten Seins nur als die Ausdünstung eines faden Gases, des leeren Être suprême. Es ist nach Aufhebung der unterschiedenen geistigen Ma**en, und des beschränkten Lebens der Individuen sowie seiner beiden Welten also nur die Bewegung des allgemeinen Selbstbewußtseins in sich selbst vorhanden, als eine Wechselwirkung desselben in der Form der Allgemeinheit und des persönlichen Bewußtseins; der allgemeine Willen geht in sich, und ist einzelner Willen, dem das allgemeine Gesetz und Werk gegenübersteht. Aber dies einzelne Bewußtsein ist sich seiner ebenso unmittelbar als allgemeinen Willens bewußt; es ist sich bewußt, daß sein Gegenstand von ihm gegebenes Gesetz und von ihm vollbrachtes Werk ist; in Tätigkeit übergehend und Gegenständlichkeit erschaffend, macht es also nichts Einzelnes, sondern nur Gesetze und Staatsaktionen. Diese Bewegung ist hiedurch die Wechselwirkung des Bewußtseins mit sich selbst, worin es nichts in der Gestalt eines freien ihm gegenübertretenden Gegenstandes entläßt. Es folgt daraus, daß es zu keinem positiven Werke, weder zu allgemeinen Werken der Sprache noch der Wirklichkeit, weder zu Gesetzen und allgemeinen Einrichtungen der bewußten, noch zu Taten und Werken der wollenden Freiheit kommen kann. – Das Werk, zu welchem die sich Bewußtsein gebende Freiheit sich machen könnte, würde darin bestehen, daß sie als allgemeine Substanz sich zum Gegenstande und bleibenden Sein machte. Dies Anderssein wäre der Unterschied an ihr, wornach sie sich in bestehende geistige Ma**en und in die Glieder verschiedener Gewalten teilte; teils daß diese Ma**en die Gedankendinge einer gesonderten gesetzgebenden, richterlichen und ausübenden Gewalt wären, teils aber die realen Wesen, die sich in der realen Welt der Bildung ergaben, und indem der Inhalt des allgemeinen Tuns näher beachtet würde, die besondern Ma**en des Arbeitens, welche weiter als speziellere Stände unterschieden werden. – Die allgemeine Freiheit, die sich auf diese Weise in ihre Glieder gesondert, und ebendadurch zur seienden Substanz gemacht hätte, wäre dadurch frei von der einzelnen Individualität und teilte die Menge der Individuen unter ihre verschiedenen Glieder. Das Tun und Sein der Persönlichkeit fände sich aber dadurch auf einen Zweig des Ganzen, auf eine Art des Tuns und Seins beschränkt; in das Element des Seins gesetzt, erhielte sie die Bedeutung einer bestimmten; sie hörte auf, in Wahrheit allgemeines Selbstbewußtsein zu sein. Dieses läßt sich dabei nicht durch die Vorstellung des Gehorsams unter selbstgegebenen Gesetzen, die ihm einen Teil zuwiesen, noch durch seine Repräsentation beim Gesetzgeben und allgemeinen Tun um die Wirklichkeit betriegen, – nicht um die Wirklichkeit, selbst das Gesetz zu geben, und nicht ein einzelnes Werk, sondern das Allgemeine selbst zu vollbringen; denn wobei das Selbst nur repräsentiert und vorgestellt ist, da ist es nicht wirklich; wo es vertreten ist, ist es nicht. Wie in diesem allgemeinen Werke der absoluten Freiheit als daseiender Substanz sich das einzelne Selbstbewußtsein nicht findet, ebensowenig in eigentlichen Taten und individuellen Handlungen ihres Willens. Daß das Allgemeine zu einer Tat komme, muß es sich in das Eins der Individualität zusammennehmen, und ein einzelnes Selbstbewußtsein an die Spitze stellen; denn der allgemeine Willen ist nur in einem Selbst, das Eines ist, wirklicher Willen. Dadurch aber sind alle andern Einzelnen von dem Ganzen dieser Tat ausgeschlossen, und haben nur einen beschränkten Anteil an ihr, so daß die Tat nicht Tat des wirklichen allgemeinen Selbstbewußtseins sein würde. – Kein positives Werk noch Tat kann also die allgemeine Freiheit hervorbringen; es bleibt ihr nur das negative Tun; sie ist nur die Furie des Verschwindens.