Andreas Gryphius
Quantum est quod nescimus!
XVIII.
Ists! oder ists ein Wahn! daß anverwanter Blutt
Sey kräfftig unsern Geist durch frembde Macht zu rühren?
Sol / wenn mein Freund betrübt / ich mich bekümmert spüren?
Ob schon mir nie entdeckt ward seiner Schmertzen Glutt.
Sol / wen sein Cörper fault / mein hochbestürtzter Muth
In unbekanter Angst sich kräncken und verliren?
Sol mich sein Bild zu Nacht in Lust und Schrecken führen.
Vnd trösten in der Pein / und rathen was mir gutt?
Mein Bruder / ehe man mir deinen Tod entdecket:
Hast du drey Nächte mich aus meinem Schlaff erwecket
Vnd mein unendlich Leid zu lindern dich bemüht.
Du hast mir Zeit und Ortt der abgelegnen Reisen /
Da ich nicht reisen wolt' ausdrücklich wollen weisen;
Ists! Oder wissen wir weit minder als man siht?