2015 war ein großartiges Jahr für deutschsprachigen Rap! Über den besten Song in diesem Jahr könnte man stundenlang diskutieren, selten gab es wohl so eine vielfältige Auswahl. Hier ist die Liste der 20 besten Deutschrap-Lieder von Genius Deutschland: 20. Vega & Bosca – "2 Sekunden Pt. 2" Die unerwartete Fortsetzung des Tracks auf Vegas Debütalbum „Lieber bleib ich broke". Zusammen mit Bosca, der übrigens damals im Song Props von V bekommen hatte, liefert er diese auf ihrem Kollaboalbum „Alte Liebe rostet nicht“. Thematisch geht es sich in beiden Tracks darum, wie einzelne Momente ganze Leben entscheiden können. Während sich Vegas Soloversion noch auf Schicksalsschläge und die negativen Auswirkungen einzelner Augenblicke konzentrierte, geht es im gemeinsamen Track jetzt um Augenblicke der Entscheidung, und die Auswirkungen eben dieser. Aus dem pa**iven Schicksalsmoment im ersten Track wird mit Part 2 eine aktive Handlung. Auch die negative Grundstimmung des ersten Tracks ist verschwunden, man ist sich seiner eigenen Fehler zwar durchaus bewusst, doch auch auf selbst getroffenen Entscheidungen deutlich stolz. Obendrauf gibt's zum Song auch ein wunderschönes Musikvideo mit Impressionen aus dem gemeinsamen Camper-Urlaub in Italien, etwas intimer und brüderlicher, so wie immer eben.- t0n1ght 19. Kontra K – "Erfolg Ist Kein Glück" "Ausdauer ist der Schlüssel für den Ruhm" rappt Kontra K am Ende des Liedes. Tatsächlich hat er lange für seinen Erfolg gekämpft: 2007 veröffentlichte er sein erstes Mixtape, zwei Jahre später die erste EP (mit Skinny Al), 2010 sein erstes Album "Dobermann". Ein Sampler, vier Mixtapes, drei EPs, drei Alben - viele hätten bereits aufgegeben. Doch Kontra K unterstreicht, da** Erfolg eben tatsächlich kein Glück ist, macht den Song zum Soundtrack seines Lebens und schafft es trotz epischem Orchester-Beat ohne kitschige Formulierungen auszukommen. Mit "Erfolg ist kein Glück" lieferte Kontra K musikalisch und filmisch eine der besten Produktionen des Jahres. - Tobias Wilinski 18. Bushido & Shindy – "FAZ" "Ich hab täglich Ausgaben wie die FAZ" – dieser Satz aus der Hook fa**t ziemlich gut zusammen, wovon dieser Track handelt: Ähnlich wie eine Tageszeitung eben täglich eine Ausgabe auf den Markt wirft, so haben Shindy und Bushido mit ihrem Reichtum allerhand Dinge zu erwerben, um ihren Lifestyle angenehm zu gestalten.
Darunter fallen unter anderem Bekleidung luxuriöser Marken, alles, was zur Verpflegung der High Society und zahlreicher Damen so benötigt wird, bishin zur angemessenen Segelyacht.
Ganz kla**isch werden andere Rapper als Märchen-Erzähler tituliert, sowie die Rapszene ansich als Seifenoper. Darüber hinaus werden auch eigene Erfolge nochmal in den Fokus gerückt.
Kreativste Zeile: "Ich schätze das ist Kunst, dann sind das Kunstschätze". - "SinaTheQueen" 17. Genetikk – "Wünsch dir was" 22 Jahre nachdem Die Toten Hosen mit diesem Titel eine eher optimistische Hymne für die Zukunft schufen, schlägt das Rap-Kollektiv Genetikk etwas andere Töne an. Die gesampelte Hook, deren Verwendung von der Punkrockband aus Düsseldorf übrigens gefeiert wurde, schmiegt sich mit dem Gesang des Kinderchores nun gar nicht in den übrigen Tonus des Liedes ein. Hier wird nämlich viel eher davor gewarnt, was man denn so auf seine Wunschliste setzt - da eben jeder Wunsch, der mir etwas positives verheißt, irgendwo auf der Welt für jemand anderen viel Leid bedeuten kann.
Das Video war die 2. Auskopplung vor dem Release von "Achter Tag" und zeigt viele bekannte Feindbilder aus einem wenig humanistischen Auswuchs des Kapitalismus: McDonalds, besiegte Länder, abgeholzte Urwälder, Monopoly, sowie die Frau mit den Einkaufstüten.
All die hier thematisierten Probleme resultieren aus einer unfairen Verteilung der Ressourcen und des Geldes auf dem Planeten. Dieser Track will die Achtsamkeit auf diesen Umstand beim Hörer sensibilisieren und schärfen.
In den deutschen Charts gab es dafür Platz 37.
- SinaTheQueen 16. Kollegah & Karate Andi feat. SSIO – "Chronik III" Mit der Veröffentlichung des Videos zu Chronik III erschien nicht nur der erste komplette Track des gleichnamigen Samplers, sondern wird sogar ein vielversprechender Einblick in die Genialität von zehn Jahren Selfmade Records gewährt.
Fraglich ist allerdings, ob nicht eher der Bazzaziantypische „Auf die Fresse“-Beat Epilepsie verursacht, als das dafür gekennzeichnete Video.
Des Weiteren vereinigt der Track so ziemlich alle Faktoren neben dem Beat, die ein typischer Selfmade-Track mit „Mittelfinger hoch“-Attitüde benötigt: Kalashnikovsalvenartige Doppeltimekombos via Kollegah; kriegspopagierende Hook und alkohollobpreisende Lines via Karate Andi (für den dies übrigens der erste Track über sein neues Label ist) und das lyrische Gerechtwerden der abgefahren Stereotypen.
Auch der Specialguest bei dem Heimspiel der Selfmade-Crew liefert dabei einen seiner besten, wenn nicht sogar seinen bisher besten Part in seiner ganzen Karriere ab.
Nicht zuletzt durch diesen gnadenlos On-Point rappenden SSIO hat der Track 2015 Maßstäbe gesetzt.
- VwieVeteran 15. Azad feat. MoTrip– "Rap" Azad und MoTrip treffen sich auf einem Track, den Savas abwertend als „Rap über Rap“ bezeichnen würde. Die Szenelegende Azad berichtet darauf in zwei Parts von damaligen Vorbildern, wie Run DMC und Nas und seinen ersten Schritten im Rapgeschäft, sowie von seiner wachsenden Leidenschaft für HipHop. MoTrip, der zur neuen Generation zählt, nennt als seine Vorbilder Savas und den Featurepartner Azad, bedankt sich für die Unterstützung, die er von diesen erfahren hat und gibt uns mit dem Vers „Ihr solltet wissen, was ein MC macht / Denn ein paar richtig gesetzte Worte verleihen einem MC macht“ noch einen Ratschlag mit auf den Weg. Aufgefrischt wird das Ganze dann durch einige Cuts aus Amirap Tracks und Scratches von DJ Rafik, die als Hook dienen. R-A-P eben. - t0n1ght 14. Audio88 & Ya**in – "Schellen" "Das wird man ja noch sagen dürfen" , "Aber ich bin doch kein Nazi, nur weil ich sage, da**..." oder "Wo komm' wir denn da hin?" sind wohl die bekanntesten Aussagen eines typischen deutschen Wutbürgers, der keine sehr menschenfreundliche Gesinnung hat.
Diese Zeilen fa**en gut zusammen, wem Audio88 & Ya**in mit diesem Lied gern mal ein paar Schellen verpa**en würden.
Dabei reicht das Themenspektrum von streikenden Gewerkschaften über Ra**ismus, Sexismus, h*mophobie sowie eben alles, was einen "stolzen Sack Kartoffeln" aus seiner Gedankenwelt von ca. 1m² reißen könnte, in der jeden Sonntag der immer gleiche Tatort über die Flachbildschirme flimmert.
Als Freetrack erschien dieses Lied am 20. September des Jahres. - SinaTheQueen 13. Mine & Edgar Wa**er – "Aliens" “Unsere Geschichte bestand nur aus Sklaverei und Krieg. Wir war'n uns zu fremd, um uns anzuseh'n als Kollektiv”. Einer, der vielen zitierwürdigen Zeilen aus dem Lied “Aliens”, das in Zusammenarbeit zwischen dem Münchner Rapper Edgar Wa**er und der Stuttgarter Sängerin Mine. Und eigentlich ist es schwer etwas darüber zu sagen, es zu zerlegen in Beat und Text, es zu an*lysieren oder den Sinn dahinter näherzubringen. Denn es ist viel mehr als das. In klasisscher Edgar-Manier schaukelt der Song zwischen Sarkasmus und Scham bis das letzte Wort von Mine erklingt, bevor man anschließend in sein Browserfenster starrt und sich vor lauter Unsicherheit und Blöße fragt, was man da gerade gehört hat. Ein Gefühl, das man bislang zwar schon einige Male nach Edgar Wa**ers Liedern empfinden konnte, doch besser als in “Aliens” zweifellos noch nicht transportiert wurde. Womöglich auch aus dem Grund, da** man momentan Tag und Nacht mit mehr oder wenigen schlimmen Nachrichten zugerieselt wird, bei jeder Gelegenheit darüber zugleich und wenn man dann mal nach hause kommt, zwei Musiker einen knapp vierenhalb Minuten Song hochgeladen haben, in dem sie eine Melange aus der Sicht auf aktuelle Polit-Debatten und einer postapokalyptische Szene kreierten. Das Blut auf unser aller Händen fühlt sich durch jeden Replay von “Aliens”, das übrigens gemeinsam mit “Luft nach unten” auf einer Maxi-CD erschien, klebriger und unangenehmer an. Ach ja, ihr grünen Lebewesen da draußen: Bleibt lieber weg, ist nicht so cool hier. 12. Credibil – "Augenblick" Bei Augenblick handelt es sich um einen der persönlicheren Songs auf „Renæssance“. Er richtet sich direkt an Credibils biologischen Vater, der die Vaterrolle für ihn nur sehr rudimentär ausfüllen konnte. Unterlegt von seichten Pianoklängen berichtet Credibil im ersten Part von der aktuellen Situation, von der Verfremdung zum eigenen Vater, die bis zum Leugnen des Vaters im Vers „da** du selber nicht mein Vater bist, weil du niemals einer warst“ geht. Im zweiten Part kommen dann ein paar Drums hinzu, Credibil berichtet von der Scheidung seiner Eltern als er 9 Jahre alt war, und im dritten Part, in dem Credibil seine Suizidgefühle und die neue Familie seines Vaters, ca. während seines 13. Lebensjahrs, ansprich, beginnt er fast zu schreien. Insgesamt wirkt es, als ob sich Credibil immer mehr in die Thematik hineinsteigert und seine Emotionen hochkochen. Der letzte Part endet schließlich mit „Ich hoff, da** wir uns nie wieder sehen“.
- t0n1ght 11. Xatar – "Iz Da" Der "Baba aller Babas" veröffentlichte am 20. März 2015 das 2. Video zum gleichnamigen Album. In diesem Track erzählt Xatar, wie ihn die Zeit im Gefängnis nach dem legendären Goldraub sehr hungrig drauf machte, die Rapszene zu übernehmen. Die Chancen ihn dabei aufzuhalten, sind seiner Ansicht nach in der derzeitigen Marktsituation eher gering: Und all die knuffigen, kleinen Shisha-Rapper
Versuchen jetzt gegen Xatars Welle anzukommen
Doch ihnen fehlt das Surfbrett, hahahahaha Mit der "Bi-Sprache", die im Bonner Sprachraum als beliebte "Geheimsprache" gilt, sorgen einige Zeilen für den ungeübten Hörer dabei für Verwirrung. Eines sollte allerdings klar sein: Xatar trägt Mantel! Das darf eigentlich in keinem seiner Lieder fehlen.
Jenseits der typischen Statussymbole werden auch politische Statements gemacht und er hält fest: Die Wahrheit schweigt, wenn das Para spricht Er stellt damit also klar, da** vieles in der Welt mit etwas Geld vertuscht werden kann. - SinaTheQueen 10. Money Boy – "Choices" Auf die Idee den Track "Choices" von US-Rapper E-40 quasi zu covern, kam Money Boy durch ein 50 Cent-Interview. Den Text hat er, wie er selbst erklärt, in 5 Minuten geschrieben. Reime wie "cool" auf "schwul" oder "Pizza" auf "Hitler" mögen dem Rap-Connaisseur im Jahr 2015 die Tränen in die Augen treiben, sind aber eben so simpel, da** man sie auch völlig benebelt vom Sizzurp noch mitgröhlen kann. Money Boys Rechnung ging auf, der Track wurde zu seinem größten Erfolg seit "Dreh den Swag auf"!
Tobias Wilinski 9. MoTrip – "Malcolm Mittendrin" "So wie du bist“ war die Hitsingle, "Mathematik“ beeindruckte mit kreativen Zahlenspielen. Neben den beiden Aushängeschildern von MoTrips Mama blieb ein Track ein wenig im Halbschatten, ganz wie es zu seinem Inhalt pa**t. Doch "Malcolm Mittendrin“ war letztlich zu gut, um nicht ins Auge zu fallen und von der Community in die Liste der 20 besten Rap-Songs 2015 gewählt zu werden. Getreu dem Motto “Die Feder ist mächtiger als das Schwert“ wendet sich MoTrip an alle Unverstandenen, die auf den Lärm um sie herum mit Schweigen antworten und zieht völlig unerwartet Paralellen zu einer beliebten Comedy-Serie der 2000er. Sei es dieser Tatsache, oder dem Lebensrückblick im Song zu verdanken: Einiges an "Malcolm Mittendrin“ erinnert klanglich an vergangene Rap-Jahre und sorgt so für eine vertraute Atmosphäre, die den tröstenden Arm, den der Song um einen legt, unterstützt. „Stell dir uns alle gemeinsam vor!“ Eine der wichtigsten Aussagen auf MoTrips zweitem Soloalbum.
- Light102 8. LGoony feat. Harry Quintana – "Sosa" Oft genug wurde über nicht existente Genres diskutiert, oft genug hat man sich echauffiert, oft genug hat man gefragt, was das ist. Doch wie so oft befindet sich LGoony auch in dieser Gratwanderung zwischen Club-Banger und Rap-Brett eine Ebene über diesem gemeinhin unnötigen Gerede – in diesem Fall mit seinem Kollegen Harry Quintana an seiner Seite. “Sosa” durchquerte im Zuge des Releases vom “Grape Tape” schnell die Weiten des Internets als einer der Songs, die im Gegensatz zu “Wa**er” oder “Lambo Gallardo” kein Musikvideo geschenkt bekommen haben. Das hält die neue Generation dennoch nicht davon ab, ihn bei Houseparties im Loop spielen zu la**en, bekanntermaßen wegen der Ohrwurm-Hook, die man schon immer gut mitjohlen konnte. Zwei Stimmen und ein Beat, die einen unmittelbar zum mittanzen verleiten, das haben dieses Jahr nicht viele geschafft. So kommt es, da** der Kölner Rapper und sein Kumpane mit “Sosa” auch ihren Platz in dieser Bestenliste gefunden haben – mehr als zurecht, wenn man diesen Zeilen Glauben schenkt: “Wenn ich einen Song aufnehm', entsteht ‘ne Supernova. Ich liefer' euch die Banger wie am Fließband, nenn mich Sosa!” 7. Chefket – "Rap & Soul" Sechs Jahre warteten wir auf die Fortsetzung von Cool Easy Fresh und plötzlich kam sie aus dem Nichts, gemeinsam mit Chefkets Album “Nachtmensch”. Selten hat ein Song die Rap-Fangemeinde so zum Mitwippen bewegt wie “Rap & Soul” – und der Titel hat auch recht. Chefket, sein Hausproduzent Farhot und Ghanaian Stallion schafften es mit der Video-Single nämlich Ende Juni tatsächlich diese zwei Genres zu vereinen und diese in ein entspanntes Hip-Hop-Brett zum Mitnicken zu verpacken. Dezente Streicher- und Keyboard-Samples schleichen sich durch ein Kick-, Snare- und Hi-Hat-Gestrüpp während ein hungriger “Identitäter”, wie er sich selbst nennt, mit einem Flow, wie kein anderer ihn hat, drüberspaziert – cool, easy, fresh eben.
Spätestens nach Chefkets Splash-Auftritt oder wirklich spätestens nach der Remix-Version mit Joy Denalane, Max Herre und Xatar schallte dann der Track durch gefühlt jede Gehörschnecke des deutschsprachigen Bereichs. Doch Chefket geht es sowieso nicht darum: “Soulmusik – vielleicht nicht so beliebt, doch ich muss keine Million verdien', denn ich merk', die Kohle fließt bei mir auch ohne Deal.” 6. Lance bu*ters – "Es zieht/Ich zieh" Am 20.4., einem Tag mit besonderer Bedeutung für alle Freunde des rauchbaren grünen Krautes, erschien das sehr eindrucksvolle Video zu diesem Track. Für viele gilt es wohl als zeitgeistlicher Status Quo. Es ist eine Art Coming-of-Age Hymne für jene, die ihre Jugend an sich vorbeiziehen sehen und als Reaktion darauf gerne mal am Joint ziehen.
Das erste Studioalbum des Rappers, der sich in RBA und VBT mit Iron-Man-Maske verhüllt einen Namen machte, schaffte es auf Platz 2 der deutschem Albumcharts. Lance bu*ters, der keinen Hehl draus macht, was er alles ha**t, lässt dabei jedoch die Frage offen, ob der Drogenkonsum die Antriebslosigkeit auslöste, oder aber der Rauschzustand eine adäquate Form der Realitätsflucht für jene ist, die zu vieles gern ändern würden, allerdings nicht wissen, wo man anfangen könnte.
Produziert wurde das gute Stück von Bennet On, der auch mit Künstlern wie Weekend oder 3Plusss zusammen arbeitet.
- SinaTheQueen 5. Gzuz feat. Hanybal & Xatar – "Ebbe & Flut" Eine der abwechslungsreichsten Kollabos vereinte Gzuz auf dem Titeltrack seines Solodebüts! Während Hanybal und Gzuz schon auf mehreren Tracks zusammengearbeitet haben, war das Xatar-Feature eine Überraschung, über die schon Monate zuvor spekuliert wurde. Obwohl(oder gerade weil) das Video so simpel gedreht wurde, funktioniert es unglaublich gut. Die drei Rapper vereinen Humor und Gangsta-Rap und präsentieren ihren ganz eigenen Stil. Der Beat von 187 Stra**enbande-Producer JamBeatz hebt sich ebenfalls von der Norm ab, deuten die ersten 10 Sekunden einen Boombap-Sound an, schwenkt der Beat zu einem düsteren Brett um, um dann in den Breaks wieder aufzuladen. Abwechslungsreich, wie die drei Hooks, wurde der Song zu einer der Hymnen von 2015. - Tobias Wilinski 4. Kollegah – "Angeberprollrap Infinity (Outro)" Die internationalen Genius-Nutzer staunten nicht schlecht, als im Dezember plötzlich ein deutscher Rapper mit einem Track namens "Angeberprollrap Infinity (Outro)“ bei den „Hot Tracks“ Platz 1 belegte, vor Adele und den anderen üblichen Verdächtigen. Wer ein echter Boss ist, der pflegt halt die Tradition. So stand Kollegah am Ende wieder einmal vor allen anderen, präsentierte zum offiziellen Abschluss seines Zuhältertapes Volume 4 den dritten Teil der "Angeberprollrap“-Reihe und lieferte erneut auf dem letzten Track eine Auswahl seiner womöglich anspruchsvollsten Wortspiele. Keine unnötigen Hooks, dafür mehr als sechs Minuten Punchline-Salven jeder Couleur. Zeit sich für die nächste Runde zu wappnen bekommt man nur in kurz eingeworfenen Sprachpa**agen. Das alles vermittelt auch durch den zurückhaltenden Beat einen völlig unangestrengten Eindruck. Gleich so, als wäre es für Kollegah eine der leichtesten Übungen jede der ca. 100 Zeilen mit mindestens einem Wortspiel, Vergleich oder Binnenreim zu versehen. „Das ist kein Angeberprollrap.“ Nein, natürlich nicht. Fest steht aber: Wer hierzulande in Sachen Punchlinedichte nach ganz oben will, muss wohl auch in Zukunft erst einmal an Kollegah vorbeikommen (was nicht nur aus körperlichen Gründen eine Herausforderung sein dürfte).
- Light102 3. Zugezogen Maskulin – "Plattenbau O.S.T." Ein sehr guter Song unterscheidet sich von einem guten u.a. dadurch, da** sämtliche Teile perfekt zusammenpa**en. Testos Solotrack auf Alles Brennt ist so ein Song. An der Hymne über das triste Jugendleben zwischen kaltem Beton und grauem Himmel stimmt einfach alles. Der Text findet das richtige Verhältnis zwischen allgegenwärtiger Frustration und Resignation auf der einen, und trotziger Verklärung, sowie Eskapismus auf der anderen Seite.
Als musikalische Grundlage dient das Instrumental “Old Children” von NVIE Motho, das für sich genommen schon eine enorme Wucht entfaltet. In dessen beeindruckendes Soundgewitter stellen ZM hier aber noch Ada Sternberg und la**en sie einen melancholischen, aber dennoch groß angelegten Refrain singen, der das Gefühl der Strophen auf den Punkt bringt (“Das Viertel, das ist klein/Und der Horizont ist weit/Verschwende deine Zeit”). Auch wegen dieser Fülle an Kontrasten nimmt “Plattenbau O.S.T.” über die gesamte Laufzeit gefangen und schafft es unter die Songs des Jahres.
- Light102 2. Alligatoah – "Musik Ist Keine Lösung" 2015 war ein unruhiges Jahr. Die Kunst pa**te sich dem an und beschäftigte sich vermehrt mit Fragen zu unserem Zusammenleben. Fast schon logisch hatte in Deutschland Alligatoah – seines Zeichens schon lange kritisch-an*lytischer Schauspielrapper – das letzte Wort. Und was für eins! Nachdem er auf seinem Album Musik ist keine Lösung zuvor ordentlich ausgeteilt hatte, ist er im Finale reflektiert genug, um auch sich selbst in die Mangel zu nehmen. Der offene Brief an Kaliba69 ist dabei radikaler als jedes andere Lied auf dem Album: Alligatoah stellt sich, seine Musik, seine Zuhörer und die Menschheit grundsätzlich in Frage und belegt das Ganze auch noch nachvollziehbar mit historischen Fakten und persönlichen Erfahrungen. Während sich das Stück mit Gitarren und Chören bedrohlich aufbaut und Alligatoah sich in schier endlosen Reimketten zunehmend in Rage rappt, ahnt man, da** dieser Song möglicherweise auch ein Ventil ist. Mit diesem geballten Ausbruch, der keine Zeit für Widerworte lässt, setzt Alligatoah den Punkt unter sein Konzeptalbum und lässt den beklommenen Hörer allein, zwingt ihn die Antwort auf die Hauptfrage von Musik ist keine Lösung selbst zu finden. Und erreicht damit sein Ziel.
- Light102 1. K.I.Z. feat. Henning May – "Hurra Die Welt Geht Unter" Nachdem K.I.Z. auf ihrem Album Hurra die Welt geht unter das gesellschaftliche Konfliktpotential auf die Spitze und darüber hinaus getrieben hatten, lag es am gleichnamigen Song das Werk vernünftig abzuschließen. Der Weg, den die Band hierfür wählt, überrascht zunächst. Statt den Titel sarkastisch aufzugreifen, wird der Zusammenbruch der Zivilisation tatsächlich als Erlösung gesehen. „Auf den Trümmern“ wird „das Paradies“ erbaut: Eine Welt ohne Kapitalismus, Konsum, Grenzen, Religion und ohne feste Strukturen. Nicht jede Idee ist grundsätzlich neu, aber K.I.Z. formen aus verschiedensten Ansätzen eine zusammenhängende Utopie, die in 4:44 Minuten verständlich und bildreich vorgestellt wird. Manche Medien sprachen angesichts des Albuminhalts gar von einer plötzlichen Politisierung ehemaliger „p**no-Rapper“, was natürlich Unsinn war. Den persönlichen gesellschaftlichen Idealzustand waren die Kannibalen in Zivil bis dahin aber schuldig geblieben. Mit der Besetzung von Henning May als Parolenführer in der Hook beweisen sie außerdem ein gutes Gespür für pa**ende Featuregäste. Gleiches trifft auch auf das Instrumental zu, dessen sommerlicher Klang der Utopie eine positive, sorgenfreie Grundstimmung verleiht. Beides trug sicherlich dazu bei, da** K.I.Z. seit vergangenem Jahr nun auch allen Radiohörern landauf, landab ein Begriff sind und die Genius-Gemeinschaft "Hurra die Welt geht unter" zum "besten Rap Song 2015" kürte.
-Light102 Lust auf mehr? Die 20 besten Alben findest du hier!