Andreas Gryphius
An Jolinden
XXIX.
WAs habt ihr / das ihr mögt an euch eur eigen nennen!
Die Schminck ists / die euch so Bluttrote Lippen macht:
Die Zähne sind durch Kunst in leeren Mund gebracht /
Man weiß das Meisterstück / wordurch die Wangen brennen.
Eur eingekaufftes Haar kan auch ein Kind' erkennen.
Der schlimme Schweiß entdeckt des Halses falsche Pracht.
Die aufigesteiffte Stirn wird billich außgelacht
Wenn sich der Salben Eyß wil bey den Runtzeln trennen.
Gemahlte / sagt mir doch / wer seyd ihr / und wie alt?
Ihr / meyn ich / sechzehn Jahr; drey Stunden die Gestalt.
Ihr seyd von Hauß' und sie ist über See ankommen.
Ihr schätzt euch trefflich hoch / umbsonst! der Mahler hat
Noch für ein schöner Bild das feil war in der Stadt
Vnd länger bleibt / denn ihr drey Kronen nur genommen.