Stil und Stilisierung im Rap:
Zwischen Kategorisierung und Individualisierung –
Eine Stilan*lyse anhand deutscher Raptexte Inhaltsverzeichnis 1. Intro 1 2. Rap als Teil der Hip-Hop-Kultur 2-3 2.1. Entwicklung und Positionierung des Rap in Deutschland 3-4 2.2. Stil und Stilisierung im Rap: Kategorisierung vs. Individualisierung 4-7 2.3. Subgenres des Rap – eine Frage des Stils? 7-9 3. Die Vielfalt der Rapkunst: Eine Stilan*lyse anhand von deutschen
Raptexten 9-11 3.1. Das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit 11-12 3.1.1. Dialogizität und Interaktion 12-14 3.1.2. Phonetische Merkmale: Elision, Assimilation, Umgangssprache 14-16 3.2. Identität und Intertextualität 16 3.2.1. Namen, representing und dedication 17-20 3.2.2. Die Sprechhandlungen boasting und dissing 20-21 3.3. Das Spiel mit Sprache und Stimme 21-22 3.3.1. Rhetorische Stilmittel 22-26 3.3.2 2B 3B 1 Inszenierung fremder Stimmen: Wechsel zwischen Sprechstilen 26-28 4. Fazit/Outro 28-29 Literatur Weitere Quellen Anhang 1. Intro Im öffentlichen Diskurs wird Rap häufig mit Hip-Hop gleichgesetzt (vgl. Verlan 2003: 140). Die synonyme Verwendung dieser beiden Termini ist bis zu einem gewissen Grad zwar plausibel – befa**t man sich aber intensiver mit der Thematik, muss klar differenziert werden. Im gleichen Zuge wird Stil im Rap aus wissenschaftlicher Perspektive oft generell mit dem Rap-Battle in Verbindung gebracht und so automatisch mit den dazugehörigen charakteristischen Merkmalen, die aufgrund der hohen Spontaneität häufig wenig inhaltlich wertvolle Texte zula**en. Dabei ist Rap weitaus vielfältiger oder, um es mit den Worten Max Herre‘s zu sagen, „Rap ist Vielfalt jeglicher Richtung“ (vgl. Max Herre 2012 in Rap Ist)
Diese Arbeit soll zum einen diese Vielfalt demonstrieren, zum anderen nimmt sie sich der Frage an, was für eine Rolle Stil im Hip-Hop spielt und in welchem Verhältnis Stil zu Subgenres des Rap sowie zu individuellen Rappern steht. Im Vorfeld dazu soll die Entstehung der Hip-Hip-Kultur beleuchtet sowie deren Entwicklung in Deutschland umrahmt werden. Dem folgt die eben genannte Thematisierung von Stil und
Stilisierung, welche sich im Spannungsverhältnis von Kategorisierung und Individualisierung aufhält. Folglich stellt sich die Frage, ob sich der Stil des Rap in Form von Subgenres oder in individuellen Rapstilen ausdifferenzieren lässt. Die Stilan*lyse soll darüber Aufschluss geben
Anhand zweier deutscher Raptexte soll der Stil des Rappers Samy Deluxe sowie der Stil der Rapgruppe Fettes Brot untersucht werden. Die Stilan*lyse behandelt zunächst die Gegenüberstellung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit und damit die Dialogizität und Interaktion im Rap. Darauf folgt ein Kapitel zur Rolle der Identität und Intertextualität im Rap, in welchem auf die Namen der Rapper sowie charakteristische Rituale und phonetische Merkmale in den Texten eingegangen wird. Das letzte Kapitel der Stilan*lyse beinhaltet das Spiel mit der Sprache und der Stimme, worin genauer die verwendeten rhetorischen Mittel sowie der Wechsel zwischen Sprechstilen in Form der Inszenierung fremder Stimmen erläutert werden
Die Arbeit schließt mit einem Fazit und gleichzeitig mit einem Ausblick hinsichtlich des zukünftigen Umgangs mit Stil im Rahmen des Rap als wissenschaftlichem Untersuchungsgegenstand 2. Rap als Teil der Hip-Hop-Kultur Wie bereits in der Einführung erwähnt, sind Rap und Hip-Hop keine Synonyme
Semantisch gesehen, steht Rap vielmehr in einer hyponymischen Beziehung zu Hip-
Hop. Dabei besteht Hip-Hop gleichzeitig aus mehreren Elementen, worunter Rap, auch MCing genannt, nur eines, zugleich aber laut Scholz (2003: 147) „die gesamtgesellschaftlich am stärksten wahrgenommene Komponente“ darstellt. Die drei anderen essentiellen Elemente der Hip-Hop-Kultur bilden laut Heide (2011: 21) das sogenannte DJing, der Breakdance und das Graffiti. Da in dieser Arbeit die stilistische Untersuchung des MCing im Vordergrund steht, werden die weiteren drei Elemente vorab nur kurz angeschnitten
Mit dem DJing nahm die Entwicklung des Hip-Hop sozusagen ihren Lauf, denn die Instrumentalisierung des Plattenspielers und der daraus entstandene Breakbeat (vgl. Heide 2011: 21-22) trugen wesentlich zur Etablierung des Rap bei. Was von den Jugendlichen in New York's Armenvierteln ursprünglich aus finanziellen Gründen dazu genutzt wurde, um „unter einfachsten Bedingungen […] auf den sogenannten Block-Parties“ (vgl. Heide 2011: 20) zu feiern, sollte unlängst die Rolle der musikalischen Untermalung des Sprechgesangs einnehmen. Das MCing, also das Rappen, entstand aus den anfangs begleitenden Worten bzw. Sätzen des DJs, der so versuchte, Stimmung im Publikum zu erzeugen und den nächsten Titel einzuleiten. Nachdem die Technik des Plattenmixens zunehmend ausgefeilt wurde und somit mehr Konzentration erforderte, wurde der sogenannte Master of Ceremony, kurz MC, geboren, der die Rolle der Stimmungsmache übernahm und fortan zur Musik reimte (vgl. Peschke 2010: 66). In der Folge versuchten die MCs, sich stetig in ihren Fähigkeiten zu übertrumpfen, was zur Folge hatte, da** der DJ immer mehr in den
Hintergrund geriet und die Rapper zur Hauptattraktion wurden (vgl. Peschke 2010: 67)
Parallel zur Musik des DJs und damit zum typischen Breakbeat entwickelte sich der Breakdance, der unter anderem charakteristische Elemente unterschiedlicher Kampfsportarten enthält (vgl. Rode 2002 in Peschke 2010: 62). Breakdance wird auch als B-Boying bezeichnet – die Tänzer und Tänzerinnen werden Break-Boys, kurz B-
Boys bzw. B-Girls genannt (vgl. Klein/Friedrich 2003 in Peschke 2010: 63). Graffiti gilt als die „visuelle[] Ausdrucksform“ der Hip-Hop-Kultur und wurde ursprünglich von den amerikanischen Jugendlichen genutzt, um mit dem Besprühen von Wänden oder Zugwaggons auf sich und die Missstände ihres Herkunftsviertels aufmerksam zu machen (vgl. Heide 2011: 23-24)
Aus ebendiesen Missständen in den verwahrlosten Vierteln der Bronx entstand so letztendlich die Hip-Hop-Kultur. „Rivalisierende Gangs wurden zu Crews“, die sich von nun an verbale bzw. künstlerische Duelle in den vier Disziplinen lieferten, anstatt ihre durch die sozialen Missstände angestaute Gewaltbereitschaft „in blutigen Straßenkämpfen“ auszutragen (vgl. Heide 2011: 21). Dieses Umdenken ist gemäß
Peschke (2010: 69) einzelnen ersten Anhängern des Hip-Hop zu verdanken, die in der aufkeimenden Hip-Hop-Kultur die Chance sahen, ihr Leben gewalt- und drogenfrei und somit besser zu gestalten. Durch den Zusammenschluss von mehreren Hip-HopAnhängern mit dieser Auffa**ung entwickelte sich so letztlich das Battle – eine gewaltfreie und respektvolle Form des Duellierens (vgl. Peschke 2010: 69-70) 2.1. Entwicklung und Positionierung des Rap in Deutschland Nachdem sich Rap innerhalb seines Ursprungslandes, den USA, zunächst nur im Untergrund abspielte und erst einige Jahre später kommerziell wurde, vergingen nochmals mehrere Jahre bis Hip-Hop und Rap in Deutschland ankamen (vgl. Heide 2011: 39). Bereits Anfang der 80er Jahre begann Hip-Hop in Deutschland bekannt zu werden – zum einen durch Filme zur Hip-Hop-Kultur und zum anderen durch die Jugendzeitschrift Bravo (vgl. Rathgeb 1999: 26). Nachdem diese erste Begeisterung bald wieder abebbte, erlebte Hip-Hop laut Rathgeb (1999: 26-27) Ende der 80er Jahre eine zweite Euphorie in Deutschland. Dort angekommen, wurde anfangs vorwiegend die englische Sprache von den deutschen Rappern übernommen (vgl. Rathgeb 1999: 30). Bevor das erste kommerzielle Hip-Hop-Album der deutschen Rapgruppe Die Fantastischen Vier 1991 erfolgreich veröffentlicht wurde, mussten diese zunächst erkennen, da** bloßes Nachahmen der englischen Sprache und Texte nicht zu ihrer mittelständischen Herkunft pa**te (vgl. Rathgeb 1999: 29-30). Demnach rappten sie fortan deutsche und eigene Texte, die sie authentischer erscheinen ließen. Dies zeigt vor allem, da** Rapperin und Rapstil miteinander kompatibel sein müssen, um Authentizität auszustrahlen und somit real sein zu können (vgl. Heide 2011: 78)
Scholz (2003: 160) weist in diesem Zusammenhang auf eine generell beobachtbare „imitative Lernphase des englischen Rappens“ hin, von welcher sich die Rapper erst zu einem späteren Zeitpunkt distanzierten und sich dann ihren „lokale[n]
Ausdrucksbedürfnisse[n]“ anpa**ten
Neben den ersten kommerziellen Rappern blieben allerdings viele Rapper noch im Untergrund tätig, ehe Mitte der 90er Jahre auch in Deutschland der kommerzielle Durchbruch des Hip-Hop und somit des Rap erfolgte (vgl. Rathgeb 1999: 37)
Scholz (2003: 154) unterscheidet dahingehend den sogenannten Underground nicht nur vom Mainstream, also vom kommerziellen Rap, der im allgemeinen Musikfachhandel erhältlich ist, sondern ebenfalls vom sogenannten Overground
Androutsopoulos (2003b: 121) erläutert, da** der Markt des Rap in diese drei Bereiche „nach dem Kriterium der Verfügbarkeit“ unterteilt ist. Damit zusammenhängend ist gemäß Scholz (2003: 161-162) auch der j**eilige Sprechstil, der je nach Kategorisierung in einen der drei Bereiche, variieren kann. Vor allem der Mainstream unterscheidet sich dahingehend vom Underground und Overground, da durch die entsprechende Stellung einzelner Rapperinnen auf dem Rap-Markt die Selbstbestimmung über deren Sprachgebrauch zum Teil beeinflusst und sogar eingeschränkt wird, da die verwendete Sprache ma**entauglich sein muss (vgl. Scholz 2003: 162). Zudem gilt es damit zusammenhängend zu bedenken, „da**
Veröffentlichungen stilistisch uneinheitlich sein können, was auch mit der Songthematik zusammenhängt“ (vgl. Androutsopoulos 2003b: 121)
Dieser letzte Punkt leitet zum nächsten Unterkapitel über, in dem unter anderem die Themenvielfalt behandelt wird sowie auf deren Verhältnis zur Kategorisierung in Subgenres und Stil eingegangen wird 2.2. Stil und Stilisierung im Rap: Kategorisierung vs. Individualisierung Laut Peschke (2010: 72) hat sich Rapmusik in ihrer Entwicklung stets verändert und unterschiedliche Stile hervorgebracht, welche sich in diverse Subgenres unterteilen la**en. Doch ist dieses Verständnis der Kategorisierungsmöglichkeit auch für das Genre Rap angemessen? Soeffner (1986: 319) beschreibt das Verhältnis von Stil und Stilisierung folgendermaßen: Stil repräsentiert und präsentiert in sozialer Interaktion die Einheit von Präsentation und Beobachtung. In dieser Hinsicht kann ›Stilisierung‹, das ›Styling‹, begriffen werden als Bündelung beobachtbarer Handlungen, die ausgeführt werden, um eine einheitlich abgestimmte Präsentation zu erzielen. Die Elemente eines ausgearbeiteten Stils sind somit die gefrorenen Stilisierungs- oder Stil anzeigenden Handlungen. Weiterhin betont Soeffner (1986: 319), da** jeder Stil „zusätzlich eine ästhetische Komponente – eine ästhetisierende Überhöhung – des Alltäglichen“ aufweist
Inwiefern sich diese „kulturelle Überhöhung“ im Rap erkennen lässt, soll in der
Stilan*lyse herausgearbeitet werden (vgl. Soeffner 1986: 319). In dieser Arbeit sind vor allem die sprachlichen Elemente von Bedeutung und weniger die musikalischen. Doch lässt sich der Stil des Rap noch weiter ausarbeiten? Gibt es Subgenres, die gefrorene Stilisierungs- oder Stil anzeigende Handlungen aufweisen? Kann eine Zuteilung in Subgenres überhaupt die Mannigfaltigkeit der zahlreichen existierenden individuellen Rapstile angemessen repräsentieren? Diese Fragestellungen sollen im Nachfolgenden beantwortet werden
Wie Streeck (2002: 548) feststellt, muss man als MC vor allem eines haben – Wiedererkennungswert, um „nur mit sich selbst identisch, unverwechselbar (und dennoch verständlich) zu sein“. In keinem anderen Musikgenre kommt diesem individuellen Stil ein solch essentieller Stellenwert zu wie im Rap. Dabei ausschlaggebend ist laut Streeck (2002: 548) „der Umgang mit den beats“, dessen
„individualisiertes Muster“ als styles bezeichnet wird. Bezogen auf den Rapper spricht man auch von dessen flow, der laut Heide (2011: 60) „nicht nur auf den Rhythmus des Sprechens“ abzielt, sondern „ebenso den Reim und die Prosodie der Stimme“ betrifft
Dieses identitätsstiftende Merkmal, der Stil eines Rappers, dank dessen er sich unverkennbar von den anderen Rappern unterscheidet, ist das, was Rap generell und was Rapper im Speziellen ausmacht. Allein deshalb gestaltet es sich schwierig, Rap in Subgenres, die für spezifische Stile stehen sollen, einzuteilen. Dennoch la**en sich zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten zum Thema nicht davon abbringen, Rap in vermeintlich stilverkörpernde Subgenres zu kategorisieren – irgendwie muss schließlich Ordnung und Zuteilung erfolgen. Die Einteilung wird dabei meist an der behandelnden Thematik der Texte festgemacht, obwohl dies nur ein Parameter ist, nach dem kategorisiert werden kann. Genau aus diesen unterschiedlichen Parametern resultiert allerdings die hauptsächliche Schwierigkeit der Zuteilung. Erwähnt sei an dieser Stelle Krims (2000: 55), der Rap nach drei grundlegenden Parametern kategorisiert: (1) the style of the musical tracks; (2) the style of MCing (or „flow“); and (3) the topics commonly dealt with (i.e., the semantic aspects of the lyrics). Die Berücksichtigung dieser drei Parameter erschwert die einheitliche Einteilung in diverse Subgenres. Je nach Konzentrierung auf einen Parameter la**en sich Raplieder unterschiedlichen Subgenres und gemäß Peschke (2010: 72) Stilen zuordnen. Der Grad an Differenziertheit verändert sozusagen auch das Genre-System, so Krims (2000: 54). Dies hat auch zur Folge, da** die einzelnen Subgenres nicht immer genau voneinander abgrenzbar sind. Ebenso können Subgenres wiederum in diverse Subgenres unterteilt werden. Doch wo befindet sich die Grenze?
Wie sich zeigt, erweist sich die Kategorisierung von Rap und damit die Einteilung in verschiedene Subgenres als äußerst komplexe Aufgabe. Neben Uneinigkeiten auf Seiten der Konsumentinnen herrscht auch innerhalb der wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema großer Unmut. Weiterhin gibt es unterschiedlich präferierte Bezeichnungen für ein und da**elbe Subgenre, wie Krims (2000: 55) anmerkt. Die
Bezeichnungen der Subgenres können sich zum einen durch die ständige Weiterentwicklung von Zeit zu Zeit ändern, aber auch länderspezifisch variieren. So werden im Ursprungsland des Rap, den USA, Subgenres häufig anders kategorisiert und bezeichnet als in Deutschland
Während in anderen Musikgenres – wie beispielsweise der Popmusik – Subgenres im Normalfall ausschließlich nach musikalischen Faktoren kategorisiert werden, liegt bei Rapmusik der Fokus auf dem Text. Genau diese Tatsache macht Rapmusik vor allem für die Sprachwissenschaft interessant. Es stellt sich demnach die Frage, ob die oben genannten Parameter dafür geeignet sind, Rap in Subgenres zu kategorisieren, vor allem aber, ob das überhaupt sinnvoll bzw. möglich ist. Rap mag zwar nicht gleich Rap sein, dennoch darf nicht übergangen werden, da** der Raptext und damit unumgänglich verbunden auch die Rapperin selbst eine gesonderte Rolle in diesem Genre spielen. Laut Heide (2011: 77) stehen der Text und somit inhaltliche sowie rhetorische und stilistische Aspekte vor allem mit dem Autor, d. h. mit dem Rapper in Verbindung. Somit wäre es m. E. unzutreffend, individuelle Rapstile zu einem
Subgenre zusammenzufa**en. Der individuelle Stil wiegt innerhalb der Hip-HopKultur sozusagen mehr als der vermeintliche Stil eines Subgenres. Folgerichtig kann eine Stilan*lyse nur den individuellen Stil eines Rapperin offenlegen und nicht den Stil eines gesamten Subgenres des Rap. Die individuellen Stile der diversen Rapper sind zu unterschiedlich, um von einem gemeinsamen Stil sprechen zu können. Abgesehen davon ist das Nachahmen des Stils einer anderen Rapperin in der Szene verpönt und hat mangelnde Authentizität zur Folge, welche an realness und credibility bemessen werden (vgl. Heide 2011: 77-78). Demnach dürften Rapper nicht gerade begeistert von der Idee sein, deren Stil mit den Stilen anderer Rapper in einen Topf zu werfen
Die bestehenden Defizite in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Stilfrage des Rap zeigen, da** die Diversität der Rapkunst sich nicht nach klaren Mustern kategorisieren lässt, auch wenn die Wissenschaft dies gerne praktizieren würde
Nachdem zuvor das Spannungsverhältnis von Stil zwischen Kategoriendenken und der Sonderstellung des Individuums im Hip-Hop thematisiert wurde, soll das nachfolgende Kapitel zeigen, da** die Einteilung in Subgenres hauptsächlich nach der behandelnden Thematik sowie den dazugehörigen Motiven – und somit nicht besonders stilvoll – erfolgt 2.2.1. Subgenres des Rap – eine Frage des Stils? In einem Interview nennt der Rapper Megaloh hauptsächlich drei größere Felder des Rap – den Party-Rap, den Gangster-Rap und den Conscious-Rap (vgl. Weber & Winkler 2007 auf taz.de). Im Gegensatz zu den meisten Kategorisierungen innerhalb wissenschaftlicher Arbeiten bietet die oben genannte Aufzählung eine überschaubare Anzahl an Subgenres. Nachfolgend sollen diese drei größeren Bereiche des Rap sowie der Battle- und Freestyle-Rap kurz vorgestellt werden, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen. Die nachfolgende Auswahl bietet vielmehr eine Übersicht über die verschiedenen Arten des Rap und soll aufzeigen, nach welchen Kriterien tatsächlich kategorisiert wird. Hess-Lüttich (2009: 113) weist im Zuge der verschiedenen Ausdifferenzierungen des Rap in Form von Subgenres auf die j**eils dazugehörigen Motive hin, welche ebenso im Folgenden Erwähnung finden sollen
Wie die oben erwähnte Aufzählung Megalohs vermuten lässt, fungiert der vielbeachtete Battle-Rap szenenintern gar nicht als eigenständiges Subgenre. Man hat eher den Eindruck, da** sich die Idee des Battles und das Motiv des Duellierens querbeet durch fast alle Raptexte zieht und dementsprechend omnipräsent ist. Trotzdem wird der Battle-Rap in wissenschaftlichen Arbeiten als Subgenre eingestuft und im Hinblick auf die oben erwähnte Geschichte der Hip-Hop-Kultur gewissermaßen auch als Schlüsselgenre. Das Rap-Battle wird häufig in der sogenannten cypher, einer Art „Kreisformation von Wettbewerbern“ ausgefochten (vgl
Heide 2011: 27). Vor allem der Wettbewerbscharakter und somit das hohe Maß an Spontaneität zeichnen den Battle-Rap aus. Auch Hess-Lüttich (2009: 113) betitelt als Motiv den Wettkampf. Prägend für diese Art des Rap ist die Tatsache, da** es darum geht, den Gegner mit den eigenen Fähigkeiten, szenegerecht sk**s genannt, zum Verstummen zu bringen – hauptsächlich durch zwei Sprechakte, wie Streeck (2002: 544) erläutert: dem sogenannten dissing, sprich dem Beleidigen des Gegners, und dem sogenanntem boasting, der hyperbolisch lobenden Selbstdarstellung. Aber auch durch komplexere Reime oder bessere Metaphern und Vergleiche etc. wird versucht, den Gegner zu übertrumpfen (vgl. Streeck 2002: 544). Durch den Verzicht auf Tabus hinsichtlich der verbalen Gewaltausübung, wie Peschke (2010: 74) andeutet, sind Expressivität sowie Affektivität durch die vielen Vulgarismen und den „exzessiven
Gebrauch der Stimme“ charakteristisch für die Sprache des Battle-Rap (vgl. Heide 2011: 83). Aber auch hier ist der individuelle Stil nicht zu unterschätzen
Eng verbunden mit dem Battle ist der Freestyle-Rap. Zwar geht es im Battle ebenso um freestyling, also um das Improvisieren mit Sprache gemäß Streeck (2002: 546). Jedoch ist beim vom Battle losgelösten freestyling der Wettbewerbscharakter nicht vorhanden. Der Zweck ist dennoch ähnlich – sowohl der womöglich absenten Konkurrenz als auch dem Publikum die eigenen Fähigkeiten zu demonstrieren, letzten Endes also für seine freestyle sk**s Respekt zu ernten. Gemäß Hess-Lüttich (2009: 113) ist das dazugehörige Motiv das Spiel. Der Freestyle-Rap wird in der Literatur häufig nicht als Subgenre gehandelt und nur in Verbindung mit dem Battle genannt, was abermals eine bestehende Uneinigkeit widerspiegelt. Viele Rapperinnen präsentieren ihre freestyle sk**s vor allem bei Live-Auftritten, um so das Publikum zu beeindrucken. Die soeben genannten Bereiche des Rap, Battle und Freestyle, unterscheiden sich insofern von den restlichen Feldern, als sie sich durch ihr sehr hohes Maß an Spontaneität und Mündlichkeit auszeichnen
Zurück zu den oben genannten Hauptfeldern des Rap. Ein Subgenre, welches in der Literatur meistens genannt wird, bildet der Gangster-Rap. Laut Peschke (2010: 76-77) sind häufige Themen das Schildern des harten Lebens auf der Straße bzw. im Ghetto sowie der Missbrauch von Drogen und Alkohol oder das Thema Prostitution, die den Interpreten als Gangster und damit als harten Kämpfer darstellen sollen. Das entsprechende Motiv lautet Provokation (vgl. Hess-Lüttich 2009: 113). Der Party-Rap ist hingegen, wie der Name schon vermuten lässt, vorrangig zur Unterhaltung konzipiert – auch Hess-Lüttich (2009: 113) nennt die Unterhaltung als Motiv dieses Subgenres. Wie zu Anfang dargestellt, war es ursprünglich auch dieser Zweck, der den Rap hervorbrachte – das Publikum zum Tanzen zu animieren und zu unterhalten. Inhaltlich enthalten Party-Rap-Texte daher normalerweise weniger komplexe Themen, mehrheitlich geht es sozusagen um das, was eine Party ausmacht – Feiern, Tanzen, Trinken (vgl. Krims 2000: 57). Einen gewissen Gegenpol zu den zuletzt genannten Subgenres bildet der Conscious-Rap, der auch Message-Rap oder Storytelling-Rap genannt wird. Inhaltlich ist dieses Subgenre tiefgründiger und behandelt Themen aus politischer oder sozialkritischer Perspektive (vgl. Peschke 2010: 73). Hess-Lüttich (2009: 113) nennt im Zusammenhang mit diesem Subgenre das Motiv der Politik. Vor allem diese Zuteilung des Motivs wirkt zu kurz gegriffen, kann man doch weitaus vielfältigere Themen als Politik in Raptexten behandeln
Würde man Raptexte dieser Subgenres an*lysieren, so würde man rein sprachlich gesehen, sicherlich keine eindeutigen spezifischen Stile erkennen. Die raptypischen Stilelemente finden sich in allen Feldern wieder – in welcher Ausprägung, Form und Qualität hängt dabei hauptsächlich mit dem individuellen Stil des Rappers zusammen
Es wurde bislang gezeigt, da** die Einteilung in Subgenres vor allem an der Thematik und dem Zweck festgemacht wird und sich nicht an sprachlich stilistischen Eigenheiten orientiert. Die Gleichung Stil entspricht Subgenre geht demnach nicht auf. Trotzdem lässt sich Stil im Genre Rap weiter ausdifferenzieren und zwar nach individuellen Kriterien. Die nachfolgende Stilan*lyse soll exemplarisch verdeutlichen, welche Rolle der individuelle Stil im Rap einnimmt und parallel dazu die Vielgestaltigkeit der Kunst des Rappens aufzeigen 3. Die Vielfalt der Rapkunst: Eine Stilan*lyse anhand von deutschen Raptexten Gemäß Androutsopoulos (2003b: 116) setzt sich das Gattungsprofil für Raptexte aus vier Hauptdimensionen zusammen – aus Songthemen, Sprechhandlungen, RapRhetorik und sprachlicher Orientierung. Auf diese Dimensionen soll in den einzelnen Kapiteln näher eingegangen werden. Ziel der Stilan*lyse ist, den individuellen Stil der Rapper herauszuarbeiten, um so aufzuzeigen, da** eine starre Einteilung in Subgenres nahezu unmöglich ist. Um eine gemeinsame Basis für die an*lysearbeit zu schaffen, sollen die Texte zuvor kurz inhaltlich vorgestellt als auch einige Informationen zu den Rappern preisgegeben werden
Für die an*lyse wurde zum einen der Stil des Rappers Samy Deluxe gewählt, welcher anhand eines relativ jungen Rapsongs aus dem Jahr 2011, der sich Poesie Album nennt, erarbeitet werden soll. Im Raptext von Poesie Album kritisiert Samy Deluxe einerseits generell die deutsche Musikszene sowie andererseits den aktuelle Ruf des Rap in Deutschland, der seiner Ansicht nach über die Jahre verkommen ist. Gleichzeitig sieht er es als seine Aufgabe an, die Kunst des Rap wieder aufleben zu la**en. Somit spiegelt der Text die Kritik des Rappers an anderen Rappern wider und besteht simultan aus einer großen Portion Selbstinszenierung, indem Samy Deluxe seine Position in der deutschen Hip-Hop-Szene in den Vordergrund stellt. Die eigene Selbstdarstellung und der Szenediskurs werden nach Androutsopoulos (2003b: 116) häufig zu Themen der Gattung Rap gemacht. Beim Versuch, den Rapsong einem Subgenre zuzuordnen, zeigt sich abermals die Komplexität der Stilfrage im Hinblick auf Subgenres. Zu beachten ist außerdem, da** Poesie Album als erste Singleauskopplung aus dem Album Schwarz Weiss als Promotion für das gesamte Album fungiert. Der Song soll außerdem dem darin thematisierten schlechten Ruf des Rap in der Gesellschaft entgegenwirken, der vor allem durch die Gangster-Rap-Szene und dem Vorurteil der Vulgärsprache aufkam (vgl. Rap Genius Deutschland 2011-2015b)
Zum anderen fiel die Wahl auf die Rapgruppe Fettes Brot, deren Stil am Text von Jein an*lysiert werden soll. Die Wahl einer Gruppe hat zugleich den Vorteil, darlegen zu können, da** sich auch in Formation einer Gruppe ein gewisser Stil entwickeln kann, wobei der Stil der einzelnen Gruppenmitglieder in diesem Fall eher in den Hintergrund tritt. Nicht selten entscheiden sich einzelne Gruppenmitglieder aus vermutlich diesem Grund, im Verlauf der Karriere Soloprojekte anzutreten. Mit dem Raptext Jein wird in dieser Arbeit ein Kla**iker der 90er Jahre untersucht und somit ein Text, welcher aus den Anfängen des Rap in Deutschland stammt. Der Text handelt vom Abwägen moralischer Entscheidungen und ist so aufgebaut, da** jeder Rapper pro Strophe eine Geschichte erzählt, bei welcher er am Ende vor der Entscheidungsfällung, ja oder nein, steht. Somit handelt der Text durchaus von einer alltäglichen Herausforderung, der sich jeder früher oder später zu stellen hat. Pa**end dazu lautet auch der Name des Liedes Jein, welcher die Entscheidungsschwierigkeit widerspiegelt. Thematisch könnte das Lied somit dem Conscious-Rap zugeteilt werden. Da der Text allerdings mit viel Witz und Ironie versehen ist und auch die durchaus partytaugliche musikalische Untermalung kein ernstes Thema vermuten lässt, wäre der Song bei Konzentrierung auf diese beiden Parameter dem Party-Rap zuzuordnen. Genau hier zeigt sich die Problematik der Kategorisierung – der individuelle Stil der Gruppe lässt eine solche schwarz-weiß-Kategorisierung nicht zu. Die Verpackung einer durchaus ernsteren Thematik in einen individuellen, in diesem Fall, einen unterhaltenden Stil, verhindert eine klare Zuteilung
Insgesamt lässt sich sagen, da** alle drei Rapper von Fettes Brot – namentlich Dokter
Renz, König Boris und Schiffmeister – als auch Samy Deluxe aus dem Norden Deutschlands stammen, genauer gesagt aus Hamburg, einem der „beiden Zentren des deutschen HipHop mit den innovativsten Szenen“, wie Rathgeb (1999: 39) angibt
Sowohl Fettes Brot als auch Samy Deluxe zeichnen sich durch ihren unkonventionellen Rapstil aus, der mithilfe der beiden ausgewählten Texte im Folgenden aufgezeigt werden soll
Die beiden Raplieder wurden nach den Konventionen von GAT 2 transkribiert (vgl. Selting et al. 2009; Hagemann & Henle 2014). Einzelne Ausschnitte der Transkripte werden im Nachfolgenden immer wieder herangezogen, um bestimmte stilistische Merkmale zu veranschaulichen 3.1. Das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit Gemäß Koch/Oesterreicher (1985) sind Liedtexte und damit auch Raptexte medial anders kodiert als sie konzeptioniert sind. Das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit wird von Koch/Oesterreicher (1985: 18) in einem Modell als Kontinuum dargestellt, in welchem sowohl phonischer als auch graphischer Kode als
Medium vorhanden sind sowie Schriftlichkeit und Mündlichkeit als kommunikative
Strategien existieren. Ein Raptext, sofern es sich nicht um improvisierten FreestyleRap handelt, ist zwar graphisch kodiert, allerdings im Normalfall für den mündlichen Vortrag des Textes konzeptioniert – der Schreibstil des Raptextes orientiert sich also an einer medial mündlichen Sprache
Koch/Oesterreicher (1985: 23) differenzieren ihr Modell weiter aus, indem sie die Einordnung in das Kontinuum den Kommunikationsbedingungen zuschreiben, welche Heide (2011: 16-17) gemäß Koch/Oesterreicher (1985) unter folgende Punkten zusammenfa**t: soziales Verhältnis, Anzahl sowie räumliche und zeitliche Situierung der Kommunikationspartner, Sprecherwechsel, Themafixierung, Öffentlichkeitsgrad, Spontaneität sowie Beteiligung und Rolle des sprachlichen, des situativen und soziokulturellen Kontexts. All diesen Punkten werden dabei die beiden Pole Mündlichkeit und Schriftlichkeit gegenübergestellt und so Abstufungen vorgenommen (vgl. Heide 2011: 16). Aus den eben genannten Kommunikationsbedingungen resultieren gemäß Koch/Oesterreicher (1985: 21) gewisse Präferenzen in sprachlichen Äußerungen, die als Versprachlichungsstrategien bezeichnet werden. Diese können als nachfolgende Punkte komprimiert werden, welche wiederum zwischen den Polen der Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit anzusiedeln sind: Prozesshaftigkeit vs. Verdinglichung, Vorläufigkeit vs. Endgültigkeit, Informationsdichte, Kompaktheit
Integration, Komplexität, Elaboriertheit und Planung (vgl. Koch/Oesterreicher 1985: 21-23)
So zeigt sich an der größeren Informationsdichte, Komplexität, Elaboriertheit und Planung der an*lysierten Raptexte ein distanzsprachlicher Charakter. Viele Rapperinnen greifen in ihren Texten daher auf die Kommunikationsbedingungen und Versprachlichungsstrategien zurück, um einen medial graphischen, vorgefertigten Text auf die kommunikative Strategie der Mündlichkeit auszulegen. Durch den Einsatz von nähesprachlichen Elementen kann so der Eindruck von Mündlichkeit sowie Spontaneität und infolgedessen Nähe evoziert werden 3.1.1. Dialogizität und Interaktion Auch Fettes Brot greifen auf nähesprachliche Elemente zurück, indem sie ihren Text interaktiv gestalten und sich so eine gewisse Dialogizität entwickelt, wie der folgende Ausschnitt zeigt
Bsp. 1: Fettes Brot – Dialogizität Strophe 1 (Dokter Renz) 12 DR: !WOW! schaut euch diese frAU an, 13 KB:
SCHANde dazu bist du im stAnde? (-) 14 SM: kaum ist deine hErzallerliebste ausm lande und du hengst
Denkst längst an ne ANdre, 15 DR: ja=soll ich denn HEUlen? Wie man anhand von Bsp. 1, der ersten Strophe, die von Doktor Renz gerappt wird, sehen kann, erfolgen immer wieder Zwischenfragen oder Einwürfe bzw. Kommentare der anderen Rapper der Gruppe, wodurch sich ein interaktiver Charakter des Liedes und so ein Dialog zwischen den Gruppenmitgliedern entwickelt
Bsp. 2: Fettes Brot – Dialogizität Strophe 2 (König Boris) 36 KB: ich habe einen FREUnd. 37 SM: ein GUTer? 38 KB: sozusAgen mein BESter, 39 und ich ha:be ein problEm_ich steh auf seine FREUNdin; 40 DR: nich auf seine SCHWESter? Diese Technik des Dialogaufbaus zieht sich durch alle drei Strophen und somit durch den gesamten Raptext. Den meisten Redeanteil hat zwar stets ein Rapper – in Strophe 1 Dokter Renz, in Strophe 2 König Boris, in Strophe 3 Schiffmeister – dennoch wird dieser, wie sich auch anhand von Bsp. 2 und 3 zeigt, laufend von seinen Bandmitgliedern unterbrochen. Dadurch entsteht der Eindruck eines spontanen Dialogs zwischen den Gruppenmitgliedern, was im Gegensatz zur Entstehung des Textes steht. Denn dieser wurde im Vorfeld vermutlich mühevoll durchdacht und ist konzeptionell schriftlich, aber auf die Mündlichkeit und damit den phonischen Kode ausgelegt. Der Text vermittelt also nur den Anschein von Nähe, denn eigentlich ist er gemäß Koch/Oesterreicher (1985) distanzsprachlich, da im graphischen Kode angefertigt
Bsp. 3: Fettes Brot – Dialogizität Strophe 3 (Schiffmeister) 72 KB: hey=SCHIFF (-) was hastn heute Abend vor? 73 SM: hm ich mach hier nur noch meine strOphe FERtig; Der dialogartige Charakter des Liedes eignet sich bei Live-Auftritten besonders für „das interaktive und dialogische“ Call and Response-Prinzip, um auf diese Weise als
Künstler mit dem Publikum zu kommunizieren und die Grenze dazwischen zu ebnen
(vgl. Heide 2011: 79). In einer Live-Version des Liedes Jein wird daher auch Segment 72 in Bsp. 3 kollektiv vom (textkundigen) Publikum produziert (vgl. YouTube 2015a). Auf das Call and Response-Prinzip soll in Kapitel 3.3.2. nochmals Bezug genommen werden
Sicherlich trägt auch die Konstellation der Gruppe, bestehend aus drei Rappern, zur Möglichkeit der interaktiven Gestaltung des Liedes bei. Aber auch von einzelnen Rappern werden interaktive Elemente in Texte eingebaut, um so Nähe zu symbolisieren, wie nachfolgendes Bsp. 4 zeigt
Bsp. 4: Samy Deluxe – Adressat (Deutschland) 04 SD: hallo DEUTSCHland. (-) 05 kennt ihr MICH noch? (-) 06 kennt ihr DAS noch, (-) 07 echten HIPhop? (-) Durch eine Begrüßungsformel werden zu Beginn die Hörer angesprochen, wodurch der Eindruck eines Dialogs vermittelt wird. Dabei richtet sich die Anrede explizit an Deutschland und somit an das Publikum bzw. die Hörerschaft. Damit wird ein Produzenten-Rezipienten-Verhältnis aufgebaut und die Message richtet sich an einen bestimmten Adressaten, in Bsp. 4 folglich die Hörerschaft. Im Verlauf des Songs ändert sich allerdings der Adressatenkreis, ohne dies explizit zu kennzeichnen, wie Bsp. 5 demonstriert
Bsp. 5: Samy Deluxe – Änderung Adressatenkreis 14 SD: WER bitte WER WER kann es sein 15 SAG mir den nA:men und ich nehm ihn un:ter vertrag- 16 oder DIE: (.) oder SIE: (.) ganz ega:l (.) wer es is:- (.) 17 hast du BITte ma ne email oder nummer parAt, (-) 18 nein es GIBT kEInen (-) denn die sänger sIngen und die rapper klIngen als hätten sie: nie: hunger gehabt. 19 und sogar wenns im internet deine lieder umsonst gäb- 20 keiner mit geschmack hätte die je runtergela::den Während in den Segmenten 14-17 noch generell jeder Hörer angesprochen wird, ändert sich die Perspektive ab Segment 18, was zur Folge hat, da** 19 lediglich an bestimmte konkurrierende Rapper adressiert ist. Diese Änderung des Adressatenkreises zeigt sich auch in folgendem Ausschnitt
Bsp. 6: Samy Deluxe – Adressat (Konkurrenz)
29 SD: aber ich komme nich klar auf diese ganzen RAPper die scheinbar nix wIssen über diese kUnstform. 30 und des:halb MUSS_ich die mAssen von neuem bekehren und das verständnis für unsere kUnst formen. 31 denn ich hAb dieses HAUS hier mit aufgebaut. (.) 32 ihr habts demoLIERT- 33 ich habs renoVIERT Auch in Bsp. 6 wird in Segment 32 mit dem deiktischen „ihr“ auf bestimmte Rapper und nicht, wie zu Anfang, das gesamte Publikum referiert. Dies macht sich auch an Segment 30 erkennbar, in welchem zuvor mit dem deiktischen Ausdruck „unsere“ auf die Kunst der Rapper im Allgemeinen referiert wird. Diese Indizien machen die differenzierte Interpretation in Segment 32 erst möglich. Auch der Hinweis in Segment 29 „diese ganzen Rapper“ liefert Evidenz dafür
Wie sich der nähesprachliche Charakter auf phonetischer Ebene zeigt, soll im Folgenden erläutert werden 3.1.2. Phonetische Merkmale: Assimilation, Elision, Umgangssprache Auch aus phonetischer Perspektive weisen Raptexte einige stilistisch relevante Merkmale wie Elisionen und Assimilationen auf, die typisch für die gesprochene 15 Sprache sind (vgl. Heide 2011: 75-76). Die nachfolgenden Beispiele sollen exemplarisch aufzeigen, wie sich spontansprachliche Elemente auf phonetischer Grundlage durch die Texte ziehen und sich so ein sehr medial mündliches Bild des Raptextes ergibt
Bsp 7: Fettes Brot – Abschwächung von Klitika/Aphärese 14 SM: kaum ist deine hErzallerliebste ausm lande und du hengst denkst längst an ne ANdre Bsp. 7 zeigt zum einen die häufig auftretende Abschwächung von Klitika, wie bei
„ausm“ sowie die ebenfalls sehr gebräuchliche Elision am Wortanfang, die sogenannte
Aphärese, wie an „ne“ erkennbar wird (vgl. Heide 2011: 76)
Bsp. 8: Fettes Brot – Tilgung/Apokope 41 KB:
: WÜ:RD ich auf die schwEster stehen= , 42 =hätt ich NICH das problEm_das wir haben (-) Sowohl die Apokope des Schwa-Lauts am Wortende bei „würd“ und „hätt“ als auch
Die Tilgung des [t] nach Frikativen wie bei „nich“ werden, wie in Bsp. 8 erkennbar
Ebenfalls häufig in den untersuchten Raptexten realisiert (vgl. Heide 2011: 75)
Gleichzeitig hängen Tilgungen häufig auch mit dem Reim bzw. dem Rhythmus
Zusammen, wie das folgende Bsp. 9 aufweist
Bsp. 9: Samy Deluxe – Apokope Schwa-Laut 54 SD: was würde ich bloss TUN_hier wär ich nich rApstar Denn einerseits wird hier bei „würde“ der Schwa-Laut nicht getilgt, bei „wär“ hingegen doch. So gesehen können die für die gesprochene Sprache typischen phonetischen Merkmale zwar realisiert werden, werden allerdings teilweise auch bewusst nicht produziert. So gestalten sie „die Einhaltung des Rhythmus und des Reimes“ flexibler, wie Heide (2011: 76) anmerkt. Im folgenden Bsp. 10 erfolgt eine Assimilation der Nasalfolge bei „singen“ und „klingen“, so da** nur [ŋ] realisiert wird. Aufgrund der Bestimmungen der GAT 2-
Konventionen wird diese Realisierung allerdings nicht transkribiert, da sie als
Standardsprachlich für die gesprochene Sprache gilt (vgl. Selting et al. 2010: 361)
Bsp. 10: Samy Deluxe – Assimilation bei Nasalfolgen 18 SD: nein es GIBT kEInen (-) denn die sänger sIngen und die rapper klIngen als hätten sie: nie: hunger gehabt Gemäß Heide (2011: 76) sind die soeben aufgezählten nähesprachlichen Merkmale ein
Kennzeichen dafür, da** die Rapper ihre Umgangssprache verwenden. Dies zeigt sich
Auch am Gebrauch von sogenannten Regionalismen, wie Bsp. 11 demonstriert
Bsp. 11: Fettes Brot – Regionalismen 84 KB: [und SIE:: sacht, (-)] DR: [und SIE:: sacht, (-)] In Bsp. 11 zeigt sich die für Hamburg typische Artikulation von „sagt“ mit der Spirantisierung des [g]. Auch im Text von Poesie Album finden sich solche Regionalismen, wie Bsp. 12 darstellen soll
Bsp. 12: Samy Deluxe – Regionalismen 42 SD: guck ma HIE:R (.) dies mein poesieAlbum. (-) 43 schau ma REI:N (.) lies mein poesieAlbum. (-) Sowohl die getilgte Aussprache von „guck mal“ in Segment 42 als auch das getilgte „schau mal“ in 43 sind typisch für die Hamburger Umgangssprache. Die Dimension der sprachlichen Orientierung verortet Raptexte „zwischen Standard und Nonstandard“ und beschreibt die Kreativität der Verbindung von „Varietäten bzw. Registern der Landessprache“ (vgl. Androutsopoulos 2003b: 116). Die Verwendung lokaler Varietäten erfüllt allerdings noch eine weitere Funktion, welche im folgenden Kapitel erläutert werden soll 3.2. Identität und Intertextualität Wie bereits im Vorfeld erwähnt wurde, ist die Identität eines Rappers ein essentieller Aspekt für den Stil desselben. Ebenso sind Raptexte in hohem Maße intertextuell geprägt (vgl. Heide 2011: 89). Diese Intertextualität, meist in Form von Referenzen auf die Hip-Hop- sowie die Medien- und Populärkultur, trägt wiederum auch zur Identitätskonstitution des Rappers und zu dessen Positionierung und Stand in der Szene bei (vgl. Androutsopoulos 2003b: 117). Gemäß Androutsopoulos (2003b: 117) „wird durch verbale Referenzen ein »kultureller Horizont« hergestellt, in dem sich länderspezifische Traditionen mit Wissensbeständen des globalen HipHop vermengen“. Um manche Texte entschlüsseln zu können, muss also ein hoher Grad an gemeinsamem Wissen vorhanden sein (vgl. Androutsopoulos 2003b: 118). Identität und Intertextualität stehen im Rap demnach in einer komplementären Beziehung zueinander. Wie sich das Verhältnis von Identität und Intertextualität in Raptexten konkret zeigt, soll nachfolgend erläutert werden 3.2.1. Namen, representing und dedication Ein wichtiges identitätsstiftendes Merkmal ist der Name eines Rappers. MCs schaffen laut Streeck (2002: 539) mit ihren selbst verliehenen Eigennamen „neue, öffentliche, singuläre Personen, identifizierbare Stimmen im Diskurs der Nation“. Dabei wird häufig auf simple, produktive Bildungsmethoden zurückgegriffen wie z. B. auf Epitheta oder Titel. So wird gemäß Streeck (2002: 539) der Künstlername Samy Deluxe aus dem bürgerlichen Vornamen des Rappers Samy sowie dem Epitheton Deluxe gebildet. Laut eines Interviews mit der Band entstand der Name von Fettes Brot durch den bezeichnenden Ausruf des Rappers Spax, der die Band bei einem Konzert erlebte, bevor sie einen Namen trug (vgl. Otto 2008). Was damit genau gemeint war, bleibt wohl das Geheimnis dieses Rappers . Die Namen der einzelnen Gruppenmitglieder Dokter Renz und König Boris wurden gemäß Streeck (2002: 539) nach der gebräuchlichen Methode einer Titelverleihung gebildet. Auch die unübliche Schreibweise Dokter ist laut Streeck (2002: 539) typisch bei der Namensgebung. Beim Künstlernamen Schiffmeister kann ebenso von einem Titel in Kombination mit einer Assoziation zu dem Ort, der die Gruppe repräsentiert, sprich Hamburg, ausgegangen werden. An dieser Stelle sei angemerkt, da** alle soeben erwähnten Rapper über mehrere Künstlernamen verfügen, auf die allerdings im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden kann. Dies ist durchaus typisch für die Rapszene. Berücksichtigt wurden die Künstlernamen, die zur Entstehungszeit der Lieder vorrangig gebraucht wurden
Die lokale Zugehörigkeit bildet einen weiteren Identitätsbestandteil von Rappern (vgl. Streeck 2002: 542). Durch den Sprechakt des representing, d. h. gemäß Streeck (2002: 542) das Ausweisen des Rappers „als Repräsentation eines Ortes […], dem seine Loyalität gilt“, wirkt die Identität des MC erst authentisch. Im Text macht sich dies beispielsweise explizit durch die Nennung von Ortsnamen erkennbar, aber auch durch phonetische Merkmale, wie die Verwendung der regionalen Umgangssprache, die bereits in Kapitel 3.1.2. gezeigt wurde, oder aber noch deutlicher durch regionale Dialekte. Folgendes Bsp. 13 beweist dies authentisch
Bsp. 13: Fettes Brot – representing Plattdeutsch (Sott) 22 KB: oh mein GOTT (.) 23 wat hat der trottel SOTT In Segment 23 wird bewusst das regionale Plattdeutsch eingesetzt, was die Herkunft der Gruppe als norddeutsch identifizieren lässt. Der Inhalt von Segment 23 kann sinngemäß mit „Was hat der Trottel Glück“ ins Standarddeutsche übersetzt werden (vgl. Rap Genius Deutschland 2011-2015a). Auch der Ausdruck „seute“ in Bsp. 14 ist platt. Ursprünglich sagt man „seute Deern“, was etwa „süßes Mädchen“ bedeutet – des Binnenreimes wegen wurde „Deern“ durch „Bräute“ ersetzt (vgl. Rap Genius Deutschland 2011-2015a). An dieser Stelle zeigt sich besonders die Kreativität, die sich in diesem Fall gemäß Androutsopoulos (2003b: 116) durch die Verbindung von Standard und Platt ergibt
Bsp. 14: Fettes Brot – representing Plattdeutsch (seute Bräute) 08 DR: ich wette (-) HEUte machen wir erneute fette BEUte- 09 treffen SEU:te BRÄU:te- (.) Als typische ritualisierte Sprechhandlung des representing gilt auch die „Verortung des Rappers in Raum und Zeit“ (vgl. Androutsopoulos 2003b: 116). So verorten Fettes Brot ihren Song, wie man in Bsp. 15 sieht, direkt zu Beginn im Jahre 1996
Bsp. 15: Fettes Brot – Verortung Zeit 01 DR: es is neunzehnsechsnNEUNzi:g;- Stilistisch auffällig ist, da** sowohl Fettes Brot als auch Samy Deluxe weitestgehend auf die explizite räumliche Verortung verzichten. Für den Stil ist also nicht nur die Präsenz bestimmter Merkmale, sondern auch die Absenz dieser entscheidend. Das folgende Bsp. 16 zeigt, da** Samy Deluxe gleich zu Beginn sein neues Album, welches gleichzeitig als „Poesie Album“ bezeichnet wird, anpreist
Bsp. 16: Samy Deluxe – representing (Schwarz Weiss) 03 SD: schwarz auf WEI:SS (.) in meinem poesieAlbum So wird bereits in der dritten Zeile auf den Namen des Albums „Schwarz Weiss“ angespielt. Auch dies kann als Sprechakt des representing gewertet werden. Streeck (2002: 543) nennt mit der dedication einen weiteren wichtigen Sprechakt im Rap, in welchem Rapper ihren Status innerhalb der Szene verhandeln sowie ihre Vorbilder aus der Szene betiteln
Bsp. 17: Samy Deluxe – dedication (Jay-Z) 35 SD: ich bin das BUCH von jay sI:- 36 ich hab rAp für die ma**en hier de:ko:dIER:T In Part 35 nennt Samy Deluxe den amerikanischen Rapper Jay-Z und spielt im darauffolgenden Part auf dessen Buch mit dem Titel Decoded an, indem er sich als dieses bezeichnet und sich somit mit ihm vergleicht. Die dedication geschieht häufig auf Basis eines Vergleichs. Auffällig ist vor allem, da** in seinem Text Poesie Album nicht nur Rapper, sondern auch einige Dichter und Schriftsteller genannt werden. Dies kann ebenso als dedication erachtet werden. Gleichzeitig setzt der Rapper ein Statement – deutsche Rapper sollten auch über bestimmtes Wissen der deutschen Kultur verfügen. Auf kulturelle Referenzen wird im Rahmen der rhetorischen Stilmittel in Kapitel 3.3.1. nochmals genauer eingegangen
Bsp. 18: Samy Deluxe – dedication Schiller/Goethe
45 SD: ich bin so SCHILler so GOEthe so bItter so bÖse- Wie Bsp. 18 und 19 zeigen, referiert Samy Deluxe hier auf die deutschen Dichter und Schriftsteller Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe und Christian Morgenstern, j**eils auf Basis von Vergleichen
Bsp. 19: Samy Deluxe – dedication Morgenstern
52 SD: und ich SCHEIN wie der morgenstErn hoffe da** ihr alle aus den reimen und den worten lernt; (.) Weniger kryptisch als im letzten Fall werden darüber hinaus noch weitere Schriftsteller und Dichter genannt, wie Bsp. 20 und 21 darlegen
Bsp. 20: Samy Deluxe – dedication Tell/Shakespeare 67 SD: es is wie_wenn wIlhelm tell und wIlliam shakespEAre. (-) 68 auf crAck wären nach en paar BECKS bIEr Bsp. 21: Samy Deluxe – dedication Heine 73 ich mache SCHEIne schEIne indem ich REIme rEIme so wie
HEINrich hEIne Es geht also nicht nur um eine gewisse Kenntnis der globalen Rapszene, sondern ebenso um die Kenntnis der Herkunftskultur, sprich die der Dichter und Denker. Rap ist nicht nur Hip-Hop, sondern ebenso Poesie, wie auch der Titel des Liedes schon vermuten lässt. (Um nochmals auf die Problematik der Kategorisierung in Subgenres zurückzukommen, könnte man sich jetzt fragen, ob der Text nicht doch eine Message enthält, womit er auch dem Conscious-Rap zuzuordnen wäre.) Berücksichtigt man nun, da** Wilhelm Tell Schweizer war sowie der englische und damit nicht deutschsprachige William Shakespeare in Bsp. 20 ebenso Erwähnung 20 findet, schließt sich der Kreis. Denn auf diese Weise spiegelt sich auch, an*log zur globalen Rapszene, das globale Dichtertum in Raptexten wider, womit der Sprechakt der dedication nicht nur auf die deutschsprachige Kultur der Dichtung begrenzt ist. Besonders auffällig ist, da** Fettes Brot in ihrem Text ganz auf den Sprechakt der dedication verzichten – Raptexte kommen also auch ohne diesen Sprechakt aus 3.2.2. Die Sprechhandlungen boasting und dissing Als charakteristische ritualisierte Sprechhandlungen des Rap gelten zudem das boasting, das hyperbolische Selbstlob, und das dissing, die „rituelle Herabsetzung“ der Konkurrenz (vgl. Androutsopoulos 2003b: 116). Diese beiden Begrifflichkeiten werden vor allem im Zusammenhang mit dem Rap-Battle und so dem Improvisieren genannt und stehen für den Ausdruck von respect bzw. disrespect (vgl. Heide 2011: 81). Dabei wird häufig übergangen, da** beide Elemente auch in vorgefertigten Raptexten Verwendung finden, sprich nicht Battle-exklusiv sind. Folgende Beispiele sollen über den Gebrauch von boasting und dissing Aufschluss geben
Bsp. 22: Samy Deluxe – dissing 19 SD: und sogar wenns im internet deine lieder umsonst gäb- 20 keiner mit geschmack hätte die je runtergela::den In Bsp. 22 zeigt sich ein gedoppeltes dissing, indem Samy Deluxe nicht nur konkurrierende Rapper in Segment 19 angreift, sondern gleichzeitig auch deren Fans in Segment 20 verurteilt. Außergewöhnlich ist, da** die Herabsetzung der Konkurrenz hier implizit erfolgt. Dagegen findet sich ein klarer, explizit formulierter Fall des boasting in der nächsten Pa**age
Bsp. 22: Samy Deluxe – boasting 25 SD: ich bin so brill:ant so phänomenA:L; 26 fundamenTA:L- 128 radikAL so wie in jüngeren jAhren als ich direkt ausm
Untergrund kam; In Bsp. 23 positioniert sich Samy Deluxe gleichzeitig noch in der Szene, was eine verstärkende Wirkung des boasting mit sich bringt. Die Beispiele 22 und 23 stehen exemplarisch für die Verwendung der beiden Sprechhandlungen des boasting und dissing in diesem Text und somit für den Rapstil von Samy Deluxe. Beide Sprechhandlungen ziehen sich durch den gesamten Text, wobei das dissing generell implizit, das boasting dagegen sehr explizit erfolgt. Heide (2011: 100) weist darauf hin, 21 da** „intertextuelle Anspielungen“ und zusammenhangsloses Selbstlob und Herabwürdigen des Gegners typische Merkmale des Freestyle-Rap sind. Wie sich anhand der Beispiele zeigt, stellen die durchgängige Verwendung der oben genannten Sprechhandlungen sowie ein großer Anteil an intertextuellen Anspielungen kein Indiz für Freestyle-Rap dar. Dissing und boasting heben sich hier stilistisch von den häufig eher plump und aggressiv formulierten Sprechhandlungen ab – zudem weisen sie durchaus Kohärenz auf. Diese neue Qualität der beiden typischen Sprechhandlungen des Rap ist vor allem durch den graphischen Kode bedingt
Im Fall von Fettes Brot ist besonders erstaunlich, da** im gesamten Text weder die für den Rap typische Sprechhandlung des dissing noch die des boasting zu finden ist. Offensichtlich legen sie darauf keinen Wert, womit sie sich stilistisch deutlich abheben 3.3. Das Spiel mit Sprache und Stimme Die Stimme des Rappers ist trotz ihrer dominanten Stellung in der Rapmusik ein häufig vernachlässigtes Merkmal (vgl. Forman 2009: 24). Dabei trägt die Stimme wesentlich zur Verständlichkeit des gerappten Textes bei und wirkt sich so auch auf das Ansehen eines Rappers und dessen Erfolg aus Die Klangfarbe der Stimme und die Klarheit des Sounds tragen wesentlich zum Hörvergnügen des Publikums bei und wirken sich entscheidend darauf aus, wie das Talent eines MC eingeschätzt wird (vgl. Forman 2009: 24). Forman (2009: 26) führt weiter aus, da** „Intonation und Variationen der stimmlichen Modulation“ bedeutenden Anteil an der „Konstruktion von symbolischem Wert und Sinn“ haben. Auch für den Stil eines Rappers ist sie somit von großer Bedeutung und nimmt damit einhergehend eine identitätsstiftende Rolle ein. Wie der Stimmeinsatz genutzt werden kann, um einerseits Tempowechsel einzuleiten, andererseits trotz hoher Sprechgeschwindigkeit die Klarheit von Klangfarbe und Stimme zu erhalten, so da** das Gerappte für den Rezipienten deutlich verständlich bleibt, demonstriert Samy Deluxe auf imposante Weise
Das Spiel mit der Sprache ist dem Rap inhärent. Der Reim, der charakteristisch für das Rappen und laut Heide (2011: 62) „poetisches Spiel- und Stilmittel“ ist, spielt dabei eine zentrale Rolle. So ist es letztendlich neben dem Rhythmus auch der Reim, der den Rap von der Alltagssprache unterscheidet (vgl. Heide 2011: 105-106). Jedoch kommt es im Rap nicht auf besonders makellose Reime an, vielmehr geht es um „unerwartete Kombinationen durch den unreinen Reim, bei dem Betonung und Klangfärbung nicht genau übereinstimmen müssen“ (vgl. Heide 2011: 62). Ausschlaggebend für die Bildung von Reimen ist hingegen die sogenannte Assonanz der Vokale, wie Heide (2011: 62) anmerkt
Bsp. 24: Samy Deluxe – unreiner Reim 37 SD: de:finiert etablier:t und noch mehr schlaue worte mit ier:t, 38 und wenn ihr vermutet ich sei hier der BESte poet dann vermut ich da** Ihr euch nich Irr:t Durch die h*mophone Aussprache von „iert“ und „irrt“, die möglicherweise auch durch die norddeutsche Umgangssprache gefärbt ist, gelingt an dieser Stelle der Reim. Hingegen finden sich auch sehr saubere Reime in den Texten, wie folgender Ausschnitt zeigt
Bsp. 25: Fettes Brot – reiner Reim 50 KB: warum hat_Er die schönste FRAU zur frau? 51 SM: mit dem schÖnsten KÖRperbau; 52 DR: und is_sie SCHLAU? 53 KB: geNAU. (-) Im inszenierten Dialog von Bsp. 25 zeigt sich in Form des Endreims besonders eindrucksvoll der Unterschied zu einem Alltagsgespräch. Im Folgenden soll nun auf das Spiel mit der Sprache mittels rhetorischer Stilmittel eingegangen werden 3.3.1. Rhetorische Stilmittel Das Spektrum an rhetorischen Stilmitteln im Rap ist vielfältig. Mit ihnen demonstrieren Rapper laut Heide (2011: 85) ihre verbalen Fähigkeiten. Zur Veranschaulichung der Kreativität und der Mannigfaltigkeit der rhetorischen Stilmittel, soll die nachfolgende Auswahl exemplarisch dienen. Das nachstehende Bsp. 26 zeigt die Verwendung des Stilmittels der h*mophonie, welche laut Androutsopoulos (2003b: 116) raptypisch ist
Bsp. 26: Samy Deluxe – h*mophonie (Kunstform) 29 aber ich komme nich klar auf diese ganzen RAPper die scheinbar nix wIssen über diese kUnstform. 30 und des:halb MUSS_ich die mAssen von neuem bekehren und das verständnis für unsere kUnst formen In Segment 30 wird eine Assimilation der Nasalfolge in „Kunst formen“ vorgenommen, wodurch „Kunst formen“ genau wie „Kunstform“ in Segment 29 realisiert wird und so der Reim gelingt. Das nächste Beispiel zeigt ebenso einen Fall von h*mophonie. Indem bei der Realisierung von „schwindelig“ der optionale Schwa-Laut bewusst eingefügt wurde, resultiert sowohl für „schwindelig“ in Segment 44 als auch für „schwindel ich“ in Segment 45 die Realisierung [´ʃvɪndɘlɪҫ]
Bsp. 27: Fettes Brot – h*mophonie (schwindelig) 44 =kOmmt sie in den raum wird mir SCHWINdelig; 45 sach ich sie wIll nichts von mir (.) dann SCHWINdel ich= Stilistisch charakteristisch ist die Verbindung von h*mophoniespiel mit kultureller Referenz, die nach Androutsopoulos (2003b: 116) beide rhetorische Stilmittel im Rap bilden. Folgende Pa**agen geben darüber Aufschluss
Bsp. 28: Samy Deluxe – h*mophoniespiel/kulturelle Referenz (Brecht) 48 FÜTter ich euch deutschen dIchtern reime; 49 bis ihr alle BREcht wie bERtolt- In Segment 49 findet sich in der Formulierung „brecht wie Bertolt“ ein h*mophoniespiel mit dem Namen des bekannten Dichters Bertolt Brecht. Gleichzeitig fungiert dieses h*mophoniespiel als kulturelle Referenz, Bsp. 28 vereint also gleich zwei rhetorische Stilmittel in einem. Gleichzeitig findet sich in Segment 48 eine Metapher, die im Rap ebenso als rhetorisches Stilmittel fungiert (vgl. Androutsopoulos 2003b: 116). Die nachfolgende Pa**age soll nochmals die Verknüpfung von h*mophoniespiel und kultureller Referenz demonstrieren
Bsp. 29: Samy Deluxe – h*mophoniespiel/kulturelle Referenz (Fallersleben/Dürrenmatt) 74 SD: album kommt im frÜhjahr und meine konkurrenz wird spätestens im august einen FALL erleben. (--) 75 der RICHter und hEnker für DICHter und dEnker; 76 er stürzte ab denn er war von der DÜRre matt und stand zu dicht am geländer In Bsp. 29 la**en sich sogleich die Verknüpfung zweier h*mophoniespiele und kultureller Referenzen finden sowie zwei weitere kulturelle Referenzen. In Segment 74 erfolgt durch die Formulierung „im August einen Fall erleben“ die Anspielung auf den bekannten deutschen Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben sowie in Segment 76 mittels „von der Dürre matt“ auf den Schweizer Schriftsteller Friedrich 24 Dürrenmatt. Im Segment davor wird auf sein Werk Der Richter und sein Henker verwiesen sowie mit der Bezeichnung „Dichter und Denker“ auf Deutschland als Volk der Dichter und Denker referiert
Im Folgenden findet sich nochmals eine kulturelle Referenz, diesmal allerdings in Verbindung mit einem Polysemiespiel, wie Bsp. 30 darlegen soll
Bsp. 30: Samy Deluxe – Polysemiespiel/kulturelle Referenz (Morgenstern) 52 SD: und ich SCHEIN wie der morgenstErn hoffe da** ihr alle aus den reimen und den worten lernt; (.) „Der Morgenstern“ referiert hier auf den Dichter Christian Morgenstern. Mit der Anzahl an kulturellen Referenzen steigt simultan der Grad an Intertextualität des Textes, wie bereits in Kapitel 3.2. erläutert wurde (vgl. Androutsopoulos 2003b: 117-118). Es wird nahezu der Eindruck erweckt, als wären kulturelle Referenzen für den Rap unabdingbar und ein konstitutives Merkmal. Auch die nachfolgenden zwei Beispiele beweisen die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten dieses rhetorischen Stilmittels
Bsp. 31: Fettes Brot – kulturelle Referenz (Pretty Woman) 24 SM: what a PREtty woman; In Bsp. 31 wird in Form einer Anspielung auf den bekannten Film Pretty Woman referiert, in Bsp. 32 hingegen in Gestalt eines Vergleichs auf den Fußballer Karl-Heinz Rummen**e
Bsp. 32: Fettes Brot – kulturelle Referenz (Rummen**e) 26 DR: wenn ich die stUmmen blicke SCHIcke- 27 sie wie rUmmen**e KIcke Durch diese letzte Referenz zeigt sich auch der ironische Charakter des Textes. Die Verwendung von Ironie gilt ebenso als rhetorisches Stilelement im Rap (vgl. Heide 2011: 88). Folgender Ausschnitt soll als Veranschaulichung dienen
Bsp. 33: Fettes Brot – Ironie (Jein) 67 KB: entscheide ich mich für jA (-) nein (.) ich mein (.) JEIN Das oben genannte Bsp. 33 steht repräsentativ für den ironischen Charakter des Raptextes. Da in Segment 67 die Rede von der Entscheidung für Jein ist, ist am Ende letztlich keine Entscheidung gefallen. 25 Ansonsten verwenden Fettes Brot viele Standard-Stilmittel wie Vergleiche, Metaphern, Metonymien, welche Androutsopoulos (2003b: 116) ebenfalls zu den typischen rhetorischen Stilmitteln des Rap zählt. Bsp. 34 zeigt exemplarisch eine Metapher
Bsp. 34: Fettes Brot – Metapher (Plexiglas) 29 KB: du bist durchSCHAUbar wie plExiglas Neben Metaphern nennt Heide (2011: 86) auch metaphorische Redewendungen, welche häufig eingesetzt werden, wie in Bsp. 35 erkennbar wird
Bsp. 35: Fettes Brot – Metaphorische Redewendung (Zwickmühle) 48 KB: und somit sItz_ich sozusagen in der ZWICKmühle;
Auch unabhängig vom Sprechakt des boasting findet die Hyperbel Anwendung als rhetorisches Stilmittel des Rap, wie Bsp. 36 deutlich macht (vgl. Heide 2011: 88)
Bsp. 36: Fettes Brot – Übertreibung (Party des Jahrhunderts) 80 DR: und wenn du nich mitkommst dann has::t (-) du ECHT was verpAsst, 81 KB: und wen wunderts das wird fAst (.) die party des jahrHUNderts;
Zum anderen werden häufig Phraseologismen als rhetorische Stilmittel eingestreut (vgl. Heide 2011: 86-88), wie Bsp. 37 und 38 nachweisen
37: Fettes Brot – Phraseologismus (Verein) 07 KB: [willkommen im verEIN,] SM: [willkommen im verEIN,]
Bsp. 38: Fettes Brot – Phraseologismus (Sieben Sachen)
74 SM: pAck meine sieben sachen (-)
Stellenweise begeben sich Rapper auf eine Art Metaebene, welche durch den Einbau des Entstehungsprozesses des Textes hervortritt. So entspringt Schiffmeister in folgendem Ausschnitt kurz seiner Rolle in der Geschichte, indem er das Schreiben der Strophe in Segment 73 zum Thema macht
Bsp. 39: Fettes Brot – Metaebene (Strophe)
71 SM: ich schätz jetzt bin ICH der solist in unserem knAbenchor, (-) 72 KB: hey=SCHIFF (-) was hastn heute Abend vor? 73 SM: hm ich mach hier nur noch meine strOphe FERtig;
Folgender Ausschnitt soll ebenso die Präsenz einer Metaebene im Rap veranschaulichen
Bsp. 40: Samy Deluxe – Metaebene (Fehler)
57 SD: nur durch euren hAss werd ich BESser. 58 kletter hoch auf der karriereTREPpe. 59 oh=nein das heißt karriereLEIter, 60 wenns_n fehler war dann nur ein DERbe klEIner
In Bsp. 40 findet sich im Rahmen des boastings ein Fehler in Segment 58. Durch die Relativierung des Fehlers in Segment 60 wird deutlich, da** es sich dabei um einen intendierten Fehler handelt. Die Tatsache, da** der Rapper den Fehler absichtlich einbaut und darüber hinaus thematisiert, zeugt ebenfalls von einer Metaebene, auf die sich der Rapper während des Schreibprozesses sowie für kurze Zeit während des Rappens begibt
Bsp. 41: Samy Deluxe – Metaebene (Reim)
77 SD: von meinem hO:te:lSUI:TE balko:n. 78 und das wars aus meinem pO:e:SIE:album. 79 und darauf reimt sich grO:be: VIEH:haltung. (---)
Im oben gezeigten Bsp. 41 macht sich abermals eine Metaebene erkennbar. Obwohl Segment 79 rein semantisch nicht mit dem Inhalt des Textes zusammenhängt, erfüllt die Wortwahl seinen Zweck – der Rapper schließt seinen Text mit einem dreifachen fünfsilbigen Reim ab (vgl. Rap Genius Deutschland 2011-2015b). Ihm ist die semantische Abweichung dabei durchaus bewusst, was der Hinweis „und darauf reimt sich“ in Segment 79 nahelegt. Die Thematisierung der Metaebene kann m. E. auch als rhetorisches Stilmittel bezeichnet werden
Die gezeigten Bsp. 39-41 belegen, da** eine Metaebene in Raptexten existiert. Diese stellt den Schreibprozess des Textes dar, also das Anfertigen des Textes in graphischem Kode und seiner Konzipierung für die Mündlichkeit. Mithilfe dieses Stilmittels wird ein Bezug zur Entstehung des Textes hergestellt und damit einhergehend der Beziehung von Rapper und Text ein besonderer Wert verliehen 3.3.2. Inszenierung fremder Stimmen: Wechsel zwischen Sprechstilen Bisher fand die Intertextualität im Rap sowohl in Verbindung mit dem Sprechakt der dedication als auch in Verbindung mit dem rhetorischen Stilmittel der kulturellen 27 Referenz Beachtung. Zu guter Letzt soll dieses wiederkehrende stilprägende Merkmal beim „Spiel mit der fremden Stimme“ nachgewiesen werden (vgl. Heide 2011: 89-90). Die Inszenierung fremder Stimmen ist bei Rapperinnen ein beliebtes Stilmittel und kann darüber hinaus auf unterschiedliche Weise eingesetzt werden. Fremde Stimmen können sowohl durch die eigene Stimme des Rappers erfolgen als auch durch das Einspielen einer fremden Stimme. Von beiden Varianten machen Fettes Brot Gebrauch
Bsp. 42: Fettes Brot – Inszenierung („pretty woman“) 31 PW: na kleiner haste BOCK auf schweinerEIen? In Bsp. 42 wird die Stimme einer Frau eingespielt, auf die zuvor Bezug genommen wurde. Man könnte vermuten, da** diese aus Authentizitätsgründen eingespielt wurde. Letztlich hat diese Inszenierung aber eine andere Funktion als die Inszenierung der fremden Stimme in Bsp. 43. In der von Schiffmeister gerappten Strophe im folgenden Ausschnitt wird ebenso eine Frauenstimme inszeniert, diesmal mittels der Stimmen der anderen beiden Gruppenmitglieder. Weshalb in diesem Fall diese Variante der Inszenierung gewählt wurde, soll das folgende Bsp. 43 zeigen
Bsp. 43: Fettes Brot – Inszenierung (Schiffmeisters Freundin) 84 KB: [und SIE:: sacht, (-)] DR: [und SIE:: sacht, (-)] 85 KB: [es wär SCHÖ:N- (-)] DR: [es wär SCHÖ:N- (-)] 86 KB: [wenn du BEI mir bleibst heut nA:cht; (---)] DR: [wenn du BEI mir bleibst heut nA:cht; (---)] 87 KB: [ich dacht das WÄR abgemAcht.] DR: [ich dacht das WÄR abgemAcht.] Es handelt sich dabei um die Stimme von Schiffmeisters Freundin, welche durch den Hinweis „und sie sagt“ in Segment 84 eingeleitet wird und sich vor allem durch den eher gesungenen als gesprochenen Part vom ursprünglichen Sprechstil abhebt. Die Verbindung von melodischem Sprechstil mit dem Inhalt von Segment 84-87 und somit die Inszenierung der fremden Stimme kann als Bricolage, der „spielerische[n] Bastelei mit verschiedenen Sprechstilen“ bezeichnet werden (vgl. Schlobinski/Kohl/Ludewigt 1993: 112). Dieses Bricolageprinzip offenbart den ironischen Charakter des Rapstils von Fettes Brot. Die Technik des Bricolageprinzips kann bei Live-Auftritten auch dazu fungieren, im Call and Response-Prinzip mit dem Publikum in Kontakt zu treten, wie bereits im Kapitel zur Dialogizität erwähnt wurde (vgl. Heide 2011: 79). Auch die Mehrstimmigkeit der Inszenierung durch die beiden anderen Rapper trägt dazu bei, 28 das Publikum zum Mitgrölen zu animieren. Dies zeigt sich ebenso in einer LiveVersion des Liedes (vgl. YouTube 2015a)
In folgender Pa**age werden gleich zwei fremde Stimmen inszeniert
Bsp. 44: Fettes Brot – Inszenierung Engel/Teufel 56 KB: =es erscheinen_engelchen_un teufelchen auf meiner schulter; 57 engel LINKS teufel RECHTS. 58 DR: RECHTS. (-) 59 nimm dir die FRAU: sie will es doch AUCH; 60 kannst du mir erklären wozu man GUte freunde brAUcht? 61 SM: hAlt der will dich LINken, 62 KB: schreit der Engel von der LINken- 63 DR: weißt du nicht da** sowas SCHEIsse ist und lügner stInken? In Bsp. 44 wird zum einen die Stimme des Engels in Segment 59-60 und zum anderen die des Teufels in Segment 61 und 63 inszeniert. Gleichzeitig werden diese beiden Figuren metaphorisch für einen guten und einen bösen Ratschlag eingesetzt, wie es oft in Comics der Fall ist (vgl. Rap Genius Deutschland 2011-2015b). Diese Inszenierung kann gleichgesetzt werden mit der des Guten und des Bösen. Die Stimme des Engels wird demnach freundlich und gutmütig inszeniert, die des Teufels hingegen aggressiver und konfrontativer. Auch hier wird das Bricolageprinzip gemäß Schlobinski et. al (1993: 112) angewendet. Dieser metaphorische Kontrast spiegelt die Hin- und Hergerissenheit wider, die aus der Entscheidungsfindung, ja oder nein, resultiert. Die vorausgegangene Stilan*lyse sollte exemplarisch die Vielfalt des Rap darstellen, die aus den individuellen Stilen von Rappern resultiert. Im Rahmen dieser Arbeit konnten nicht alle Merkmale dargelegt werden, womit die präsentierten Beispiele j**eils stellvertretend für eine Mehrzahl an Eigenheiten stehen 4. Outro/Ausblick Im Rahmen dieser Arbeit wurde thematisiert, wie sich Stil innerhalb des Rapgenres verhält. Dabei wurde herausgearbeitet, da** die starke Gewichtung des individuellen Stils eines Rappers verhindert, Subgenres als speziellen Rapstil zu betiteln. Bezogen auf Rap spiegelt sich die von Soeffner (1986: 319) genannte „›kulturelle Überhöhung‹ des Alltäglichen“ an den zuvor in der Stilan*lyse aufgearbeiteten Merkmalen wider, sprich vor allem in der Verwendung von Reimen und rhetorischen Stilmitteln sowie im Spiel mit dem Stimmeinsatz und dem Gebrauch von ritualisierten Sprechakten. In 29 welcher Form und Qualität diese aufgedeckten Stilmerkmale ausdifferenziert werden, damit sich so eine „einheitsstiftende Präsentation [ergibt], in die jede Einzelhandlung und jedes Detail mit dem Ziel eingearbeitet ist, eine h*mogene Figuration […] – den Stil – zu bilden“, liegt im Aufgabenbereich des Rappers (vgl. Soeffner 1986: 319). Die von Eroms (2008: 18) genannten Kennzeichen von Stil – „Gemeinsamkeiten, die Einheitlichkeit von Elementen, ihre synchrone Verbindlichkeit“ – la**en sich mit dem Genre des Rap und dessen Ausdifferenzierungen in Form von Subgenres nicht vereinbaren. Denn im Rap existieren zwar Gemeinsamkeiten, jedoch herrscht keine Einheitlichkeit der Elemente, wie die Stilan*lyse aufgedeckt hat. Gemäß Eroms (2008: 22) würden die herausgearbeiteten stilistischen Merkmale bei deren Verwendung von anderen Rappern zu einer Vielzahl von Stileffekten führen. Wie die gemeinsamen Elemente des Rap eingesetzt werden, ist individuell mit dem Rapper verbunden und somit eine Frage seines individuellen Stils
Somit kann festgehalten werden, da** das Genre Rap durchaus einen spezifischen Stil aufweist, dessen stilistische Ausdifferenzierungen jedoch nicht auf Grundlage der Kla**ifizierung in Subgenres, sondern am spezifischen Stil jedes einzelnen Rappers festgemacht werden muss. Zudem konnte dargelegt werden, da** sich dieser individuelle Stil aus einer Vielzahl an Merkmalen zusammensetzt. Die Identität des Rappers sowie sein Umgang mit Stimme und Sprache spielen dabei eine zentrale Rolle, aber auch seine Kenntnis über die Medien-, Hip-Hop- sowie die Populärkultur sind für seine Texte und somit für seinen Stil prägend. Letzteres lässt sich an der Intertextualität von Raptexten erkennen
Abschließend ist zu betonen, da** eine starre Kategorisierung innerhalb des Rap abzulehnen ist, womit zukünftig die an*lyse von Stil im Rap aus linguistischer Perspektive neu angegangen werden muss. Allerdings konnten im Rahmen der Stilan*lyse, bedingt durch die Fülle, nicht alle stilistischen Merkmale der beiden Raptexte detailliert untersucht werden. Auch künftig gibt es im Genre des Rap noch viel zu an*lysieren und zu entdecken. Beispielsweise bildet der Vergleich von unterschiedlichen Rapstilen einen interessanten Untersuchungsgegenstand, um so nochmals die Vielfalt des Rap, die aus der Uneinheitlichkeit der Elemente resultiert, zu untersuchen. Die vorliegende Arbeit kann für die Behandlung dieses Untersuchungsgegenstands als Vorarbeit gewertet werden, indem sie sich von bisherigen Stil-Kategorisierungen gelöst und den individuellen Stil in den Fokus gerückt hat Literatur ● Androutsopoulos, Jannis (Hg.). 2003a. HipHop: Globale Kultur – lokale Praktiken. Bielefeld: transcript
● Androutsopoulos, Jannis. 2003b. HipHop und Sprache: Vertikale Intertextualität und die drei Sphären der Popkultur. In: Jannis Androutsopoulos (Hg.). HipHop: Globale Kultur – lokale Praktiken. 111-136
● Burkard, Stefan. 2013. HipHop am Pranger. Wie die Medien eine Kultur verteufeln. Hamburg: Diplomica
● Eroms, Hans-Werner. 2008. Stil und Stilistik. Eine Einführung. Berlin: Erich Schmidt
● Forman, Murray. 2009. Machtvolle Konstruktionen: Stimme und Autorität im HipHop. In: Fernand Hörner & Oliver Kautny (Hgg.). Die Stimme im HipHop. Untersuchungen eines intermedialen Phänomens. Bielefeld: transcript. 23-50
● Hagemann, Jörg & Julia Henle. 2014. Transkribieren nach GAT 2 (Minimal- und Basistranskript) – Schritt für Schritt. Pädagogische Hochschule Freiburg. URL: https://www.phfreiburg.de/fileadmin/dateien/mitarbeiter/hagemannfr/Transkribieren_nach_GA T_2.pdf
● Heide, Markus. 2011. Rap zwischen Mündlichkeit, Schriftlichkeit und Technologie. Eine Verortung anhand deutschsprachiger Raplieder. Magisterarbeit. Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg
● Hess-Lüttich, Ernest W. B. 2009. Rap-Rhetorik. Eine semiolinguistische an*lyse schweizerischer rap-lyrics. In: Kodikas/Code Ars Semeiotica. An International Journal of Semiotics. Volume 32. 109-121
● Klein, Gabriele & Malte Friedrich. 2003. Is this real? Die Kultur des HipHop. Frankfurt/Main: Suhrkamp
● Koch, Peter & Wulf Oesterreicher. 1985. Sprache der Nähe – Sprache der Distanz. Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Spannungsfeld von Sprachtheorie und Sprachgeschichte. In: Romanistisches Jahrbuch 36. 15-43
● Krims, Adam. 2000. Rap Music and the Poetics of Identity. Cambridge: Cambridge University Press
● Peschke, André. 2010. HipHop in Deutschland: an*lyse einer Jugendkultur aus pädagogischer Perspektive. Hamburg: Diplomica
● Rathgeb, Tobias. 1999. Freundeskreise. Zur Entwicklung der deutschen HipHop-Szene. Mit einer annotierten Mediographie für Öffentliche Bibliotheken. Diplomarbeit. Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen Stuttgart
● Rode, Dorit. 2002. Breaking. Popping. Locking. Tanzformen der HipHop-Kultur. Marburg: Tectum
● Selting, Margret, Peter Auer, Dagmar Barth-Weingarten, Jörg Bergmann, Pia Bergmann, Karin Birkner, Elizabeth Couper-Kuhlen, Arnulf Deppermann, Peter Gilles, Susanne Günthner, Martin Hartung, Friederike Kern, Christine Mertzlufft, Christian Meyer, Miriam Morek, Frank Oberzaucher, Jörg Peters, Uta Quasthoff, Wilfried Schütte, Anja Stukenbrock & Susanne Uhmann. 2009. Gesprächsan*lytisches Transkriptionssystem 2 (GAT 2). In: Gesprächsforschung. Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion (10). 353-402. URL: http://www.gespraechsforschung-ozs.de/heft2009/px-gat2.pdf
● Schlobinski, Peter, Gaby Kohl & Irmgard Ludewigt. 1993. Jugendsprache. Fiktion und Wirklichkeit. Opladen: Westdeutscher Verlag
● Scholz, Arno. 2003. Rap in der Romania. Glocal Approach am Beispiel von Musikmarkt, Identität, Sprache. In: Jannis Androutsopoulos (Hg.). HipHop: Globale Kultur – lokale Praktiken. 147-167
● Soeffner, Hans-Georg. 1986. Stil und Stilisierung. Punk oder die Überhöhung des Alltags. In: Hans Ulrich Gumbrecht & K. Ludwig Pfeiffer (Hgg.). Stil. Geschichten und Funktionen eines kulturwissenschaftlichen Diskurselements. Frankfurt/Main: Suhrkamp
● Streeck, Jürgen. 2002. Hip-Hop-Identität. In: Inken Keim & Wilfried Schütte (Hgg.). Soziale Welten und kommunikative Stile. Tübingen: Narr. 537-557
● Verlan, Sascha. 2003. HipHop als schöne Kunst betrachtet – oder: die kulturellen Wurzeln des Rap. In: Jannis Androutsopoulos (Hg.). HipHop: Globale Kultur – lokale Praktiken. 138-146 Weitere Quellen ● Fettes Brot. 1996. Jein. Auf: Außen Top Hits, innen Geschmack. Alternation Records (EMI)
● Max Herre. 2012. Rap Ist. Auf: Hallo Welt!. Nesola Universal Music (Universal Music)
● MyVideo Broadband S.R.L. 2015. Samy Deluxe. Poesie Album. URL: http://www.myvideo.de/musik/samy-deluxe/poesie-album-video-m-8210958 (letzter Zugriff 19.08.2015)
● Otto, Christin. Mensch, das war ein fettes Brot. (vom 07.08.2008). URL: https://cowritten.wordpress.com/2008/08/07/mensch-das-war-ein-fettes-brot/ (letzter Zugriff 28.08.2015)
● Rap Genius Deutschland. 2011-2015a. Jein. Fettes Brot. URL: http://genius.com/Fettes-brot-jein-lyrics (letzter Zugriff 19.08.2015)
● Rap Genius Deutschland. 2011-2015b. Poesie Album. Samy Deluxe. URL: http://genius.com/Samy-deluxe-poesie-album-lyrics (letzter Zugriff 19.08.2015). Samy Deluxe. Poesie Album. 2011. Auf: Schwarz Weiss. Capitol (EMI)
● Weber, Julian & Thomas Winkler. Ist intelligenter Rap möglich? (vom 26.05.2007). URL: http://www.taz.de/1/archiv/?id=archivseite&dig=2007/05/26/a0073 (letzter Zugriff 17.08.2015)
● Wikipedia. The Free Encyclopedia. 2015. Fettes Brot. URL: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Fettes_Brot&oldid=671238709 (letzter Zugriff 28.08.2015)
● YouTube. LLC. 2015a. Fettes Brot – Jein (Live 2010). URL: https://www.youtube.com/watch?v=dH5OCh0_t7k (letzter Zugriff 28.08.2015)
● YouTube. LLC. 2015b. Fettes Brot – Jein (Official). URL: https://www.youtube.com/watch?v=tcV7VN3l3bY (letzter Zugriff 19.08.2015) Anhang Track 1: Fettes Brot – Jein
FB: Fettes Brot (alle Mitglieder) DR:
Doktor Renz KB:
König Boris SM:
Schiffmeister
PW: „pretty woman“
01 DR:
Es is neunzehnsechsnNEUNzi:g;
02 meine freundin is WEG und bräunt_sich in der sÜdsee::
(.)
03 KB:
AlLEIN?
04 DR:
Ja=mein budgGE::T war klein
05 KB:
Na FEIN
06 SM:
HeREIN
07 KB:
[willkommen im verEIN,] SM:
[willkommen im verEIN,]
08 DR:
Ich wette (-) HEUte machen wir erneute fette BEUte-
09 treffen SEU:te BRÄU:te- (.)
10 und lauter nette LEUte
11 warum dauernd TRAUern, (.)
12 !WOW! schaut euch diese frAU an
13 KB:
SCHANde dazu bist du im stAnde?
(-)
14 SM:
Kaum ist deine hErzallerliebste ausm lande und du hengst
Denkst längst an ne ANdre
15 DR:
Ja=soll ich denn HEUlen?
16 ihr WISST da** ich meiner freundin treu bin
17 ich bin BRAV. (-)
18 aber ich trAf eben my FIRST love, (.)
19 ich darf zwar nur im SCHLAF
20 doch auf sIE war ich schon_immer SCHARF. (.)
21 habt ihr den BLICK geahnt den sie mir eben durchs zImmer warf?
22 KB:
Oh mein GOTT (.)
23 wat hat der trottel SOTT
24 SM:
What a PREtty woman;
25 DR:
Das glÜck ist mit_die DUMMen. (.)
26 wenn ich die stUmmen blicke SCHIcke-
27 sie wie rUmmen**e KIcke-
34
28 meint ihr CHECKT sIE das?
29 KB:
Du bist durchSCHAUbar wie plExiglas
30 SM:
Uhh=sie kommt auf dich ZU-
31 PW: na kleiner haste BOCK auf schweinerEIen?
32 DR:
Ja=klAr (-) äh nein (.) ich mein (-) JEIN
(5.2)
33 FB: soll ichs wirklich MACHen: o:der la** ichs lie:ber sEIn;
(1.5)
34 DR:
JEIN;
(5.2)
35 FB: soll ichs wirklich MACHen: o:der la** ichs lie:ber sEIn?
(-)
36 KB:
Ich habe einen FREUnd
37 SM:
Ein GUTer?
38 KB:
SozusAgen mein BESter
39 und ich ha:be ein problEm_ich steh auf seine FREUNdin;
40 DR:
Nich auf seine SCHWESter?
41 KB:
WÜ:RD ich auf die schwEster stehen=
42 =hätt ich NICH das problEm_das wir haben (-)
43 wenn ER SIE un_ICH uns sehen.=
44 =kOmmt sie in den raum wird mir SCHWINdelig;
45 sach ich sie wIll nichts von mir (.) dann SCHWINdel ich=
46 =ich will sIE_sie will mIch_das weiß SIE_das weiß ICH. (.)
47 nur mein bEster freu:nd (.) der weiß es NICH. (.)
48 und somit sItz_ich sozusagen in der ZWICKmühle;
49 und das_is auch der grund warum ich mich vom schIcksal geFICKT
Fühle;
50 warum hat_Er die schönste FRAU zur frau?
51 SM:
Mit dem schÖnsten KÖRperbau;
52 DR:
Und is_sie SCHLAU?
53 KB:
GeNAU. (-)
54 es steigen einem die trÄnen in die augen wenn man SIE:HT;
55 was mit mir pa**IErt (-) und was mit mir geschIEHT=
56 =es erscheinen_engelchen_un teufelchen auf meiner schulter;
57 engel LINKS teufel RECHTS
58 DR:
RECHTS. (-)
59 nimm dir die FRAU: sie will es doch AUCH;
60 kannst du mir erklären wozu man GUte freunde brAUcht?
61 SM:
HAlt der will dich LINken
62 KB:
Schreit der Engel von der LINken-
63 SM:
Weißt du nicht da** sowas SCHEIsse ist und lügner stInken?
64 KB:
Ja=und so streiten sich die bEIden (.) um mein geWISSen;
35
65 und ob ihrs glaubt oder nich_mir geht_es echt beSCHISSen;
66 doch WÄhrend sich der teufel und der engel anschrEIen, (-)
67 entscheide ich mich für jA (-) nein (.) ich mein (.) JEIN
(5.2)
68 FB: soll ichs wirklich MACHen: o:der la** ichs lie:ber sein?
(1.5)
69 KB:
JEIN-
(5.2)
70 FB: soll ichs wirklich MACHen: o:der la** ichs lie:ber sein?
(-)
71 SM:
Ich schätz jetzt bin ICH der solist in unserem knAbenchor
(-)
72 KB:
Hey=SCHIFF (-) was hastn heute Abend vor?
73 SM:
Hm ich mach hier nur noch meine strOphe FERtig;
74 pAck meine sieben sachen (-)
75 und dann werd ich (.) mich zu meiner FREUNdin begeben, (.)
76 denn wenn man EHRlich gesteht-
77 sind solche netten ruhigen abende_eher SPÄRlich gesät
78 KB:
AhA (-) ey=dabei biste EINgeladen
79 auf das BESte aller FESte auf der GÄSteliste eingetrAgen
80 DR:
Und wenn du nich mitkommst dann has::t (-) du ECHT was
VerpAsst
81 und wen wunderts das wird fAst (.) die party des jahrHUNderts;
82 SM:
ä::hm (.) LUST hätt ich ja eigentlich schOn-
83 O:h (-) es klingelt just das TElefon
(--)
84 KB:
[und SIE:: sacht, (-)] DR:
[und SIE:: sacht, (-)]
85 KB:
[es wär SCHÖ:N- (-)] DR:
[es wär SCHÖ:N- (-)]
86 KB:
[wenn du BEI mir bleibst heut nA:cht; (---)] DR:
[wenn du BEI mir bleibst heut nA:cht; (---)]
87 KB:
[ich dacht das WÄR abgemAcht.] DR:
[ich dacht das WÄR abgemAcht.]
88 SM:
WIsst ihr (-) ich liebe diese FRAU- (.)
89 un:d deswe:gen (-) komm ich von der TRAUfe (--) in den rEgen
90 DR:
Na=was Is nun schiffmeister kommst du mit du kolLEGenschwein?
91 SM:
JA: (-) ä:h nein (-) ich mein (--) JEIN
(5.2)
92 FB: soll ichs wirklich MACHen: o:der la** ichs lie:ber sein?
(1.5)
93 SM:
äh (.) JEIN-
(5.2)
36
94 FB: soll ichs wirklich MACHen: o:der la** ichs lie:ber sein?
(6.3)
95 FB: soll ichs wirklich MACHen: o:der la** ichs lie:ber sein?
(6.3)
96 FB: soll ichs wirklich MACHen: o:der la** ichs lie:ber sein? Track 2: Samy Deluxe – Poesie Album SD:
Samy Deluxe
01 SD:
Guck ma HIE:R (.) dies mein poesieAlbum. (-)
02 schau ma REI:N (.) in mein poesieAlbum. (-)
03 schwarz auf WEI:SS (.) in meinem poesieAlbum
(3.2)
04 SD:
Hallo DEUTSCHland. (-)
05 kennt ihr MICH noch? (-)
06 kennt ihr DAS noch, (-)
07 echten HIPhop? (-)
08 in_nem lAnd wo man sogar mit nem HIT floppt;
09 wo der sOUl keine seele hat der ROCK nich rockt. (.)
10 wo beim fUnk oft der FUN:ke nich überspringt;
11 und der rEggae leider nach SCHLA:gerliedern klingt;
12 und der rAp so_ne schlechte RE:putation hat
13 wer kann dieses gefÜhl von DA:mals wiederbringen?
14 WER bitte WER WER kann es sein
15 SAG mir den nA:men und ich nehm ihn un:ter vertrag-
16 oder DIE: (.) oder SIE: (.) ganz ega:l (.) wer es is:- (.)
17 hast du BITte ma ne email oder nummer parAt, (-)
18 nein es GIBT kEInen (-) denn die sänger sIngen und die rapper
KlIngen als hätten sie: nie: hunger gehabt
19 und sogar wenns im internet deine lieder umsonst gäb-
20 keiner mit geschmack hätte die je runtergela::den
21 dEnn (.) nun is_es DA:- (.)
22 unmittelBAR:- (.)
23 hundert kaRAT-
24 warUm ich das SAG (.)
25 ich bin so brill:ant so phänomenA:L;
26 fundamenTA:L-
27 radikAL so wie in jüngeren jAhren als ich direkt ausm
Untergrund kam;
37
28 und diese positIOn die ich mir hier er:AR:beitet hab kann
Keine geldsumme bezahlen
29 aber ich komme nich klar auf diese ganzen RAPper die scheinbar
Nix wIssen über diese kUnstform
30 und des:halb MUSS_ich die mAssen von neuem bekehren und das
Verständnis für unsere kUnst formen
31 denn ich hAb dieses HAUS hier mit aufgebaut. (.)
32 ihr habts demoLIERT-
33 ich habs renoVIERT
34 ich bin der super em SI:-
35 ich bin das BUCH von jay sI:-
36 ich hab rAp für die ma**en hier de:ko:dIER:T
37 de:finiert etablier:t und noch mehr schlaue worte mit ier:t
38 und wenn ihr vermutet ich sei hier der BESte poet dann vermut
Ich da** Ihr euch nich Irr:t
39 ha (-) ich bin nur ein frEmder und habe mich aus versehen hier
Verirr:t;
40 ja=es gibt TAUsende rapper da draussen doch wen
InteressIE:rts
(--)
41 guck ma HIER;
(--)
42 SD:
Guck ma HIE:R (.) dies mein poesieAlbum. (-)
43 schau ma REI:N (.) lies mein poesieAlbum. (-)
44 schwarz auf WEI:SS (.) in meinem poesieAlbum
(3.2)
45 SD:
Ich bin so SCHILler so GOEthe so bItter so bÖse-
46 noch Immer der GRÖßte poet der hier lebt;
47 wenn ihr jetzt noch MEHR wollt
48 FÜTter ich euch deutschen dIchtern reime;
49 bis ihr alle BREcht wie bERtolt-
50 das_is für mich ECH:ter: ER:folg. (--)
51 wenn der text noch MEHR rOllt. (-)
52 und ich SCHEIN wie der morgenstErn hoffe da** ihr alle aus den
Reimen und den worten lernt; (.)
53 meine damen und HERren. (.)
54 was würde ich bloss TUN_hier wär ich nich rApstar
55 wahrscheinlich wär ich der neue erich KÄStner;
56 la** die ganzen neider schnell noch FERtig lÄstern
57 nur durch euren hAss werd ich BESser
58 kletter hoch auf der karriereTREPpe
59 oh=nein das heißt karriereLEIter
38
60 wenns_n fehler war dann nur ein DERbe klEIner
61 und ja ich bin ein sEhr geMEIner-
62 rApper der aus der MASse heraussticht
63 du bist einfach nur IRgendEIner-
64 was du machst interessiert Ü:ber:HAUPT nich.-
65 wünschst dein flow wäre mEhr wie MEIner-
66 kannst gern probiern zu kopiern doch ich glaubs nich da** du
Es schaffst oder raffst was ich mach wie ichs mach wenn ichs
Mach es_is einfach unGLAUBlich
67 es is wie_wenn wIlhelm tell und wIlliam shakespEAre. (-)
68 auf crAck wären nach en paar BECKS bIEr-
69 NU:R ich bin brauner und noch n bisschen s**IEr
70 CHECK den tExt hie:r
71 so flüssig und heilend nenn ihn elIxier
72 das heisst ZAUbertrank
73 bitte MERKS dIr;
(3.2)
74 SD:
La** sie ALle rEden
71 la** die HALle bEben
72 was für n GEIles lEben
73 ich mache SCHEIne schEIne indem ich REIme rEIme so wie
HEINrich hEIne-
74 album kommt im frÜhjahr und meine konkurrenz wird spätestens
Im august einen FALL erleben. (--)
75 der RICHter und hEnker für DICHter und dEnker;
76 er stürzte ab denn er war von der DÜRre matt und stand zu
Dicht am geländer
77 von meinem hO:te:lSUI:TE balko:n
78 und das wars aus meinem pO:e:SIE:album
79 und darauf reimt sich grO:be: VIEH:haltung. (---)
80 PUNKT
(--)
81 SD:
Guck ma HIE:R (.) dies mein poesieAlbum. (-)
82 schau ma REI:N (.) lies mein poesieAlbum. (-)
83 schwarz auf WEI:SS (.) in meinem poesieAlbum;