Andreas Gryphius
Morgen Sonnet
I.
DIe ewig-helle Schaar wil nun ihr Licht verschlissen /
Diane steht erblaßt; die Morgenrötte lacht
Den grauen Himmel an / der sanffte Wind erwacht /
Vnd reitzt das Federvolck / den neuen Tag zu grüssen.
Das Leben dieser Welt /eilt schon die Welt zu küssen /
Vnd steckt sein Haupt empor / man siht der Stralen Pracht
Nun blinckern auff der See: O dreymal höchste Macht
Erleuchte den / der sich itzt beugt vor deinen Füssen!
Vertreib die dicke Nacht / die meine Seel umbgibt /
Die Schmertzen Finsternüß / die Hertz und Geist betrübt /
Erquicke mein Gemütt / und stärcke mein Vertrauen.
Gib/ daß ich disen Tag / in deinem Dinst allein
Zubring: und wenn mein End' und jenerTag bricht ein
Daß ich dich / meine Sonn mein Licht mög ewig: schauen.