(!) WICHTIG: AN DEN LESER DIESER HAUSARBEIT / ZU DIESER HAUSARBEIT: Diese Hausarbeit entstand im Rahmen des Bachelorstudiengangs "Kultur- und Medienbildung" an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg, Baden Württemberg im Rahmen des Seminars "Einführung in die kulturelle Bildung". Es handelt sich dabei um eine wissenschaftliche Arbeit, mit welcher gewissenhaft umzugehen ist. Da die Fußnoten, die den Zitaten der originalen Arbeit angefügt sind, den angenehmen Textfluss für den Leser stören würden, sind diese hier bewusst NICHT angegeben. Selbstverständlich, findet sich jedoch eine Literaturliste mit den Urhebern aller direkt oder sinngemäß verwendeten Zitate, am Schluss der Arbeit wieder. Die Online-Publikation soll den Zugriff für all diejenigen ermöglichen, die an der Thematik interessiert sind oder mit dem Inhalt arbeiten wollen. Im Falle einer Verwendung dieser Publikation für eine weitere wissenschaftliche Arbeit, bitte ich Sie jedoch um eine kurze Anfrage bei mir, um Ihnen das wissenschaftlich korrekte Exemplar zukommen zu la**en. (Mail an aronmore@web.de) VIELEN DANK! ------------------------------------------------------------------------------ Inhaltsverzeichnis: 1. Einleitung 2. h*mophobie 2.1. Der Unhold 2.2. Die Tunte 2.3. Der Verräter 2.4. h*mophobie in der Gesellschaft 3. Hiphop in den USA 3.1. Die Ursprünge von Hiphop 3.2. Maskulinität und Sexualität 3.3. h*mophobie 4. Hiphop in Deutschland – Neue Härte und h*mophobie 5. Alternative Strömungen 6. Fazit 7. Literaturverzeichnis Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Seminar: Einführung in die kulturelle Bildung h*mophobie im amerikanischen und deutschen Hiphop 1. Einleitung "[Ich] La**e dich h*mo blasen Wie es Stricher tun Und merk dir eins: Es ist nur, der gefickt wird, schwul" Farid Bang – Farid Bang (2012) h*mophobie, wie im gewählten Zitat deutlich verbalisiert, ist keine Seltenheit im Hiphop, sondern ein häufig auftretendes und von außen viel kritisiertes Phänomen. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie sich latente und manifeste h*mophobie im amerikanischen und deutschen Hiphop verankern konnte. Der Begriff h*mophobie soll dabei näher erläutert werden und das Auftreten von h*mo­phobie in der Ge­sellschaft deutlich werden. Zudem werden Erklärungen für h*mophobie in der Gesellschaft gegeben. Das breitere Verständnis von h*mophobie soll das Verständnis von Verhaltensmustern und Denkweisen im Hiphop anschließend erleichtern. Wichtig anzumerken ist, da** sich h*mophobie im Folgenden ausschließlich auf die Dis­kriminierung männ­licher h*mos**ueller beschränkt, da sie zum einen in erster Linie von Männern ausgeht und gegen Männer gerichtet ist und Frauen zum anderen eine marginale Rolle im Hiphop spielen. Sexismus, ein weiteres raptypisches Phänomen, wird im Folgenden nicht gesondert be­handelt, aber den­noch Erwähnung finden, da er durch sein diskriminierendes Element Parallelen zur h*mophobie aufweist. Bevor die Beobachtungen von h*mophobie im amerikanischen Hiphop ausgeführt werden, wird zunächst die Entwicklung von Hiphop in den U.S.A. skizziert, um geschichtliche und kulturelle Aspekte zu berücksichti­gen, welche die Werte und Normen des Genres prägten. Nach der Erläuterung der Situation im Herkunfts­land des Raps soll das Augenmerk auf die deutsche Hiphopkultur gerichtet werden, deren geschichtliche Entwicklung ebenfalls ange­rissen wird, um dann auf h*mophobe Entwicklungen einzugehen. Die Beobachtungen in beiden Ländern werden dabei miteinander verglichen. h*mophobie im Hiphop wird dabei immer chronologisch erläutert, somit werden essentiel­le Strömungen, Akteure und Alben der Musikrichtung und ihre Rolle für das Genre er­wähnt. Schließlich wird die gegenwärtige Lage des Hiphops in Bezug auf h*mophobie in beiden Ländern betrach­tet um zu einem abschließenden Fazit zu kommen. Da sich die Welt- und Menschenbilder im Rap in erster Linie über die Sprache artikulieren, ist es enorm wichtig, relevante Zitate aus den Raptexten in die Ausführungen miteinzube­ziehen. Dabei soll erwähnt sein, da** es zur eindringlichen Schilderung der Thematik un­vermeidbar ist, aus menschenverachtenden und geschmacklosen Raptexten zu zitieren, welche für viele die Grenzen der Kunst überschreiten dürften. Es ist zudem wichtig anzumerken, da** der Leser im Folgenden auf subkulturellen Jargon treffen wird, der, falls er über Grundkenntnisse hinausgeht, erklärt wird. Englische Zitate wurden direkt übernommen um die Sinnhaftigkeit der Aussagen nicht zu verfälschen. 2. h*mophobie Der Begriff h*mophobie kommt von homós (lat. für gleich) und phobós (lat. für Angst) und bezeich­net hauptsächlich eine soziale, gegen Lesben und Schwule gerichtete [...] Feindseligkeit. h*mopho­bie wird in den Sozialwissenschaften zusammen mit Phänomenen wie Ra**ismus, Xenophobie [Fremdenfeindlichkeit; A.M.] oder Sexismus unter den Begriff „gruppenbezogene Menschenfeindlich­keit“ gefa**t und ist demnach nicht krankhaft abnorm. Geht man davon aus, da** der Betroffene einer Phobie, wie z.B. Platzangst, daran interessiert ist, geheilt zu werden und sich der Irrationalität seiner Angst bewusst ist, so ist der Begriff h*mophobie unpa**end.Die etymologisch treffendere Bezeichnung wäre wohl Heteros**ismus die grundsätzliche Herabwürdigung gleichgeschlechtlicher Sexualität im Vergleich zur andersgeschlechtlichen. Dies wäre auch insofern der korrektere Ausdruck, als Sexismus die Abwertung eines Menschen aufgrund seines Geschlechts, und h*mophobie die Abwertung aufgrund seiner s**uellen Orientierung beabsichtigt. Da im Sprachgebrauch jedoch der Begriff h*mophobie überwiegt, wird dieser im Folgenden gebraucht. h*mophobie ist in der Geschichte des Menschen ein bereits seit "über 2000 Jahre[n]" auftauchendes Phänomen. Die Gründe für h*mophobie sind sehr divers: Laut Gisela Bleibtreu-Mehrenberg sind h*mos**uelle Betroffene sozialer Vorurteile, welche wie folgt un­terschieden werden können: 2.1 Der Unhold Die Andersartigkeit des h*mos**uellen an sich, ist Gegenstand der Diskriminierung ("Anderssein ist verdächtig"). Schon die Tatsache allein, da** h*mos**uelle einen schweren Stand in der Gesellschaft haben und Betroffene von Diskriminierung sind, führt dazu, da** Menschen sich von ihnen fernhalten und sich negativ über sie äußern, um nicht selbst diskriminiert zu werden. Bleibtreu-Mehrenberg spricht hier von der sogenannten "self-fulfilling prophecy". Ein gesellschaftlicher Trend, der erst einmal verwurzelt und akzeptiert ist, hat es schwer jemals in Frage gestellt zu werden. Der als "Unhold" betrachtete h*mos**uelle wird nicht als weniger wertvoll oder unmo­ralisch erachtet, dennoch versucht man dem Thema aus Selbstschutz aus dem Weg zu gehen. Noch in den späten 70er-Jahren wurden h*mos**uelle aus Diskotheken verwiesen, um den eigenen Ruf zu schützen, und einige Zeitungen lehnten es ab, gleichgeschlechtliche Kontaktanzeigen aufzunehmen. Auch im männerdominierten Fußball sind Schwule undenkbar, obwohl es sie statistisch gesehen geben muss. Der ehemalige Profi Mario Basler, sagte dennoch: "Es gibt keine schwulen Fußballer". Ebenso verhält es sich beispielsweise im amerikanischen Militär, in welchem der Grundsatz "don't ask, don't tell" gilt. h*mos**ualität ist nicht explizit verboten, dennoch soll unter allen Umständen verhindert werden, da** es überhaupt zum Vorschein kommt – ein kla**isches Tabu und damit latente h*mophobie. 2.2 Die Tunte In der patriarchalischen Gesellschaft, welche "medial, juristisch, ökonomisch, symbolisch und so weiter" durch die Vormachtstellung des Mannes geprägt ist, gibt es "eine bestimmte Form von Maskulinität, [die] als besonders viril und erstrebenswert [gilt]". Die Identifikation des Mannes läuft dabei meist nicht selbst definierend, also durch Hervorhebung der eigenen Merkmale ab, sondern durch sogenanntes "Othering", also die Abgrenzung zum anderen Geschlecht. Gegenteilig zu männlichen Attributen wie Kraft, Dominanz oder Härte, verhält sich der stereotypische h*mos**uelle weiblich: Er hat eine hohe Stimme, einen femininen Gang und interessiert sich für "Mode, Wohnungseinrichtungen [...] [oder] Körperpflege". Sich wie eine Frau verhaltend und aussehend, pa**t der stereotypische h*mos**uelle nicht in das Bild eines Mannes und kann somit auch kein Teil einer Männerfreundschaft oder einer Clique sein – er wird ausgeschlossen. Laut Kathrin Schack gibt es zudem "die undifferenzierte Annahme einer weiblichen (pa**iven) und einer männlichen (aktiven) Geschlechtsrolle" beim Geschlechtsverkehr. Die Möglichkeit von einem Mann begehrt werden zu können und dabei nicht die penetrierende (männliche) Stellung einzunehmen, sondern die empfangende (weibliche), würde dem Mann ebenfalls seine Männlichkeit nehmen. In diesem Fall trifft die Übersetzung Angst von h*mophobie also zu. 2.3 Der Verräter Bleibtreu-Ehrenberg nennt in "Tabu Sexualität (1978)" mit dem Bild des h*mos**uellen als Verräter einen weiteren Grund für h*mophobie: Die Reduktion des Mannes auf seine Rolle als Fortpflanzer, eine Definiti­on, die für den h*mos**uellen Mann (unter der Annahme, er habe keinen Geschlechtsverkehr mit einem weiblichen Partner) nicht gilt. Die Vorstellung, nicht zur Arterhaltung beizutragen sei ein Makel, ist beispiels­weise ein Aspekt des arischen Ra**enideals der Nazis: "[Wir müssen] in der Beurteilung der ra**envernichtenden Entartungserscheinungen der h*mos**ualität zurückkehren zu dem nordischen Gedanken der Ausmerzung der Entarteten", so Heinrich Himmler. Auch die katholische Kirche bezieht sich in ihrer Ablehnung zur h*mos**ualität auf den Aspekt der Fort­pflanzung: "Die Ehe ist heilig, während die h*mos**uellen Beziehungen gegen das natürliche Sittengesetz verstoßen. Denn bei den h*mos**uellen Handlungen bleibt die Weitergabe des Lebens beim Ge­schlechtsakt ausgeschlossen.Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen. [...] die h*mos**uelle Neigung ist ‚objektiv ungeordnet‘, und h*mos**uelle Praktiken gehören zu den Sünden, die schwer gegen die Keuschheit verstoßen". Die katholischen Kirche nimmt damit in der Geschichte der h*mophobie eine zentrale Rolle ein. Ihre, als wertevermittelnde Institution, offen artikulierte Ablehnung von h*mos**ualität, leistete einen enormen Beitrag zur Entstehung und Erhaltung des negativen Bildes von h*mos**ualität im kollektiven Bewusstsein von christlich geprägten Gesellschaften. 2.4. h*mophobie in der Gesellschaft Noch heute ist die h*mos**uelle Ehe bis auf wenige Ausnahmen in allen Entwicklungsländern der Erde verboten oder zumindest nicht legal. Selbst uneheliche h*mos**ualität ist in einigen Ländern mit empfindlichen Strafen oder gar der Todesstrafe versehen. In Deutschland war männlicher h*mos**ueller Geschlechtsverkehr durch §175 des StGB von 1871 bis 1969 eine Straftat. Bis 1935 stand er im selben Absatz wie die „widernatürliche Unzucht mit Tieren“. Sowohl das speziell vom Mann abgelehnte Bild der unmännlichen Tunte und die Angst vor der männlichen Fähigkeit zur Penetration, als auch Strafgesetzte wie §175, die gezielt die männliche h*mos**ualität ver­boten, trugen dazu bei, da** h*mophobie heute in erster Linie h*mophobie gegen Männer ist, verstärkt auch von Männern ausgeübt. Während des Nationalsozialismus in Deutschland wurden allein zwischen 1937 und 1939 ca. 24 450 Strafen gegen h*mos**uelle verhängt, darüber hinaus waren h*mos**uelle Betroffene von Deportationen in Konzentrationslager.14 Im März 2013 haben h*mos**uelle Ehepaare in Deutschland noch keine rechtliche Gleichstellung zu heteros**uellen Ehepaaren. Unter h*mos**uellen Jugendlichen lässt sich eine deutlich erhöhte Selbstmordrate feststellen. "Die unentwegten Anfeindungen seitens der heteros**uellen Majorität [...] sind für viele h*mos**uelle tatsächlich Ursache einer tiefen Entfremdung von der Gesellschaft". "Sie entfernen sich dabei [...] von ihrer Umwelt, [...],[und] allgemeinen Werten und Normen der sie umgebenden Kultur". Insgesamt herrscht weltweit eine latente h*mophobie, welche auch in Deutschland durch Geschichte, Recht und Alltag, Einzug in die tägliche Realität findet. 3. Hiphop in den U.S.A. 3.1 Die Ursprünge von Hiphop Hiphop entsteht in den frühen 70er-Jahren in New York und enthält vorrangig Gospel/Disco/Funk- und Soul-Einflüsse. Die charakteristischste Eigenschaft des Genres, der Rap, taucht durch "Sprecheinschübe" bereits in Liedern von Barry White, James Brown oder Isaac Hayes oder durch rhythmisch-dynamische Be­tonung von Wörtern bei Komikern wie Dewey "Pigmeat" Markham oder der Musikergruppe The Last Poets in den 50er- und 60-er Jahren auf. Eine tragende Rolle der Anfangsjahre spielten die DJs, welche auf so­genannten "block parties" mit ihren Soundsystemen Platten abspielten und dabei durch das, aus dem Reg­gae entlehnten "talk-over", also "darübersprechen" über die Musik coole Sprüche klopften oder witzige Ge­schichten erzählten. Hiphop entsteht zwar in afroamerikanischen Problemvierteln und ist somit von Be­ginn an durch die nüchternen sozialen Bedingungen seiner Pioniere geprägt, dennoch liegen die musikali­schen Wurzeln in ausgela**enen Partys und Unterhaltung. 3.2 Maskulinität und Sexualität Hiphop entsteht praktisch zeitgleich mit der großen s**uellen und kulturellen Revolution der späten 60er-Jahre. Eine wichtige Beobachtung ist, da** die Emanzipationsbewegung der Frauen in den amerikani­schen black communities deutlich erschwertere Bedingungen hatten. "Die Kritik an afroamerikanischen Männern wird häufig als Verrat verstanden.Dieser Konflikt spiegelt sich auch in den Auseinandersetzungen innerhalb der Hiphop-Kultur wieder.[...]Dies versetzt afroamerikanische Frauen in eine schwierige Position", so Stephanie Grimm in "Repräsentationen von Männlichkeit in Punk und Rap“. Das Thema Sexualität nimmt in der Lebenswelt der männlichen afroamerikanischen Bevölkerung des spä­ten . Jahrhunderts eine primäre Rolle ein. Der s**uelle Körper des schwarzen Mannes, war über Jahrzehnte geprägt vom Bild des hart arbeitenden, triebstarken, muskulösen Sklaven. Sowohl bei den "ministrel shows" (Spielerisch-unter­haltende Nachahmung Schwarzer von Weißen mithilfe von Schminke, Instrumenten etc., Anm. A.M.) des 19.Jh. als auch in der Sportwelt des 20.Jh. war der nackte, schwarze Körper die dominierende Thematik der kulturellen Repräsentation des Afroamerikaners. "Die[se] Repräsentationen schwarzer Männlichkeit sind komplexer geworden [...], sie sind jedoch nicht verschwunden“. Zu diesem kulturellen Rollenbild kommt die Tatsache, da** prägende Identifikationsfiguren afroamerikani­scher Jugendlicher meist aus Sport oder Comedy kamen (z.B. Basketball, Boxen), in wel­chem Körper, Männlichkeit und Stärke, aber auch Rhythmik und Ausdrucksweise wichtige Eigenschaften sind. David Dufrense geht davon aus, da** die selbstbewusste und heroische Selbstdarstellung Mohammed Alis ("I am the king, I am the greatest!") oder die eloquente Ausdrucksweise von schwarzen Komikern wie Bill Cosby oder Eddie Murphy zum repräsentierten Bild von Männlichkeit und Geschlecht im Hiphop einen großen Beitrag leistete. Diese Entwicklung wurde auch durch fehlende Identifikationsfiguren in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft forciert, in welcher Afroamerikaner "nach wie vor die Ausnahme" sind. Betrachtet man die Bedeutung des männlichen Körpers in der Kulturgeschichte, so war dieser stets mit ei­nem "hohen Symbolcharakter" auch unabhängig von reinen Geschlechterzuschrei­bungen verbunden. Neben Ästhetik und Gesundheit, kommuniziert dieser Leid (Wunden, Verstümmelung), Andersartigkeit (Tatoos, Piercings, Hautfarbe) oder Stärke (Muskeln). Die unterprivilegierte Stellung Schwarzer in Amerika wurde durch die offensive Zurschaustellung prototypisch-männlicher Eigenschaften durch nackte Oberkörper (Stärke), Waffen (Rebellion) oder Schmuck und Autos (Reichtum und Unabhängigkeit) kontrastiert. Schon die ersten Plattencover von Run DMC (1984) und LL Cool J (1985) stellten die Rapper als wohlhabende, markenbewusste und muskulöse (Run DMC - My Adidas) Rapper dar. Dieses Image wurde in den Musikvideos fortgesetzt. Grimm stellt fest: "Die als charakteristisch beschriebenen Elemente von Männlichkeit, wie Autonomie und Selbstbestimmung, sind in konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen nur sehr bedingt umsetzbar. Aus diesem Grund ist die zumindest symbolische Umsetzung dieser Ideale [...] unerlässlich" Hiphop geht in Bezug auf Männlichkeit und Sexualität in den Anfangsjahren seiner Geschichte einen sehr klaren Weg: Während das Genre definitiv revolutionäre Absichten hat und diese auch äußert (Der erste Rap-Kla**iker The Message von Grandmaster Flash war eine tiefgründige Abrechnung mit den misera­blen sozialen Strukturen und Lebensentwürfen Jugendlicher seiner Zeit), festigt er in Bezug auf das Frau­en- und Männerbild bestehende Hierarchien und Rollenbilder. 3.3 h*mophobie Nach den Liberalisierungsbewegungen bezüglich Sexualität und dabei auch spezifisch h*mos**ualität, kam es auch in der Popkultur zu alternativeren Männerbildern. Bereits die Beatles polarisierten, speziell in der älteren Generation ihrer Zeit, durch, für Männer bisher un­denkbare, lange Haare und weibliche Schlaghosen und "kreierten so eine teilweise androgyne Ästhetik. Dies war die Wurzel einer neuen Ästhetik, die beispielsweise den Glamrock, der offen mit Identität spielte, ermöglichte". Das zur gesellschaftlichen Entwicklung konträre Festhalten der "black community" an traditionellen Rollen­bildern ist unter anderem durch die afrikanischen Wurzeln geprägt. "Viele Ansätze der afrozentrischen Theorie [Erforschung gesellschaftlicher und geschichtlicher Entwicklungen unter der Berücksichtigung afrikanischer Einflüsse; A.M.] gehen davon aus, da** sich die Geschlechter komplementär zueinander verhalten [und...] Frauen und Männer entlang klar definierter Linien unterscheidet". Zudem gibt es die Auffa**ung, der schwierige Stand von Afroamerikanern in der weißen Bevölkerung un­terstützte die "konservative Einstellung zum Geschlechterverhältnis". Finanzielle und soziale Unsicherhei­ten in der Gesellschaft wurden durch klare, "sichere" Verhältnisse in der Familie aufgefangen. Es wird deut­lich, "da** der Kampf gegen ra**istische Unterdrückung gegenüber dem Kampf gegen Sexismus als vor­rangig betrachtet [wurde]". Zudem spielt die starke Religionszugehörigkeit (87% aller Afroamerikaner sind gläubig, 36% gehen einmal oder mehrmals in der Woche in die Kirche)26 in der Position vieler Afroamerikaner zu h*mos**ualität eine maßgebliche Rolle. Trotz der Tatsache, da** sich unter den vielen prominenten Amerikanern der 70er und 80er Jahre, die mit den Rollenbildern spielerisch umgingen, auch Afroamerikaner fanden (Prince, Michael Jackson), wurden diese "aufgrund fehlender Authentizität [...] nicht ernstgenommen" – eine Identifikation oder ein Umdenken fanden nicht statt. Festzustellen ist also, da** Gründe für die h*mophoben Entwicklungen im amerikanischen Hiphop primär mit der sozio-kulturellen Situation der afroamerikanischen Bevölkerung zur Entstehungszeit des Genres verknüpft sind. Wie im Unterkapitel "Der Verräter" angesprochen, wurde h*mos**ualität als "Verrat an der Ra**e und den Idealen der afroamerikanischen Männlichkeit verstanden". Geschlecht wird im Zweifelsfall also als die "zweitrangige Identität, die der ethnischen Identität unterzuord­nen ist, wahrgenommen" - was dem Thema Ra**e angesichts der dennoch mas­siven Relevanz der Männlichkeit im Hiphop eine kaum zu überschätzende Bedeutung verleiht. An dieser Stelle soll der weitere geschichtliche Verlauf im amerikanischen Hiphop und (die Entstehung) seine(r) h*mophoben Elemente skizziert werden. Inhaltlich wichen die anfänglichen Block Party Songs im Stile von “Now what you here is not a test, I'm rap­ping to the beat“ (The Sugarhill Gang – Rapper's Delight, 1979) recht zügig inhaltlich relevanteren Aussa­gen wie der bereits angesprochene Titel The Message von Grandmaster Flash (1982). Die erste kommerzi­ell in größerem Maße erfolgreiche Rap­formation war Run-DMC. Zusammen mit LL Cool J und der Gruppe Erik B.& Rakim waren die medial of­fensiv-männliche und prahlerische Selbstdarstellung prägend für das Bild des Gangstas, auch wenn sich Run-DMC noch nicht auf diese Weise kategorisieren la**en. Hier ein beispielhafter Text: "Me and my Adidas do the illest things We like to stomp out pimps with diamond rings We slay all s**ers who perpetrate And lay down law from state to state" (Run-DMC - My Adidas, 1986) Diverse stereotypisch männliche Rollenzuschreibungen la**en sich in diesem beispielhaften Text finden. Speziell der Reichtum und die damit verbundene Unabhängigkeit, sowie die Selbstbestimmtheit ("lay down law") prägen das Bild des Mannes. Deutlich wird, da** in dieser Phase des Hiphops die offene h*mophobie noch nicht thematisiert wird. Die Bezeichnung des Gegners als s**er (Lutscher) trägt jedoch bereits h*mophobe Züge – die Assoziatio­nen zum oral verkehrenden, sich also unterwerfenden und damit entmannt werdenden Kontrahenten, sind stark angedeutet. Auf dem gleichen Album findet sich zudem der Song proud to be black - der extrem schmale Grat der beiden vorherrschenden Themen Sex und Ra**e wird deutlich. Die inhaltlichen und performativen Elemente von Gewalt, Sexismus und h*mophobie erreichen besonders durch die Gruppe 2 Live Crew ("s** my dick and make it puke" aus dick almighty, 1989) oder N.W.A. eine neue Stufe. Hier ein Auszug aus dem kontroverse Song "f** the police" von N.W.A. (1988) “I don't know if they f*gs or what Search a n***a down and grabbin his nuts“ Der Begriff f*g (Abk. für f*ggot = Schwuchtel, Anm. A.M.) wird hier in einer der ersten Rapsongs überhaupt benutzt. Die Ambivalenz der h*mophobie wird in diesem Text besonders deutlich. Die Polizei soll zwar ge­fickt werden (hier greift die im Unterkapitel "Tunte" angesprochene Erklärung, da** laut s**istischer Rollenaufteilung der Penetrierende automatisch die männliche Rolle einnimmt) und verliert somit ihre Männlichkeit, der Fickende behält seine Männlicheit trotz des Verkehrs unter Männern jedoch bei. Die Polizei, welche bei der Untersuchung die Hoden ("grabbin' his nuts) des fiktiven Protagonisten befühlt wird dagegen als Schwuchtel beschimpft. Auf eine reduziertere Ebene gebracht verkünden die Rapper von N.W.A. also: "Du bist schwul, ich ficke dich". Natürlich fallen diese Begriffe hier auch im Kontext von Slang- und Alltags­sprache, es ist jedoch wichtig, diese gegensätzlichen Verwendungen des Wortes ficken erläutert zu haben, da sie sich durch die Hiphopgeschichte ziehen. Mit N.W.A. entsteht das gefestigte Bild vom Gangsta. Die Mitglieder rühmen sich mit den Geschichten aus den kriminellen Vierteln, aus denen sie erzählen. Aufgrund ihrer gemeinsamen Herkunft aus Compton (Dreh- und Angelpunkt der westamerikanischen Gang­szene in den 80er- und 90er -Jahren, Anm. A.M.) ist bei einigen Schilderungen eine Authentizität wahrzu­nehmen, ("it's not about the salary, it's all about reality") während der Gangsta-Rap in späteren Jahren und vor allem in Deutschland keine authentische Grundlage mehr aufzeigen kann. "MC Ren soll am Bein getroffen worden sein [...]Eazy-E rühmt sich mit seinen Einbrüchen und behauptet, Autos geknackt zu haben und gedealt zu haben, [...] Dr.Dre gibt sogar einige Lektionen im Autoklauen" Die drastischen Schilderungen ihrer Lebensrealität stehen im kra**en Verhältnis zu den sozialkritischen Messageraps von z.B. Public Enemy, deren Kritik an Staat und Gesellschaft stets revolutionäre Ambitionen hatte und Wandel forcieren sollte.
"Message-Rap ist die Tageszeitung, Gangsta-Rap die Boulevardpresse" sagt Chuck-D von Public Enemy. Das von N.W.A. erzeugte Bild des Gangstas wirkt wie ein Katalysator auf die vulgären Umgangsformen im Hiphop mit seinem Hang zu p**nografisch-s**istischen und h*mophoben Äußerungen. Bis heute ziehen sich latente und offensive h*mophobie durch die Hiphopgeschichte. Die in diesem Kontext auftretende Verwendung des Wortes ficken ist dabei besonders prägnant: Die For­meln I'll f** you als Warnung des Rappers an seinen Kontrahenten, sowie der Umkehrschluss better don't f** with me entwickeln sich zu einer gängigen Rapterminologie. Neben diesen phrasenartigen Belei­digungen, welche die verbale Entmannung des Gegenübers anstreben, jedoch nicht als konkreter Schwu­lenha** interpretiert werden können, gibt es vermehrt auch offensiv h*mophobe Raptexte, in welchen h*mos**uelle auf menschenverachtende Weise niedergemacht werden. "The suspense was makin' me sick She took her panties down and the b**h had a dick! Put the gat [Knarre, Pistole; A.M.] to his legs, all the way up his skirt Because this is one f*ggot that I had to hurt" Eazy-E – Nobody Move (1988) "My words are like a dagger [Dolch; A.M] with a jagged edge ["spitze Klinge"; A.M.] That'll stab you in the head Whether you're a f*g or lez [Kurzform für "lesbian"; A.M.] Or the h*mos**, hermaph [Zwitter; A.M.] or a trans-a-vest Pants or dress - hate f*gs? The answer's yes" Eminem – Criminal (2000) Von deutlichen Umgangsformen allein kann in beiden Texten keine Rede mehr sein. Die konkrete Androhung von Gewalt gegen h*mos**uelle, Transvestiten und Zwitter sprengt die Dimensio­nen von reinem Imponiergehabe und Chauvinismus. Wichtig anzumerken ist, da** sich radikal artikulierter Schwulenha**, wie in diesen Fällen stets auf die Gangsta-Rap Szene beschränkt. 4. Hiphop in Deutschland – Neue Härte und h*mophobie Zeitlich zum Gründerland kaum versetzt erreichte die Hiphopkultur Anfang der 80er-Jahre Deutschland. Mit seinen ersten musikalisch kommerziellen Erfolgen kam Hiphop Anfang der 90er-Jahre aus seinem Schat­tendasein als Subkultur. Die Platte "Jetzt geht's ab!" (1991) von "Die fantastischen Vier" ist die erste Veröffentlichung, die bundes­weite Aufmerksamkeit erlangte. Inhaltlich sind die ersten Rapsongs geprägt von ban*len Spaßreimen ("wir rocken kugelrund und das nicht zu knapp /sind die Fantastischen Vier, und jetzt gehts ab). Die CD "Fremd im eigenen Land" (1992) der Gruppe Advanced Chemistry greift die ambivalenten Gefühle junger Ausländer zur Bundesrepublik auf und begründet somit den deutschen Message-Rap. Die Entwicklung der Musikrichtung verläuft praktisch parallel zum amerikanischen Hiphop. Die, dem deutschen Hiphop oft vorgeworfene, mangelnde Originalität aufgrund der ständigen Orientierung an der amerikanischen Kultur kann kaum abgestritten werden. Dies wird thematisch auch innerhalb der deutschen Rapszene aufgegriffen oder ironisiert. Während der Aspekt der h*mophobie in Amerika durch den Vormarsch des Gangsta-Raps durch N.W.A Ende der 80er-Jahre an Bedeutung gewann, entstanden in Deutschland Mitte der 90er-Jahre erste Tendenzen von verbalen Anfeindungen und Fehden innerhalb der Szene. So herrschte Mitte der 90er-Jahre die erste Rivalität zwischen "Die fantastischen Vier", die für ihren kom­merziellen Erfolg in der Szene geächtet wurden und "Rödelheim Hartreim Projekt". Aufgrund des rasant gestiegenen Medieninteresses und der Etablierung von Hiphop in der Bevölkerung gewann der Konflikt zu­sätzlich an Brisanz. “Es ist klar, da** die Medien diese Konkurrenz freudig aufnahmen und zum Krieg der Rapper erklärten. [...] Moses P. [Rödelheim Hartreim Projekt; A.M.] [hat] die Friede-Freude-Eierkuchen Stimmung des deutschen Hiphops gehörig aufgemischt und Bewegung in die Szene gebracht“. "Du bist gefickt, verstrickt, verschlungen, wie viele dumme Jungen" heißt es in “Reime“ (1994) von "Rödel­heim Hartreim Projekt". Diese explizite Sprache war zwar neu für den deutschen Hiphop, sie war jedoch immernoch brav und au­genzwinkernd, betrachtet man die amerikanische Szene dieser Zeit. Der Gebrauch von ficken als Abwer­tung und Schmähung des Gegenübers ist sicherlich richtungsweisend gewesen und zeigt gleichzeitig auf, wie konkrete Inhalte den Gangstarappern aus Kalifornien einfach abgeschaut wurden. Den nach den ersten direkteren Umgangsformen von "Rödelheim Hartreim Projekt" deutlich drastischeren Richtungswechsel, läutete der Berliner Rapper Kool Savas mit seiner Single "LMS – Lutsch meinen Schwanz" (2000) ein. Savas' Selbstdarstellung, seine Sprache, die Aggression in seinen Songs stellten eine Zäsur dar. "Du bist'n mieses Stück Scheiße und wirst nie in deinem Leben auch nur 10% von den Mösen sehen, die ich schon hatte" "Was geht mit euch, alle MCs sind schwul in Deutschland Deswegen, nehm ich jeden von euch Wichsern durch auf jeden Ich fick euch alle, solang ich weiss, da** ihr kein AIDS habt" "Mich in den Po zu ficken geht nicht Mein Schwanz denkt von alleine, deiner lebt nicht" Kool Savas - "Lutsch mein Schwanz" und "Schwule Rapper" Die Metaphorik h*mophober Texte findet sich hier deutlich wieder. Es werden die im Unterkapitel Die Tunte erwähnten zwei Methoden verwendet, um die Identität des Rap­pers zu untermauern: Sowohl die eigene Heroisierung als potentesten aller Männer, die intras**uelle Abgrenzung also, als auch die Herabwürdigung von Frauen und h*mos**uellen als inters**uelle Abgrenzung zum anderen Geschlecht. Ihr seid nicht nur Frauen und ich ein Mann, ich bin sogar unter den Männern der begehrenswerteste, lautet das Resümee. Besonders in der Verknüpfung von Aids und h*mos**ualität im selben Satz entsteht eine menschenverach­tende Attitüde, die die Grenzen von reinem Tabubruch und grenzwertigem Geschmack weit überschreitet. "LMS" war ein Underground Erfolg und hat heute Kultstatus. Kool Savas gilt als unbestrittener Pionier des p**no- und Gangstaraps in Deutschland. Für Johannes Loh ist Kool Savas der Wegbereiter einer neuen Härte. Gleichzeitig stellt er fest: "[Die] Kritik an dieser Tendenz [wird] als kleinlich abgetan." So meinte Smudo von "Die fantastischen Vier" [über den Song "Schwule Rapper"; A.M.]:"Kla**e Song, auch wenn er natürlich für Haarspalter schwulendiskriminierend ist". Nora Hantzsch ergänzt: "Da dieser Song [Schwule Rapper; A.M.] eine nie geahnte Anerkennung in der Szene erreicht hat, wurden mit ihm ma**ive Tabubrüche und Grenzüberschreitungen getätigt [...]. Durch Savas wurde h*mophobie im Hiphop "trivalisiert und etabliert". Der Vorwurf der häufigen h*mophoben Tendenzen entstammt in erster Linie des häufigen Gebrauchs des Adjektivs schwul und des Verbs ficken, beide in verschiedensten Variationen und Interpretations­möglichkeiten. Wenn ficken wie im folgenden Text von Bushido "Wir sind die [...], die euch so ficken bis ihr Blut kotzt. Ich bin der Berliner, der nicht redet sondern zuboxt. Ich werd's so machen wie die Cowboys im Western Ich trink nur noch Whisky und fick eure Schwestern" Bushido – Gangbang (2004) sowohl als zerstören, fertigmachen oder kränken verwendet wird als auch als Bezeichnung für Geschlechts­verkehr, dann wirft diese "Verundeutlichung der Semantik" die Frage auf, ob sich Rap einer reinen Symbolsprache bedient, welche mit den Bedeutungen im Sprachge­brauch nicht verglichen werden kann. Demnach wäre auch anzunehmen, da** auch Worte wie schwul und Schwuchtel nur im augenzwinkernden, künsterlischen Kontext verwendet werden. So benutzt Hiphop eben eine derbere Sprache um den gen­retypischen Männerwettstreit interessanter zu machen und mit Leben zu füllen - "wer rappt schon: „Du bist doof?". Eine öffentliche Distanzierung der betroffenen Rapper zu ihren Inhalten, hat jedoch bis zum heutigen Tage nicht stattgefunden. "Ich bin m**misch erzogen, Halb-Araber und Rapper, ich finde es nicht normal, schwul zu sein.", war Bushidos Stellungnahme in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Kool Savas erklärte der JUICE: "[Wenn] einem ein bisschen der Sinn für Humor fehlt, kann es schon sein, da** man falsch beeinflusst wird. Ich würde nicht wollen, da** Kids wegen mir zu totalen Asos [Asozialen; A.M.] werden und Frauen disrespecten". Während Bushido sein Image bestätigt, lässt sich bei Kool Savas ein interessantes Phänomen feststellen: Auf seine Texte angesprochen, weicht er den Anspielungen auf h*mos**uelle komplett aus, relativiert je­doch seine Aussagen bezüglich Frauen. Hierzu erkennt Hantzsch: "Solidarität mit Frauen lässt sich in der Szene noch eher vertreten als Solidarität mit h*mos**uellen". In den Stellungnahmen beider Rapper herrscht das Bild des Unholds (vgl. selbiges Unterkapitel) vom Ho­mos**uellen. Keiner findet tatsächliche Gründe oder versucht sein Verhalten zu erklären, es wird nur auf das "nicht normal"-Sein verwiesen. Deutlich drastischer als in anderen Männerdomänen, wie Fussball oder dem Militär, wäre ein Bekenntnis, Schwule zu akzeptieren, im Rap bereits ein Imageschaden. An dieser Stelle sei erneut auf die Entstehung der neuen deutschen Härte verwiesen, mit welcher sich in wenigen Jahren auch der Gangstarap in Deutschland in aller Munde befand. Die im Rap große Rolle spie­lende Authentizität, oft auch als street credebility bezeichnet – ein Rapper lebt das Gerappte also tatsäch­lich und ist in seinen Liedern keine Kunstfigur – zeigt sich in all ihrer Ambivalenz: Die in Amerika Ende der 80er-Jahre als Ghetto bezeichneten sozialen Brennpunkte, gab es in Deutschland An­fang des 21. Jahrhunderts in dieser drastischen Form überhaupt nicht. Das Image des wütenden, kompro­misslosen Gangstas, der in Bandenkriege verwickelt ist und mit Drogen dealen muss, wie es bei Mitgliedern von N.W.A. noch der Fall gewesen sein soll, musste somit erst erfunden werden. " Eko Fresh Ghetto Chef Junge denn es muss sein, Köln-Kalk Hartz 4 komm in meine Hood rein. Komm und guck was es heissŸt im Block hier zu Wohnen, Wo man Leben mussŸ von Drogen oder Prostitution." Eko Fresh – Gheddo (2006) Köln-Kalk mag ein deutsches Problemviertel sein, doch von amerikanischen Ghetto-Verhältnissen war man in Deutschland im Jahre 2006 weit entfernt. Schon 1996 schrieb Michael Winter in der Süddeutschen Zeitung: "[Hiphop]...entstammt aus einem sozialen Klima, zu dem es hierzulande nichts vergleichbares gibt.[...]" Er sei "so original und innovativ wie ein Oktoberfest in Texas". 5. Alternative Strömungen Gangstarap und die mit ihm verbundenen Selbstinszenierungen und Weltbilder erfuhren in Amerika und Deutschland einen jahrelangen Hype. In den U.S.A kamen Ende der 90er-Jahre erste alternative Strömungen mit der Gruppe Outkast auf. Hohe Gesänge in den Refrains, witzi­ge Verkleidungen und völlig neuartige Soundstrukturen standen im kra**en Kontrast zum Gross der Hi­phopkultur. "Hip-hop is dead. The stuff I do [Andre3000, einer der beiden Mitglieder; A.M.] comes out of the boredom of hip-hop being like it is." war die Erklärung des Duos aus Atlanta, welche u.a. Prince (der wie erwähnt in den 70er- und 80er-Jahren keine geschlossene Anerkennung in der black community erhielt, vgl. Kapitel h*mophobie; A.M.) als einen ihrer Einflüsse nennen. Zudem entstand in den U.S.A. seit ca. 2005 eine wachsende h*mos**uelle Rap-Szene, welche "Symphati­santen in der regulären Rap-Szene haben". Der Rapper Eminem nutzte die Grammy-Awards im Jahre 2001, um sich von seinem h*mophoben Ruf zu befreien und performte seinen Hit Stan mit dem bekennenden h*mos**uellen Musiker Elton John, den er als Freund bezeichnet. Im Zuge des Präsidentschaftserfolgs von Barack Obama erklärte sich der Rapper Jay-Z öffentlich als Unter­stützer seiner pro-h*mos**uellen Politik: "You can choose to love whoever you love. That's their business. [It] is no different than discriminating against blacks. It's discrimination plain and simple.". Der Vergleich der Diskriminierung Schwarzer mit der von h*mos**uellen ist dabei eine wichtige und sehr reflektierte Einschätzung, die sicherlich eine breite Ma**e von Afroamerikanern erreichte. Die Tendenz eines sich wandelnden Bildes von h*mos**uellen im amerikanischen Hiphop, erfuhr im Juli 2012 mit dem Outing von R'n'B-Sänger Frank Ocean, der mit vielen Rappern zusammenarbeitet und höchs­te Anerkennung genießt einen neuen Höhepunkt. Auch in Deutschland kam es nach der Gangstarap-Ära Anfang des 21.Jhd. zu einer Wechselstimmung. Die Berliner Rapgruppe K.I.Z., die im Sommer 2007 erste kommerzielle Erfolge erzielte, ironisiert und demas­kiert in zahlreichen Liedern und öffentlichen Auftritten Sexismus und h*mophobie. In ihrem Video zur erfolg­reichen Single Geld essen (2007) küssen sich zwei Männer, womit die Gruppe ein Zeichen gegen h*mo­phobie setzen wollte. Auf ihrem 2009 erschienen Album mit dem Titel Sexismus gegen Rechts, der auf die wiedersprüchliche moralische Haltung des Gangstaraps der 90er Jahre anspielt, heißt es beispielsweise: "Ich bin erleichtert, die Frauen gucken nur auf das Geld Ich springe nackt auf die Theke, sie hat 'nen Kurzen bestellt." (K.I.Z. - "Das System") Übertriebene Männlichkeit und Potenz werden hier ins Gegenteil verballhornt (Das gesamte Lied handelt ausschliesslich vom, bei den Sängern angeblich zu klein ausgefallenen Geschlechtsteil und den daraus re­sultierenden Problemen). Der Rapper Kaas, der u.a. mit Kool Savas zusammenarbeitete, veröffentlichte mit TAFKAAZ :D im Jahre 2009 ein Album, dessen Hauptthemen Liebe und Zärtlichkeit sind. Das Cover zeigt ein weibliches, nacktes Einhorn mit Brüsten (Symbole für Zärtlichkeit, Anmut und Weiblich­keit), welches sich die Pulsader aufschneidet, aus welcher eine regenbogenfarbene (Symbol für h*mose­xualität) Blutfontäne spritzt. Kaas ist zudem Mitglied bei der Rapgruppe Die Orsons, die ebenfalls durch ihre Aufhebung von stereotypi­schen Geschlechtsrollen und Attitüden Bekanntheit erlangten. Mit Horst und Monika erzählen sie die reale Geschichte des NPD-Mitglieds Horst Strub, der nach einer ge­schlechtsangleichenden OP im Jahre 2011 als Monika Strub für DIE LINKE in den Wahlkampf zog. Gefeatu­red wird auf der Single der Rapper Cro, der mit seinen fröhlichen, popartigen Rapsongs Ende 2011 für einen weiteren Stilwechsel im Genre sorgte. Sein androgynes Auftreten in engen Jeans und mit hoher Stimmlage singend brach weitere Deutschrap Tabus und wurde von der Szene überraschenderweise soli­darisch aufgenommen. Insgesamt kann man mittlerweile von einer lockeren und selbstironischen Raplandschaft sprechen. Es co-e­xistieren diverseste Stile und Persönlichkeiten, die sich im Großen und Ganzen allesamt respektieren. Den­noch kann auch der zur Menschenverachtung tendierende Gangstarap noch große Erfolge aufweisen so stieg das Album "Jung, Brutal Gutaussehend 2" von Kollegah und Farid Bang ("und die b**hes heute wol­len Jungfrau bleiben / zwei Optionen: Arsch her oder Mund auf Kleines / Und du wärst gern wie wir doch hast den Körper einer Frau / Und warst nach der Geburt nie mehr im Körper einer Frau") im Frühjahr 2013 auf Platz 1 der deutschen, österreichischen und schweizer Albumcharts. 6. Fazit Zusammenfa**end kann gesagt werden, da** h*mophobie im amerikanischen und deutschen Hiphop im Wesentlichen auf den Gangstarap zurückzuführen ist. Hiphop ist eine der letzten absoluten Männerdomäne und hatte somit, gerade aufgrund des großen Augenmerks auf die sprachliche Ausdrucksfähigkeit, schnell Beleidigun­gen und Kränkungen zum Inhalt. Dem Gegenüber seine Männlichkeit abzusprechen, ist dabei, verständlicherweise, eine besonders kränken­de, wenn auch intellektuell sehr beschränkte Art und Weise der Beleidigung. Der h*mos**uelle, der dabei stereotypisch als "unmännlichste Form" von Mann gesehen wird, wurde für den Rapper somit schnell zum beliebten Lückenfüller, Platzhalter und zur Allzweckbeleidigung (Der US-Rapper Tylor the Creator benutzt das Wort f*ggot auf seinem Album Goblin 213 Mal), ohne da** er dabei explizit h*mophob sein musste. Problematischerweise wurde dieses symbolische Verhalten oft auch gezielt gegen h*mos**uelle Menschen verwendet und in der Öffentlichkeit äußerst selten relativiert, geschweige denn zurückgenommen. Anfang der 2000er-Jahre fand Hiphop in Amerika und Deutschland zu einer Emanzipation aus dem Gang­starap, der über Jahre (auch angefeuert durch die skandalträchtigen Medien) Maß aller Dinge zu sein schien. Gerade die liberalen Haltungen von Rapmogulen wie Jay-Z und Kanye West waren dafür von enormer Wichtigkeit. Eine wahre Revolution (und von deutschen Medien praktisch unkommentiert) war jedoch das öf­fentliche Coming-Out des dunkelhäutigen R'n'B/Hiphop-Künstlers und Grammysiegers Frank Ocean, wel­ches aus allen Bereichen amerikanischer Musik große Anerkennung genoss. Die h*mophoben Gangstaphrasen wurden im deutschen Hiphop eins zu eins übernommen, der aufgrund seiner historischen Entwicklung noch viel weniger mit dem Urbild des Gangstas gemein hatte und somit mit seinen platten Menschenbildern und Attitüden von Außenstehenden oft belächelt und kritisiert wurde. Hier kam es musikalisch ebenfalls zu erfolgreichen Umbrüchen und Änderungen des Blickwinkels. Wenn­gleich h*mophobie im Hiphop (und dabei eben speziell im Gangstarap) in Amerika und Deutschland noch immer latent zum Vorschein kommt, ist die Stimmung in beiden Ländern in den letzten Jahren deutlich posi­tiver geworden, die Texte reflektierter und die Kultur facettenreicher. Gleichzeitig muss deutlich gemacht werden, da** h*mophobie ein Missstand unserer Gesellschaft ist, der in allen Bereichen anzutreffen ist. Da Sexismus und h*mophobie in unserer Gesellschaft existieren, findet man sie als Spiegel der Gesellschaft auch in der Kultur an – und somit auch im Hiphop. Das darf zwar keine h*mophoben Äusserungen entschuldigen oder ban*lisieren, doch gleichzeitig muss sich eine Gesellschaft hinterfragen, die den Bambi für Integration an Bushido als "Mensch mit Vision und Kreativität" verleiht, wo es Dutzende vorbildhaftere Beispiele gäbe. Hiphop kann zudem auf Verdienste wie die Verständigung zwischen Kulturen und Nationen blicken und war seit seiner Existenz Sprachrohr für Unterprivilegierte, die gesellschaftlich ins Abseits geratene, problemati­sche Zustände anprangerten und mitverbesserten. Ra**ismus oder Antisemetismus beispielsweise sind im Rap ein unausgesprochenes Tabu, welches innerhalb der Szene (wenn nicht spielerisch) kaum gebrochen wird. Das Manko der h*mophobie muss sich (Gangster-)Rap jedoch weiterhin auf die Fahne schreiben. Als Schlusswort ein Zitat des Musikjournalisten Tim Stüttgen: "Nun gilt für Raptexte wie für Kunst im Allgemeinen eine Regel: Es gibt einen Unterschied zwischen Symbolischem und Realem, zwischen Wörtern und Taten sowieso.[...] Words are just words, right? Nicht unbedingt. Worte schaffen bei ständiger Wiederholung Standards. Und Standarts schaffen Normen.[...] Der "h*mo" kommt da gerade recht, er kann für alles herhalten ohne wirklich gemeint zu sein. Und genau das ist das Problem. Denn das Wort verweist auf real existierende Personen." 7.Literaturverzeichnis Bücher Bleibtreu-Ehrenberg, Gisela (1978): Tabu h*mos**ualität.Die Geschichte eines Vorurteils, Frankfurt am Main. Dannecker, Martin/ Reimut Reiche (1974): Der gewöhnliche h*mos**uelle, Frankfurt/M. Dufrense, David (1992): Rap Revolution, Neustadt. Grimm, Stephanie (1998): Repräsentationen von Männlichkeit in Punk und Rap, Tübingen. Jung, Patricia Beattie; Smith, Ralph F. (1993).Heteros**ism: An Ethical Challenge. State University of New York Press. Leibfried, Dirk/ Andreas Erb (2011): Das Schweigen der Männer. h*mos**ualität im deutschen Fußball, Göttingen. Schack, Katrhin (2011): Liebe zum gleichen Geschlecht – Ein Thema für die Schule, Marburg. Verlan, Sascha/ Johannes Loh (2002): 20 Jahre Hiphop in Deutschland. Höfen. Verlan, Sascha (2003): Arbeitstexte für den Unterricht. Rap-Texte, Stuttgart. Magazine: Leopoldseder, Marc (2005): Rap auf dem Index – Banned in the BRD. 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